Mehr Lebensqualität: Hitze in Quartieren gezielt verhindern

Auch wenn die Hitzewelle in Europa nicht nach Deutschland geschwappt ist: Nach Daten des EU-Klimawandeldienstes Copernicus war der Juli weltweit der heißeste Monat aller Zeiten. In Europa ist es in den vergangenen fünf Jahren sogar durchschnittlich 2,2 Grad wärmer gewesen als in der vorindustriellen Zeit. Immer ausgeprägtere Hitzewellen dürften sich insbesondere in Städten weiter zum ernstzunehmenden Problem entwickeln, warnt der Quartiers- und Projektentwickler Dornieden  Gruppe.

Schuld daran sei der sogenannte urbane Hitzeinseleffekt, der Gebäude und versiegelte Flächen an sehr sonnenreichen Tagen besonders aufheize: Bis zu zehn Grad Celsius könne der Temperaturunterschied zwischen Umland und Stadt dann betragen. Angesichts des fortschreitenden Klimawandels eine Reihe von Maßnahmen, die das Mikroklima in Wohngebieten positiv beeinflussen, urbaner Hitze entgegenwirken und so die Lebensqualität der Bewohner erheblich verbessern können. Denn die Zahl der Sommertage mit mehr als 30 Grad Celsius Lufttemperatur nimmt Prognosen zufolge in den nächsten Jahren weiter zu.

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Versiegelte Flächen begünstigen „tropische Nächte“

„Es ist wichtig, Städte an die zukünftig zu erwartenden klimatischen Bedingungen anzupassen“, so Prof. Dr. Maximilian Schwalm, Entwicklungs- und Innovationsexperte der Dornieden Gruppe. Insbesondere in neu geplanten Quartieren gelte es, die planerischen Fehler der Vergangenheit nicht zu wiederholen. „Vielmehr haben wir die Möglichkeit, von vornherein verschiedene städtebauliche Beiträge für eine gezielte Temperaturreduktion im Sommer zu berücksichtigen.“

Asphalt, Beton, Stahl und Glas könnten sich an heißen Sommertagen naturgemäß stark aufheizen – und die Wärme auch nachts nur langsam wieder abgeben, was „tropische Nächte“ in Wohngebieten mit viel versiegelter Fläche begünstige. Bislang oft die vermeintliche Lösung: Energiezehrende Klimaanlagen. Die Internationale Energieagentur (IEA) sieht in der Raum- und Gebäudekühlung bereits den künftigen Haupttreiber des Stromverbrauchs. „Außerhalb der Gebäude hilft aber keine Klimaanlage gegen die Hitze“, so Schwalm. „Hier braucht es andere Lösungen. Und die sind zum Teil relativ einfach umzusetzen wie etwa ausreichende Grünbereiche und Frischluftschneisen im Quartier.“

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Verdunstungseffekt von Pflanzen wirkt kühlend

Verschiedene Studien zeigten die enormen Effekte, die Freiflächen, Grünanlagen und Bäume auf das Mikroklima in Quartieren haben können. „Im Vergleich zu Freiflächen können versiegelte Flächen relativ viel der eintreffenden Energie aufnehmen und – je nach Beschaffenheit – am nächsten Morgen noch immer über einen Großteil davon verfügen“, erklärt Schwalm. Folglich sei eine Verminderung der Lufttemperatur in Wohngebieten besonders effektiv durch eine Vergrößerung des Grünflächenanteils zu erreichen. „Insbesondere nachts können begrünte Flächen die Luft sehr wirksam kühlen.“

Aber auch tagsüber sei der Effekt immens: Bei einer Lufttemperatur von 20 Grad Celsius liege die Temperatur von Rasen bei etwa 17,8 Grad, die von Straßenasphalt jedoch bei bis zu 35 Grad. An heißeren Tagen mit stärkerer Sonneneinstrahlung könnten sich mit Beton oder Bodenplatten versiegelte Flächen auch auf weit mehr als 40 Grad Celsius aufheizen. Nicht nur Rasen helfe, in urbanen Räumen einen kühlen Kopf zu bewahren: „Auch die sogenannte Albedoerhöhung – also die Nutzung eines möglichst hohen Rückstrahlvermögens einer Oberfläche – verringert die Hitze.

Weil beispielsweise weiße Oberflächen das Sonnenlicht stärker als dunkle Flächen reflektieren, heizen diese sich weniger stark auf. Zudem tragen Pflanzen, Fassaden- und Dachbegrünungen durch Verschattung, Isolierung und Verdunstungseffekte zur Abkühlung bei“, so Schwalm. Die Verdunstung von Regenwasser über Erdböden und Pflanzen wirke wie eine natürliche Klimaanlage – denn der Übergang von flüssigem Wasser zu Wasserdampf verbrauche Wärmeenergie und erzeuge auf diese Weise Verdunstungskühlung.

Höhere Artenvielfalt und bessere Luftqualität

Um den Anteil an Grünflächen in Quartieren über großzügige Grünstreifen, Parkanlagen und Rasenflächen hinausgehend weiter zu erhöhen, bietet sich die Dachbegrünung an. „Wenn wir Flachdächer bepflanzen, trägt dies neben dem positiven Effekt auf das Mikroklima auch zu einer höheren Biodiversität und zu einer besseren Luftqualität im Quartier bei“, erklärt Schwalm. Darüber hinaus verbesserten Grünflächen und begrünte Dächer durch ihre Schwammstruktur den Wasserrückhalt, was bei Starkregenereignissen die städtische Kanalisation entlasten könne und Überschwemmungen verhindern helfe.

Auch die Begrünung von Hausfassaden wirke sich ähnlich positiv wie eine Dachbegrünung aus. „Fassadenbegrünungen verringern über das Blattwerk und den Verdunstungseffekt ein Aufheizen der Hauswände“, erklärt Schwalm. Zur „hitzeangepassten Quartiersplanung“ gehöre zudem ein geringerer Versiegelungsgrad zwischen den Gebäuden. „Die Dornieden Gruppe vermeidet bei Flächen wie etwa Garagenzufahrten unnötige Versiegelungen mit Rasenwaben und -fugensteinen. Auch hier kann Regenwasser dann besser versickern.“ Bereits in der Entwicklung seien versickerungsfähige Straßenbeläge, die dann ebenfalls einen gewissen Verdunstungseffekt zuließen.

Regenwasser sammeln und im Quartier nutzen

Apropos Regenwasser: Sinnvoll sei es, Niederschlagswasser im Quartier in Zisternen zu sammeln, um damit im Sommer regelmäßig Grünflächen zu bewässern und über die Verdunstungsleistung eine Luftabkühlung in Bodennähe zu erzielen. Möglich sei es auch, das Regenwasser für den Betrieb von Wasseranlagen wie Brunnen oder zur Bewässerung von öffentlichen Grünflächen zu nutzen.

„Wenn wir in modernen Quartieren möglichst viele Maßnahmen umsetzen, die den Grünraum und damit die Kühlwirkung im Wohngebiet erhöhen, in der Planung zudem auf eine ausreichende Luftstromzirkulation zwischen den Gebäuden achten und möglichst wenig wärmeleitfähige Baumaterialien verwenden, können wir unnötig hohe Temperaturen im Sommer vermeiden. Der Unterschied gegenüber urbanen Hitzeinseln macht dann viele Grad Celsius aus“, so Schwalm.

RED, Quelle: Dornieden Gruppe

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