Wirtschaft, Gesellschaft, Politik, Kultur – es gibt nahezu keinen Bereich unserer Zivilisation, den die Digitalisierung nicht fundamental verändert. Aus dieser Tatsache ergeben sich akute Fragen: Wie lässt sich die immense Dynamik nachhaltig steuern? Wie nutzt man ihre Energie? Wo können, müssen wir – als Einzelne und als Gesellschaft – Entwicklungen gestalten, um sie in gesunde, nachhaltige Bahnen zu lenken? Und wie lässt sich vermeiden, dass der Schwung in Unwillen umschlägt, weil sich Menschen überfordert fühlen? Oder anders gesagt: Wie gelingt Evolution in revolutionären Zeiten?
Der Aareon Kongress vom 5. bis 7. Juni 2019 in Garmisch-Partenkirchen rückt daher die „Next Level: Evolution“ in den Fokus. Hochrangige Referenten, renommierte Gastredner aus Politik und Wirtschaft, Meinungsmacher und Branchenexperten geben auf dem Branchentreff der Immobilienwirtschaft Impulse: Wie kanalisieren wir rapide wachsende Datenströme in kommerzielle Erfolge? Gehört die Zukunft der Allianz von Mensch und Maschine? Computer und Roboter haben keine Ethik. Wie finden wir zu einem ethischen Code und festen Regeln? Und wie kann die neue Arbeitswelt aussehen? Schließlich gehen Big Data, Algorithmen und künstliche Intelligenz jedes Unternehmen an.
Next Level Evolution aus prominenter Perspektive
Sigmar Gabriel (MdB und Außenminister a. D.) Zeitenwende – wohin steuert die Weltpolitik?
Die Weltpolitik ist in Aufruhr. Was seit Jahrzehnten verlässlich schien, gilt nicht mehr. Das Geschäftsmodell des Westens gerät durch weltweiten Protektionismus, globale Migration und sich ausbreitende Krisen gewaltig unter Druck. Im Innern stellen derweil der furiose technische Wandel, Zuwanderung, eine Arbeitswelt, die sich rasant ändert, und der Umbruch des Parteiensystems die Grundfesten unserer Gesellschaft infrage. Sigmar Gabriel beschreibt die Geburtswehen der neuen Ordnungen und fragt: Was tun? Wo ist Deutschlands Platz in der Welt? Die Entscheidungen, die jetzt anstehen, liegen jenseits der politischen Routine. Um zu bewahren, was wichtig ist, müssen wir mehr Verantwortung übernehmen, sagt der erfahrene Geostratege, und neue, gemeinsame europäische Strategien entwickeln. Eins, so Gabriel, könne man dabei auch von Donald Trump lernen: „Die Ausreden, dieses oder jenes ginge nicht, müssen ein Ende haben.“
Prof. Dr. Christiane Woopen (Sprecherin der Datenethikkommission des Bundes). Der ethische Preis der Daten.
Unser Umgang mit Daten braucht ethische Grundlagen, damit er die Gesellschaft nicht überrollt. Wem gehören die Daten, die wir erheben? Wer darf darüber verfügen? Wer soll davon profitieren können? Brauchen wir etwa neue Rahmenbedingungen, um die hohen Gewinne gerechter zu verteilen? Und wie lassen sich Bequemlichkeit und Selbstbestimmung austarieren? Ohne Ethik droht eine ungebremste „Silikolonialisierung“: Statt der Gesellschaft könnten globale Datenriesen das Ruder übernehmen – und unser Verhalten steuern. Auch der Staat kann ein Interesse haben. Auf dem Spiel stehen Würde, Freiheit und Autonomie des Menschen. So wie Ethik Risiken abwehrt, eröffnet sie aber auch Chancen. Sie schützt den Einzelnen, fördert das gesellschaftliche Miteinander und ermöglicht nachhaltigen Wohlstand. Die Ärztin und Ethikexpertin versteht Ethik deshalb vor allem als gestaltende Kraft und fragt: Wie schöpfen wir aus den Daten den Mehrwert, den digitale Technologien versprechen?
Anders Indset (Wirtschaftsphilosoph) Wild Knowledge – Outthink the Revolution!
Es gibt keine digitale Transformation von A nach Z, sagt Anders Indset. Die Revolution hält an – und wischt scheinbar Unverrückbares beiseite. Erfolgreich wird da nur sein, wer weiter und wilder denkt. Indsets Diagnose: Wir sammeln mehr Wissen als Verstand. Wir haben viele Abschlüsse, aber uns fehlt der Sinn. Mit „10 Postulaten des Wandels“ weist der Norweger Führungskräften den Weg zum digitalen Mindset. Die Skills für morgen heißen Anpassungsfähigkeit und analytisches Denken. Indset verordnet „tiefe Kniebeugen für die Rübe“, plädiert für ein Verlernen, das uns wieder fokussiert, für Neugier und neue Sichtweisen. Entschleunigung tut not, um Dinge hinterfragen und reflektieren zu können: Wer sind wir? Und was wollen wir? Die alten Fragen der Philosophie sind ein solides Werkzeug für die neue Zeit. Denn Fortschritt und Innovation entstehen nicht in der eigenen Komfortzone. Wandel geschieht erst, wenn man Fragen stellt, denen andere ausweichen…