Gegenstand der verkündeten Entscheidung des für das Nachbarrecht zuständigen V. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs ist die Frage, ob landesrechtliche Regelungen, die eine grenzüberschreitende nachträgliche Wärmedämmung von Bestandsbauten erlauben, mit dem Grundgesetz vereinbar sind.
Sachverhalt
Die Parteien sind Eigentümer benachbarter Grundstücke in Nordrhein-Westfalen, die jeweils mit vermieteten Mehrfamilienhäusern bebaut sind. Die Giebelwand des vor mehreren Jahrzehnten errichteten Gebäudes der Klägerin steht direkt an der gemeinsamen Grundstücksgrenze, während das Gebäude der Beklagten etwa 5 Meter von der Grenze entfernt ist. Gestützt auf die Behauptung, eine Innendämmung ihres Gebäudes könne nicht mit vertretbarem Aufwand vorgenommen werden, verlangt die Klägerin von den Beklagten, dass diese die grenzüberschreitende Außendämmung der Giebelwand der Klägerin gemäß § 23a NachbG NW dulden.
Bisheriger Prozessverlauf
Das Amtsgericht hat der Klage nach Beweisaufnahme stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Dagegen wendet sich die Klägerin mit der zugelassenen Revision.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Die Revision hat Erfolg gehabt. Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat das Urteil des Amtsgerichts, das der Klage vollen Umfangs stattgegeben hat, wiederhergestellt; die Beklagten müssen es nun also dulden, dass die Klägerin die Wärmedämmung anbringt.
Dabei hat sich der Senat von folgenden Erwägungen leiten lassen:
Von seinem rechtlichen Standpunkt aus hätte das Berufungsgericht, das die einschlägige landesrechtliche Norm des § 23a NachbG NW für verfassungswidrig hielt, schon keine Sachentscheidung treffen dürfen. Gerichte sind dazu verpflichtet, Gesetze anzuwenden (Art. 20 Abs. 3 GG). Hält ein Gericht ein entscheidungserhebliches Gesetz für verfassungswidrig, so ist es gemäß Art. 100 Abs. 1 GG dazu verpflichtet, das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen. Denn nur das Bundesverfassungsgericht ist dazu befugt, ein nachkonstitutionelles Gesetz für nichtig zu erklären (sog. „Verwerfungsmonopol“).
Der Senat seinerseits hat keinen Anlass für eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht gemäß Art. 100 Abs. 1 GG gesehen, weil er § 23a NachbG NW für verfassungsgemäß hält. Die Gesetzgebungskompetenz der Bundesländer für Regelungen dieser Art, die in mehreren Landesnachbargesetzen enthalten sind, ist gegeben. Allerdings unterfällt das private Nachbarrecht als Teil des bürgerlichen Rechts gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG der konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes….