Seit dem Verbandstag im Mai steht das neue Führungsduo des Verbands gemeinnütziger Bauvereinigungen, GBV, für die nächsten drei Jahre fest. Michael Gehbauer, Geschäftsführer der wbv-gpa, wurde zum Obmann gewählt, mit seiner Stellvertreterin, Alpenland-Obfrau Isabella Stickler, steht erstmals eine Frau an der Spitze der GBV.
— FRANZISKA LEEB
Sie übernehmen in einer herausfordernden Zeit die Aufgabe, federführend die Interessen der gemeinnützigen Bauvereinigungen zu vertreten. Ist das eher mit Lust oder mit Last verbunden?
Michael Gehbauer: Auf jeden Fall mit mehr Lust als mit Last. Es ist eine positive Herausforderung, wenn man nach Jahrzehnten der Tätigkeit in einer Branche deren Interessen drei Jahre lang maßgeblich vertreten darf. Ich freue mich darauf, meine Erfahrungen einbringen zu können! Isabella Stickler: Gestaltung ist meins, daher Lust und Freude!
Isabella Stickler ist seit 2021 Vorstandsvorsitzende der Gemeinnützigen Bau-, Wohnund Siedlungsgenossenschaft Alpenland und seit 2024 Obfrau der Arge Eigenheim. Seit Mai 2025 ist Stickler GBV-Obmann-Stellvertreterin.
Ihr Vorgänger Klaus Baringer hat das Jahrzehnt der Gemeinnützigkeit ausgerufen. Dass nun auch die neue Bundesregierung einen Mietpreisdeckel beschlossen hat, scheint mir dazu nicht hilfreich zu sein. Welche Auswirkungen hat das?
Gehbauer: Niemand käme auf die Idee, die Krankenversicherungsbeiträge nicht mit dem Lohnzuwachs steigen zu lassen. Warum also die Beiträge zur Erhaltung der Gebäude, in denen unsere Mieter:innen wohnen, nicht anheben, wo gleichzeitig die Preise in der Bauwirtschaft steigen. Das hat nachhaltig negative Auswirkungen auf den Erhaltungszustand der gemeinnützigen Gebäude und damit auf ein Viertel der österreichischen Bevölkerung. Stickler: Wir reden von 190 Millionen, die der Gemeinnützigkeit in drei Jahren fehlen, zusammen mit dem Mietendeckel davor sind es für die Jahre 2024 bis 2027 in Summe 865 Millionen Euro.
In Form des Wohnbaupakets wurden vor über einem Jahr Mittel lockergemacht. Merkt man mittlerweile, dass sie ankommen?
Stickler: In der Abstimmung des Ministeriums zu den Ländern hat es Zeit gebraucht und die Länder mussten ihre Richtlinien auf die Vorgaben der Bundesfördermittel einstellen. Auf der Baustelle kommen diese Gelder jetzt an. Immobilienentwicklung funktioniert nicht Tür auf – Tür zu, sondern hat einen Vorlauf.
Gehbauer: Für eine abschließende Beurteilung ist es zu früh. Wie gut damit die Ankurbelung der Bauwirtschaft gelungen ist, wird man nach einer Evaluierung sehen. Angesichts des Doppelbudgets für 2025 und 2026 werden wohl keine zusätzlichen Impulse gesetzt werden können. Zumindest ab 2027 sollte das aber mit einer nachfolgenden Wohnbaumilliarde möglich sein.
Michael Gehbauer, Verbandsobmann des GBV, ist seit 2004 Geschäftsführer der wbv-gpa, von 2019 bis 2025 war er Obmann des Vereins für Wohnbauförderung und von 2022 bis 2025 Obmann der GBV-Landesgruppe Wien. Seit Mai 2025 ist Gehbauer Obmann des Verbands GBV.
Die Wiedereinführung der Zweckbindung des Wohnbauförderungsbeitrags ist schon länger ein Desiderat der Branche. Nun steht sie im Regierungsprogramm. Wie zuversichtlich sind Sie, dass sie umgesetzt wird? Ist das der Wunderwuzzi, der alles löst?
Stickler: Der Wille und das Bekenntnis aus der Bundesregierung sind da. Die Länder sind grundsätzlich positiv eingestellt. Darüber hinaus wird es aber ein Maßnahmenbündel brauchen, damit die gemeinnützige Wohnungswirtschaft die Voraussetzungen hat, um ihren Versorgungsauftrag umzusetzen. Der Vorteil der Zweckwidmung ist, dass die Gemeinnützigkeit in den Ländern eine Klarstellung und Sicherstellung über mehrere politische Perioden hinweg hätte. Das wäre als langfristiges Signal gut.
Gehbauer: Der Wohnbauförderungsbeitrag wird von den Arbeitnehmer: innen und den Arbeitgeber:innen aufgebracht, insgesamt ein Prozent der in Österreich ausbezahlten Lohnsumme. Kein:e Staatsbürger:in versteht, warum etwas, das so heißt, nicht auch dafür ausgegeben werden muss. Wir haben aber noch andere Einnahmequellen für die Wohnbauförderung. Das sind Ertragsanteile, die über den Finanzausgleich an die Länder bezahlt werden, die für Wohnbau oder Vergleichbares verwendet werden können. Dort ist diese Zweckwidmung nicht so klar. Wir haben auch das Thema der Rückflüsse von Wohnbauförderungsdarlehen, wo die Praxis ganz unterschiedlich ist. Auch über eine Zweckwidmung dieser Rückflüsse sollte man nachdenken. Das ist ein viel größerer Diskussionspunkt als die Wohnbauförderungsbeiträge an sich, die in Summe „nur“ rund 1,3 Milliarden Euro ausmachen, also etwa die Hälfte der gesamten Wohnbaufördermittel.
Die Genossenschaftsidee und Themen der Gemeinnützigkeit erleben eine Renaissance. Im Gegenzug hat man jedoch den Eindruck, dass die traditionsreichen Wohnbaugenossenschaften und gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen nicht mehr als Unternehmungen, die sozialen Werten verpflichtet sind, wahrgenommen werden. Ist es notwendig, am Image zu arbeiten?
Gehbauer: Es gab die eine oder andere Pressemeldung über Vorgänge, die dem Image geschadet haben. Ich erinnere nur an Veranlagungen, die nicht sehr erfolgreich waren. Aber die österreichische Bevölkerung weiß, wo die erste Adresse für leistbaren Wohnraum ist. Es kann aber nicht schaden, darauf immer wieder hinzuweisen. Daher werden wir in unserer Funktionsperiode diese Botschaft verstärkt mit geeigneten Maßnahmen hinaustragen.
Stickler: Das Viertel der Bevölkerung, das bei uns wohnt, kennt die Gemeinnützigkeit. Aber viele junge Menschen fangen mit den Begriffen Genossenschaft oder Gemeinnützigkeit nichts an. Die unterschiedlichen Segmente auf dem Wohnungsmarkt bewusst zu machen, die Vorteile der Gemeinnützigkeit sichtbar zu machen, ist ein klares Ziel. Die Leistungen der Gemeinnützigen sind in der Öffentlichkeit oft zu wenig sichtbar, viele Menschen wissen nicht, wie entscheidend unser Beitrag für leistbares und qualitatives Wohnen ist.
Seit anderthalb Jahren gibt es mit dem „Bundesrevisionsverband für gemeinnützige Bauvereinigungen“ einen Konkurrenzverband zum GBV. Beschäftigt Sie das?
Gehbauer: Wir sind dann stark, wenn wir geeint sind. Mein klares Ziel ist, weiterhin einen starken Verband der gemeinnützigen Bauvereinigungen zu haben, um möglichst mit einer Stimme zu sprechen. Ebenso halte ich einheitliche Prüfungsstandards für unumgänglich, die dürfen nicht, wie es da und dort bereits bekannt wurde, herabgesetzt werden. Unsere Branche muss in ihrer wirtschaftlichen Gebarung einheitlich beurteilt werden. Den neuen Verband gibt es nun eine Zeit lang, aber es gab dort keine dynamische Entwicklung.
Stickler: Es hat uns bei der Gründung mehr beschäftigt als jetzt. Aber ja, es hat uns beschäftigt. Das Gute an einem anderen Mitspieler ist, dass man seine eigenen Stärken besser definieren kann, weil man einen Vergleich hat. Die acht Mitgliedsunternehmen, die dem neuen Verband beigetreten sind, haben sich nicht vermehrt. Wir haben das Beste aus der Situation gemacht und es hat uns ein großes gemeinsames Verständnis dafür gebracht, wie wir in unserem Verband mit 173 Mitgliedern weitergehen.
Was wollen Sie nach ihrer dreijährigen Amtsperiode erreicht haben?
Gehbauer: Das Verständnis für die Wohnungsgemeinnützigkeit soll in der Bevölkerung wie in der Politik gestärkt sein, sodass jeder weiß, was genau unsere Aufgabe ist …
Stickler: … und in der politischen Debatte unser tägliches Tun als Vorzeigemodell für einen funktionierenden Wohnungsmarkt in Österreich gesehen werden und nicht nur als Krisenpuffer.