Die aktuelle Pandemie, sagt Isabella Stickler, Obmann-Stellvertreterin der Alpenland, habe die Prämissen und Prinzipien des gemeinnützigen Wohnbaus neu geordnet. Mit dem 1. Jänner 2021 traten aber auch einige herausfordernde Neuerungen in Kraft.
WOJCIECH CZAJA
Auf Ihrer Website führen Sie das Projekt „Spitalsgärten“ in Baden als Referenzprojekt für Quartiersentwicklung an und schreiben dazu: „Wohnen hört doch nicht vor der Wohnungstür auf, oder?“ Welche Rolle spielt der Freiraum im Wohnbau?
Eine sehr große! Wir folgen schon seit langer Zeit der Prämisse, dass Wohnen nicht am eigenen Balkon oder vor der Wohnungstüre aufhören darf. Der gemeinsame, kollektive Freiraum im nächsten Wohnumfeld spielt eine essenzielle Rolle – nicht nur bei den Spitalsgärten in Baden, sondern beispielsweise auch in unserem aktuellen Bauvorhaben Mühlbach Ost in St. Pölten. Da bieten wir den Bewohnern sieben verschiedene Freiräume beziehungsweise Freiraumqualitäten an – vom Urban Gardening über gemeinschaftliche Dachgärten bis hin zum klassischen Park mit Spielplatz.
Stickler
Inwiefern hat sich der Stellenwert des Frei- und Zwischenraums durch Corona verändert?
Corona hat die Brisanz eines attraktiven Freiraums einmal mehr unterstrichen. Das merken wir auch bei den Anfragen von Kunden, die sich seit März 2020 deutlich verändert haben. Ohne private Freifläche ist eine Wohnung heute nur noch schwer verwertbar, und es häufen sich konkrete Anfragen nach Park- und Gartenflächen innerhalb der Wohnhausanlage. Die Menschen sehnen sich nach einem Ort, an dem sie privat – und doch in Gesellschaft – ein Buch lesen können. Ja, ich gebe zu: Diese Metapher ist uns in der Planung und Entwicklung ein größerer Ansporn als noch vor einem Jahr.
Stickler
Erkennen Sie Unterschiede zwischen Stadt und Land?
Nicht prinzipiell. Den Wunsch, privat und in Gesellschaft gleichzeitig sein zu können und dafür attraktive halböffentliche Freiräume zur Verfügung zu haben, gibt es da wie dort. Aber natürlich ist das eine Frage der Größenordnung: In einer Wohnhausanlage mit ein paar hundert Wohnungen ist es für einen Bauträger leichter, ein solches Freiraumangebot zu schaffen. Bei einem kleinen Bauprojekt im nördlichen Waldviertel mit einem Dutzend Wohneinheiten ist die Sache schon schwieriger.
Stickler
Wie lauten bei der Alpenland die Kriterien für eine hochwertige Freiraum- und Quartiersentwicklung? …