Systemische Legionellen-Untersuchung: Bedeutung und Durchführung

Von Dr. Georg Scholzen

Das Hauptziel der systemischen Legionellen-Untersuchung ist es, die Präsenz von Legionellen in Wasserquellen zu überprüfen, um potenzielle Gesundheitsrisiken zu identifizieren und Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Dies ist besonders relevant in Einrichtungen, die vulnerable Bevölkerungsgruppen betreuen, da diese einem höheren Risiko für Infektionen ausgesetzt sind. Dazu zählen dann insbesondere Altenheime, Krankenhäuser, Pflegeeinrichtungen, aber auch Kindergärten. Allerdings gibt es eine große Dunkelziffer hinsichtlich der tatsächlichen Erkrankten.

Zur Erinnerung: Legionellen sind Bakterien, die im Wasser vorkommen und sich z.B. durch fehlerhafte Trinkwasserinstallationen oder deren fehlerhaften Betrieb exponentiell vermehren können. Dann kann es durch Einatmen von Aerosolnebeln zu schweren Atemwegserkrankungen, wie der Legionärskrankheit, kommen. Daher ist die systemische Legionellen-Untersuchung ein wichtiger Schritt zur Frühdiagnose und Prävention von Legionellen Ausbrüchen in verschiedensten Einrichtungen.

Hintergrund

Die Legionärskrankheit wurde erstmals 1976 während eines Kongresses in Philadelphia identifiziert. Diese pneumonische Erkrankung wird vor allem durch die inhalative Aufnahme von Legionellen aus kontaminiertem Wasser verursacht. Legionella pneumophila finden in warmem Wasser (25 – 45 °C) optimale Wachstumsbedingungen und können beim Einatmen eines aerosolierten Wassers (z.B. beim Duschen) Infektionen auslösen.

Die Bakterien finden sich daher häufig in Warmwasseranlagen, Kühltürmen und größeren Rohrleitungssystemen.

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Aber wie groß ist das Problem in Deutschland und welche validen Zahlen von Erkrankungen gibt es dazu?

Bilanz über Legionellen

Seit 2001 ist die Legionellose eine meldepflichtige Erkrankung. Die Zahlen Infizierter sind niedrig, die Dunkelziffer ist allerdings hoch, weil nicht alle Pneumonien auf eine Legionellen-Infektion getestet werden. 2015 rechnete das Robert Koch-Institut unter Berücksichtigung der Untererfassung mit bis zu 30.000 Fällen pro Jahr, diese Zahl dürfte sich mittlerweile auf ca. 60.000 verdoppelt haben (Quelle: https://www.management-krankenhaus.de/news/die-im-dunkeln-sieht-man-nicht).

Klinische Aspekte im Jahr 2023 nach dem Robert Koch Institut in Deutschland.

  • Gesamtfälle mit Krankheitsverlauf angegeben: 2.160
  • Todesfälle: 113 (78 Männer, 35 Frauen). Dies entspricht einer Letalität von 5,2%.
  • Im Vergleich zum Vorjahr sank die Letalität von 6,6% (2022; 96 Todesfälle von 1.454 Erkrankten) auf 5,2% (2023).

Bild 1: Legionellosen nach Meldequartal in Deutschland von 2018-1023 (Quelle: Infektionsepidemiologisches Jahrbuch meldepflichtiger Krankheiten für 2023 (RKI))

Im Fall von 60 % der Infizierten konnte eine Infektionsquelle nachgewiesen werden. Dies waren Krankenhäuser, medizinische Einrichtungen oder Pflegeeinrichtungen mit ca. 6 %, Hotelübernachtungen oder ähnliche Unterkünfte 19 % sowie privates/berufliches Umfeld mit 35 %. Betrachtet man zudem noch den Anteil, der keiner Expositionskategorie zugeordnet werden konnte, mit 40 % die größte Gruppe, dann entfällt eine Kontamination im privaten bzw. beruflichen Umfeld als der größte Anteil für eine Infektionsquelle. Hierbei hat das RKI diese Gruppe dem privaten/beruflichen Umfeld zugeordnet. Damit wird ein Anteil von ca. 70 – 75 % der Infektionen im privaten/beruflichen Umfeld laut RKI erworben.

Diese Zahlen zeigen, dass also die Kontamination aus dem privaten/beruflichen Umfeld nicht zu unterschätzen ist.

Untersuchung von Trinkwasserversorgungsanlagen

Daher ist die wiederkehrende Untersuchung auf Legionellen in den Trinkwasserversorgungsanlagen gesetzlich vorgeschrieben. Legionellenuntersuchungen sind in Wasserversorgungsanlagen im Rahmen einer gewerblichen Tätigkeit mindestens alle 3 Jahre entsprechend den Vorgaben § 14 Abs. 3 der Trinkwasserverordnung durchzuführen.

Ziel ist eine systemische Untersuchung mit Festlegung repräsentativer Entnahmestellen (DVGW W 551, UBA-Empfehlung 2018,2022). Bei Installationen mit vielen Steigesträngen sind primär Bereiche mit Duschen zu berücksichtigen. Die Festlegung der Probenahmestellen ist durch hygienisch-technisch kompetentes Personal mit nachgewiesener Qualifikation (VDI 6023, DVGW-Schulung, …) zu ermitteln (siehe Bild 2). Alternativ könne auch alle Steigestränge beprobt werden, was aber einen großen Unterschied bei Aufwand und Kosten für Untersuchungen bedeuten.

Durchführung der Untersuchung

  1. Probenahme:
    • Wasserproben: Proben werden aus verschiedenen Wasserquellen, wie Duschanlagen, Trinkwasser sowie Warmwassersystemen, entnommen.
    • Standorte: Besonders zu beachten sind Warmwasserboiler, Kühltürme und hygienesensiblen Einrichtungen.
  2. Laboruntersuchung:
    • Kultivierung: In einem Labor werden die Wasserproben kultiviert, um die Legionellen nachzuweisen. Dies geschieht in der Regel in speziellen Nährmedien, die für die Bakterien optimal sind.
    • Molekularbiologische Verfahren: Neben der Kultivierung können auch PCR-Tests eingesetzt werden, um die Bakterien direkt nachzuweisen.
  3. Bewertung der Ergebnisse:
    • Zulässige Grenzwerte: Die Ergebnisse werden mit den gesetzlichen Grenzwerten verglichen. Übersteigt die Anzahl der Legionellen eine bestimmte Schwelle, müssen sofortige Maßnahmen ergriffen werden.
    • Risikobewertung: Die Ergebnisse werden im Kontext des spezifischen Gesundheitsschutzes der betroffenen Einrichtung interpretiert.

Bild 2: Schema für Probenahme nach Empfehlung des Umweltbundesamtes (Quelle: Gebr. Kemper GmbH & Co.KG)

Wenn der Grenzwert für Legionellen überschritten wird, sind umgehende Maßnahmen erforderlich:

  1. Anzeige an das Gesundheitsamt
  2. Ursachenuntersuchung
  3. Schriftliche Risikoabschätzung
  4. Durchführung von Korrekturmaßnahmen gemäß allgemein anerkannten Regeln der Technik (a.a.R.d.T).

Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter eines Unternehmens sollten in den Umgang mit Legionellen und der Sicherstellung von Hygienestandards geschult werden. Ein Hygienefahrplan ist zur Sicherstellung der Trinkwasserqualität aufzustellen. Beispielsweise zeigt Bild 3 einen Sanitär Hygiene-Fahrplan für die Trinkwassererwärmung von der Fa. Gebr. Kemper & Co.KG.

Bild 3: Trinkwassererwärmung im Durchlaufprinzip mit KEMPER KTS: geringste Wasservolumen – höchste Trinkwasserhygiene (Quelle: Gebr. Kemper & Co.KG)

Gesundheit der Verbraucher zu schützen und Legionellen-Risiken zu minimieren

Die Trinkwasserverordnung legt klare Regeln fest, um die Gesundheit der Verbraucher zu schützen und Legionellen-Risiken zu minimieren. Betreiber von Wasserversorgungsanlagen müssen die geltenden Anforderungen genau einhalten und regelmäßig Untersuchungen durchführen, um die Sicherheit des Trinkwassers zu gewährleisten. Die Untersuchungsstellen sind ebenfalls verpflichtet, Überschreitungen des Grenzwertes direkt zu melden, was den Verbraucherschutz stärkt.

Die systemische Legionellen-Untersuchung ist ein unverzichtbares Instrument zur Gewährleistung der Wasserqualität und zum Schutz der Gesundheit von Menschen in gefährdeten Umgebungen. Regelmäßige Überprüfungen und proaktive Maßnahmen können dazu beitragen, Legionellen-Infektionen wirkungsvoll zu verhindern und Ausbrüche zu vermeiden.

Mit der Sensibilisierung und Schulung der zuständigen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern mit der Materie können Einrichtungen der Wohnungswirtschaft die Sicherheit für ihre Mieter gewährleisten und das Risiko von Legionellen-Infektionen minimieren.


Dr. Georg Scholzen ist Diplom-Chemiker mit über 20 Jahren Erfahrung in der Verhütung von Leitungswasserschäden. Er war u.a. Sprecher der Projektgruppe „Leitungswasser“ des GDV, Mitglied im Projektkreis „Betrieb und Wartung“ beim DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.), Autor des Fachbuches „Leitungswasserschäden: Vermeidung – Sanierung – Haftung“ und ist der Experte im FORUM LEITUNGSWASSER der AVW Unternehmensgruppe.

Forum Leitungswasser erscheint in Kooperation mit der Initiative Schadenprävention und  der AVW Gruppe

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