Nachhaltig – der Trend für die Innenstädte

Die großen Megatrends wie die zunehmende Urbanisierung, die Digitalisierung und der Klimawandel sowie die Erfahrungen der Pandemie verändern die Innenstädte. An die Stelle der Shoppingmeilen tritt die Vision eines Miteinanders von Wohnen, Arbeiten und Leben; der Handel ist dabei nur noch ein, wenn auch wichtiger, Aspekt. Als Folge der Corona-Pandemie geht die Präsenz des Einzelhandels in vielen Innenstädten zurück.

In der Folge werden klassische Einkaufsmeilen in Zukunft oft so nicht mehr existieren oder zumindest ihren Charakter verändern. Die Pandemie war dabei aber nur ein Katalysator und Beschleuniger der bereits vorhandenen Trends. Für Immobilieninvestoren gilt es, sich auf diesen rapiden Wandel der Highstreet-Lagen einzustellen.

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Urbanisierung, Digitalisierung, Mixed-Use-Konzepte und Nachhaltigkeit im Fokus

Einer der wichtigsten ökonomischen und demographischen Aspekte ist die zunehmende Urbanisierung. Die ungleiche Bevölkerungsentwicklung zwischen wirtschaftlich erfolgreichen Regionen einerseits und Regionen andererseits, in denen die Bevölkerung sinkt und die Überalterung zunimmt, steigt weiter. Für die Innenstädte und damit Highstreet-Retail-Investments ist somit entscheidend, welche Städte und Standorte für Einzelhändler in Frage kommen bzw. wo Standorte geschlossen, erhalten oder eröffnet werden.

In Bezug auf die demographische Dynamik spielt die absolute Größe einer Stadt allerdings nur eine untergeordnete Rolle. So gibt es etwa in Deutschland auch zahlreiche Mittelstädte, die angesichts wachsender Bevölkerung und Kaufkraft sowie zentraler Lage an Attraktivität gewinnen oder diese zumindest aufrechterhalten können.

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Click & Collect

Auf Seiten der strukturellen Veränderungen gehört der starke Anstieg des Onlinehandels, der durch die Pandemie massiv beschleunigt wurde, zu den kraftvollsten Veränderungen. Die starke Konkurrenz durch den Onlinehandel, insbesondere in Segmenten wie Elektronik oder Fast Fashion, führte hier zu einer starken Konsolidierung in der Anzahl der stationären Einzelhandelsstandorte.

Die physische Fläche hat aber andererseits auch für Omni-Channel Retailer und sogar für reine Online Player eine hohe Bedeutung für den Markenauftritt und die Interaktion mit dem Kunden. So generiert der Highstreet-Auftritt Umsätze (und Kundenbindung) im Netz und kann gleichzeitig diesem als Fulfillment Center oder Kundenservice dienen (etwa „Click & Collect“).

Zunehmend Bio-Supermärkte

Der Lebensmittel-Einzelhandel (und hier zunehmend Bio-Supermärkte), Produkte des täglichen Bedarfs wie Drogerien, Apotheken und Getränkeläden sowie gute Gastronomie-Angebote und auch Non-Food Discount-Konzepte haben und werden in B-, C- und D-Städten auch noch auf Jahre eine höhere Resilienz gegenüber der zunehmenden Macht des Onlinehandels bieten und gleichzeitig gute Frequenzbringer bleiben. Es ist daher wichtig, diese Konzepte anzuwerben oder im Standort zu halten.

Gerade gastronomische Angebote sehen starkes Wachstum, da „Einkaufen“ zunehmend zu einer erlebnisorientierten Freizeitaktivität wird und gastronomische Angebote oftmals ein entscheidender Faktor für die Nutzung der Highstreet sind. Vor allem das Nebeneinander von Wohnen, Arbeiten und Leben, also die gemischte Nutzung (Mixed-use) von Immobilien, wird hier zunehmend wichtig. Diese Erkenntnisse zeigen, wo in den Innenstadtlagen Potenziale für nachhaltige Cashflows und Wertsteigerung liegen.

ESG-Fragen sinnvoll mit Mieterinteressen zu verbinden

Besondere Bedeutung kommt künftig dem Thema Nachhaltigkeit zu. So steigt die Nachfrage nach energie- und emissionseffizienten sowie zertifizierten Highstreet-Immobilien mit hoher Aufenthaltsqualität ebenso wie in anderen Assetklassen. Gerne übersehen bei der Diskussion um Nachhaltigkeit im Gebäudesektor werden die Mieter. Für die erfolgreiche Ausrichtung von Immobilien auf Nachhaltigkeitsziele ist es unseres Erachtens essenziell, ESG-Fragen sinnvoll mit Mieterinteressen zu verbinden und hier ein Dialogfeld aufzubauen.

Neben immobilienspezifischen Aspekten rücken auch zunehmend einzelhandelsspezifische Aspekte wie etwa faire Löhne, nachhaltige Waren und Produktionsketten sowie Zero-Waste-Ladenkonzepte, aber auch Maßnahmen zur Förderung des ÖPNV und der E-Mobilität, in den Fokus.

Immobilieninvestoren müssen ihre Strategien anpassen

Die größte Herausforderung aufgrund des Wandels sind für Immobilieninvestoren vor allem das Überangebot an Handelsflächen bei gleichzeitig rückläufigen Handelsumsätzen und sinkender Flächennachfrage. Wichtig für den zukünftigen Erfolg von Immobilieninvestments in Innenstädten ist somit eine genaue Analyse der demographischen Entwicklung auf kleinräumiger Ebene.

Daneben sind kreative, standortrelevante Nutzungskonzepte gefragt, bei denen die Qualifizierung eines Objektes vom reinen Highstreet-Retail hin zu einem innerstädtischen zinshausartigen „Mixed-Use“- Profil im Zentrum stehen. Durch standortgerechte Vermietung, die Stabilität und Eigentümerprestige verbindet (insbesondere aus Erwerbersicht), kann so der Kapitalwert des Objektes stabilisiert werden.

Ein proaktives und flexibles Mietermanagement

Ein weiterer zentraler Faktor ist ein proaktives und flexibles Mietermanagement: Die Unterbrechung vieler Geschäftsbetriebe während der Pandemie hat den Mythos zerstört, dass Vermieter vom geschäftlichen Erfolg ihrer Mieter abgekoppelt sind. Als Konsequenz müssen Eigentümer und Asset Manager mehr denn je jedes Objekt wie ein eigenständiges Unternehmen managen, um längerfristige Einnahmen und Wertschöpfung zu gewährleisten.

Aktives und zukunftsgerichtetes Immobilienmanagement umfasst zudem ein engmaschiges Management von Lieferketten und Investitionen in neue Technologien – nicht zuletzt im Bereich der Nachhaltigkeit. Dies alles nicht zuletzt, um das Immobilienmanagement schließlich vollumfänglich mit den Leistungserwartungen der Investoren in Einklang zu bringen.

Dr. Artus Pourroy

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