Ungefähr 60 % aller Schadenfälle in der Gebäudeversicherung sind auf bestimmungswidrigen Austritt von Leitungswasser zurückzuführen. Insofern verwundert es nicht, dass derartige Schadenfälle auch häufig vor den deutschen Gerichten landen, weil üblicherweise der Versicherer nicht zahlen und der Versicherungsnehmer dies nicht hinnehmen will.
Dabei sind die Erfolgsaussichten eines Rechtsstreites gerade um die sogenannten „Fugenfälle“, bei denen es um Wasseraustritt durch eine undichte Verfugung geht, regional durchaus unterschiedlich, da die Rechtsprechung hierzu keineswegs einheitlich ist in Ermangelung einer höchstrichterlichen Klärung dieses Streites. Während die Oberlandesgerichte Düsseldorf (Beschluss vom 25.07.2013, Az.: I-4 U 24/13) und München (r+s 2017, 527,528) den Standpunkt vertreten haben, dass derartige Schäden nicht von der Leitungswasserversicherung erfasst seien, haben die Oberlandesgerichte Schleswig (r+s 2015, 449) und Frankfurt/Main (VersR 2010, 1641) sich der gegenteiligen Meinung angeschlossen.
Während die ablehnende Auffassung in der Rechtsprechung darauf abhebt, dass in denjenigen Fällen, bei denen das Wasser etwa durch eine undichte Fuge in der Dusche oder an der Badewanne austritt, es bedingungsgemäß schon an einem bestimmungswidrigen Austritt von Leitungswasser mangelt, da das Wasser ja im Gegenteil bestimmungsgemäß aus dem Duschkopf ausgetreten sei, stellt die Gegenmeinung darauf ab, man müsse die gesamte Dusche als eine mit dem Rohrleitungssystem verbunden sonstige Einrichtung ansehen, so dass aus dieser Einrichtung bestimmungswidrig austretendes Wasser folglich über die Leitungswasserversicherung gedeckt sei (OLG Schleswig a.a.O.; OLG Frankfurt a.a.O.; LG Hamburg r+s 2013, 610). Problematisch wird es bei Schäden in modernen Duschen, bei denen oftmals gar keine Duschtasse mehr verbaut sondern der Abfluss in den Fliesenboden integriert wird. In derartigen Fällen die Dusche im ganzen als mit dem Rohrleitungssystem fest verbundene sonstige Einrichtung zu definieren, dürfte wohl zu weit gehen (Vergl. Günther, r+s 2018, 63, 64). Da die allgemeinen Vertragsbedingungen zur Leitungswasserversicherung hier nicht weiterhelfen, kann man jedem Gebäudeeigentümer nur raten, sich der Hilfe eines spezialisierten Maklers zu bedienen, der in seinen geschriebenen Bedingungen eine entsprechende Klarstellung und Deckungserweiterung verankert haben sollte.
Vollends heikel wird es, wenn der Wasseraustritt durch die defekte Fuge über einen längeren Zeitraum unbemerkt erfolgte, da in derartigen Fallkonstellationen es meist auch zu einem Schimmel- oder gar Schwammbefall in den Hohlräumen kommt. Während das OLG Schleswig (a.a.O.) einen mitversicherten Einschluss der Beseitigungskosten für den Schwammbefall postulierte mit der Begründung, dass anderenfalls der Versicherungsschutz gegen Leitungswasserschäden in nicht hinnehmbarer Weise, gleichsam „durch die Hintertür“, entwerte würde, steht diese Auffassung, so versicherungsnehmerfreundlich sie auch sein mag, im Widerspruch zum Schwammurteil des BGH (Urteil vom 27.06.2012, Az.: IV ZR 212/10; r+s 2012, 490). In dieser Entscheidung hatte der BGH klargestellt, dass der Leistungsausschluss für Schwammschäden in der Leitungswasserversicherung sich gerade auf den Schwammbefall als Folge eines versicherten Leitungswasserschadens erstreckt. Demzufolge ist auch hier eine Lösung ausschließlich über eine entsprechende Erweiterung und Klarstellung in den Versicherungsbedingungen der einzig gangbare Weg, der in der Praxis jedoch bei vielen Versicherern an deren Widerstand scheitert. Etwas erfolgversprechender ist der Einschluss von Schimmelbefall infolge eines Leitungswasserschadens, da dies von vielen Versicherern durchaus als mitversicherter Folgeschaden betrachtet und folglich auch reguliert wird. Letzte Sicherheit für den Versicherungsnehmer bietet jedoch auch bei derartigen Schäden nur eine vertragliche Klarstellung.
Eine weitere Hürde in der Schadenregulierung ist der übliche Ausschluss von sogenanntem „Planschund Reinigungswasser“ in der Gebäudeversicherung. In diesem Kontext wird mit beachtlichen Gründen die Auffassung vertreten, ein derartiger Ausschluss würde auch in den Fugenfällen greifen (vgl. dazu Günther, a.a.O. m.w.N.). Die Frage, ob ein derartiger Ausschluss letztlich entsprechend der Regelung des § 307 Abs. 2 BGB als unangemessene Benachteiligung zu werten wäre, weil diese die Pflichten des Versicherers soweit einschränkt, dass der Vertragszweck ausgehöhlt würde, ist bislang in der Rechtsprechung noch nicht geklärt worden…