Schäden an Kunststoffrohrleitungen: Mehrschichtverbundrohr

Im letzten Artikel wurden Schäden an einfachen Kunststoffrohren beschrieben. Heute geht es um komplexere Verbundrohrsysteme, die als 2. Generation von Kunststoffrohren betrachtet werden können. Bereits in Folge 15 „Kunststoffrohrleitungen in der Trinkwasserinstallation“ wurde dort der Aufbau der Mehrschichtverbundrohre beschrieben. Das Rohrsystem besteht aus einer dünnen Aluminiumschicht, das sowohl außen wie auch innenseitig mit PEX-Rohren ummantelt ist. Der Vorteil dieses innenliegenden Aluminiumrohres ist die Gasdichtheit dieses Rohrsystems. Sofern die Systeme geprüft und zugelassen sind, können diese sowohl in der Trinkwasserinstallation kalt wie warm als auch für Heizungsleitungen genutzt werden.

Allerdings sind auch hier bestimmte Bedingungen wichtig, damit innerhalb der Nutzungszeit das Installationssystem aus Verbundrohren möglichst lange schadenfrei bleibt. Dazu zählen die Qualität der Herstellung und Verarbeitung der Rohre, die Berücksichtigung der Einsatzgrenzen durch den Planer und dann durch den Betreiber, die Installation und die Betriebsweise. Also führen letztlich dieselben Kriterien wie bei metallischen Rohrleitungen zu einem möglichst langen schadenarmen Nutzungszeitraum. Dementsprechend kann die Nutzungsdauer rapide reduziert werden, wenn diese Bedingungen nicht eingehalten werden und dann infolge dessen es zu Schäden kommt.

- Anzeige -

Zwei Aspekte sind bei der Verwendung von Mehrschichtverbundrohren beachtenswert:

  1. Die nachfolgenden Schäden von Mehrschichtverbundrohren entstanden an Rohrleitungen im Warmwasser entweder in der Trinkwasserinstallation warm oder im Heizungssystem.
  2. Desinfektionsmaßnahmen verändern das Fließmedium entscheidend, so dass von einer geringeren Nutzungsdauer auszugehen ist.

Warum ist dies so? Durch die zusätzliche Energie in Form von Wärme wird die Hafteigenschaft des Haftvermittlers verändert, indem sich die verschiedenen Schichten voneinander lösen können. Daher sind die Herstellerangaben zum Einsatz von Mehrschichtverbundrohren unbedingt zu beachten, weil auch schon kurzzeitige Temperatur- und Drucküberschreitungen zu Schäden an dem Mehrschichtverbundrohren führen können.

Desinfektionsmaßnahmen können entweder über eine thermische oder chemische Behandlung erfolgen. Die thermischen Auswirkungen auf die Systeme sind oben beschrieben und zeigen die nachfolgenden Beispiele. Bei der Einwirkung von chemischen Oxidationsmitteln kann der Kunststoff angegriffen werden und damit ebenfalls die Nutzungsdauer reduzieren.

Beispiel 1: Mehrschichtverbundrohr in der Trinkwasserinstallation für Warmwasser

Bild 1 links : Mehrschichtverbundrohr ohne Verbundhaftung Bild 2 rechts: Abrissstelle am Fitting
Bild 3, links: strumpfhosenartige Faltung der vom Innenrohr gelösten Schichten Bild 4, rechts: Detail der überlappten Aluminiumenden mit dazwischen liegender, abgelöster Kunststoffklebeschicht

Die ersten Schäden traten nach ca. 4-jährigem Betrieb in einer Trinkwasserwarmleitung auf. Die verschiedenen Schichten im Verbundrohr hatten sich voneinander gelöst. Der Grund hierfür liegt in den unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten von Aluminium und dem Kunststoff. Dadurch erfolgte der Abriss von Außenschicht und Aluminium am Fitting (Bild 2). Hier traten auch die Undichtigkeiten auf und das Rohr verlor seine durch den Aluminiumkern stabilisierende Wirkung.

- Anzeige -

Durch die erhebliche Mehrbelastung des Materials bei der auftretenden thermisch bedingten Längenausdehnungen, infolge der viel zu klein berechneten Ausdehnung, erfolgte eine Lösung der Schichten voneinander, was insbesondere im Bild 3 schön zu sehen ist.

Dieser Fall zeigt einmal deutlich, wie wichtig die Qualität der Schichtenhaftung ist, weil diese die Langzeitfestigkeit des Verbundes gewährleisten soll. Allerdings stellt sich die Frage, wie dies zu bewerkstelligen ist. Ablöseerscheinungen können die Nutzungsdauer erheblich verkürzen.

Beispiel 2: Heizungsinstallation aus Mehrschichtverbundrohr

Das zweite Beispiel beleuchtet die Schäden in einer Heizungsinstallation aus Mehrschichtverbundrohren. Die Bilder 5 und 6 zeigen sehr schön die Ablösung der Kunststoffschicht vom Aluminiumkern in der Warmwasserheizung. Das Innenrohr ist auf einer Länge von 60 cm vom Aluminiumrohr gelöst. Der Schaden trat ebenfalls nach 4 Jahren auf.

Bild 5+6: Lösung der Haftung führte zu einem „Verschluss“

Wie machte sich der Schaden bemerkbar? Durch die Innenrohrverformung war die Heizleistung beeinträchtigt. Die Heizwassertemperatur und die sich jeweils einstellende Konfiguration des Innenschlauches bestimmen den Wasserdurchsatz. Problematisch sind dabei vor allem gebogene Strecken. Die gegenseitigen Verschiebungen können zu Spannungen in den gebogenen Leitungen führen. Diese Kräfte muss der Haftvermittler auf Dauer aushalten können. Ein Problem dabei können die Alterung des Klebers, die Permeation von Wasserdampf durch das Kunststoffinnenrohr oder die kritische Erweichung des Klebers bereits innerhalb möglicher Temperaturbelastungen sein. Daher ist bei der Planung von Heizungsanlagen darauf zu achten, dass die kritischen Temperaturen vom Heizungssystem keinesfalls erreicht werden. Das heißt auch bei kritischen Heizungsparametern (Temperatur, Druck) muss noch ein genügend großer Sicherungspuffer vorliegen.

Daher sind vom Planer und dem Fachhandwerk enge Abstimmungen für die jeweilige Heizungssysteme und den vorgesehenen Betriebsdrücken- und Temperaturen notwendig.

Hinweis: Da bei diesem Wasser kein Wasseraustritt erfolgte, sind diese Schäden an den wasserführenden Rohren in der Regel auch nicht über die Leitungswasserversicherung gedeckt.

Schadenbeispiel 3

Bild 7, links: Ablösung des Innenrohres aus PE-X von Aluminiumrohr und Faltenbildung mit Querschnittsverengung des Rohres Bild 8: Blasenförmige Aufwölbung des Kunststoffinnenrohres Bild 9, rechts : Blick in ein durchfluss-vermindertes Rohrstück

Die Bilder im nächsten Schadenfall stammen aus einer Verteilleitung einer Warmwasserheizung mit Mehrschichten-Verbundrohr DN 10 und DN 15. Durch die Abschaltung über den Sicherheits-Temperaturbegrenzer wurden Undichtigkeiten an verschiedenen Pressverbindungen festgestellt. Letztlich führten überhöhte Temperaturen zu den Ablösungen des Innenrohres (Bild 7), zu Blasenaufwölbungen der Kunststoffinnenmaterials (Bild 8), was zu Querschnittsverengungen und damit zu einem verminderten Durchfluss führte (Bild 9).

Zusätzlich können sich die Schichten des Rohres untereinander verschieben, so dass sich das Aluminiumrohr mit der PE-X-Außenschicht von der Stützhülse des Fittings gleiten können. Auch können Haftkleber am Fitting austreten.

Folgende Herstellerangaben gab es für den Wärmeerzeuger und für das Verbundrohr.

Wärmeerzeuger: Vorlauftemperaturen bis 90 °C, kurzzeitig bis 120 °C

Verbundrohr: Betriebstemperatur; 0 bis 95 °C und kurzzeitige Spitzen bis 110 °C.

Allerdings sind beim Austausch des defekten Temperaturreglers und des Sicherheitstemperaturbegrenzer festgestellt worden, dass Temperaturen im Störfall von 130 °C auftreten können. Die in der Sanitär- und Heizungstechnik eingesetzten Kunststoffrohre und ihre Verbindungen sind in der Regel nicht für solche Temperaturen ausgelegt.

Daher ist bereits bei der Planung darauf zu achten, welche Temperaturen und Drücken auch im Störfall bei Heizungsanlagen auftreten können.

Beispiel 4: Mehrschichtenverbundrohr DN 20

Bild 10: Enthaftung der innenliegenden Kunststoffschicht vom Aluminiumrohr

Bei diesem Mehrschichtenverbundrohr DN 20 zeigt sich sehr schön die Enthaftung zwischen dem Aluminiumzwischenrohr und dem Mediumrohr aus Kunststoff PE-X. Die Qualität der Schichthaftung und der Schweißnaht des Aluminiumrohres bestimmen bei diesem Rohr die Langzeitfestigkeit des Verbundes und damit die Nutzungsdauer des Rohres. Dies ist ein Kernproblem für den Nachweis der Langlebigkeit von Mehrschichtverbundrohren. Da die Parameter nicht kontinuierlich zu überprüfen sind, wird die Langlebigkeit anhand eines Tests von einem Jahr die Innendruck-Zeitstandfestigkeit auf 50 Jahre hochgerechnet.

Fazit

Dr. Georg Scholzen ist Diplom-Chemiker mit über 20 Jahren Erfahrung in der Verhütung von Leitungswasserschäden. Er war u.a. Sprecher der Projektgruppe „Leitungswasser“ des GDV, Mitglied im Projektkreis „Betrieb und Wartung“ beim DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.), Autor des Fachbuches „Leitungswasserschäden: Vermeidung – Sanierung – Haftung“ und der Experte im FORUM LEITUNGSWASSER der AVW Unternehmensgruppe.

Die Frage, wie sich Schäden an Kunststoffrohren äußern, konnte in den beiden Folgen mit typischen Beispielen belegt und anschaulich dargestellt werden. Es gibt leider keine Rohrwerkstoffe, die innerhalb der Nutzungsdauer von 50 Jahren schadenfrei bleiben. Neben den technischen Problemen ist es dann von finanziellem Interesse, ob der Schaden über eine Leitungswasserversicherung gedeckt ist oder nicht. Außerdem kann die Spurensuche nach der eigentlichen Ursache einen großen Aufwand bedeuten. Im Nachhinein lassen sich die Schäden dann schön beschreiben, aber oftmals ist die Ursache nicht immer sofort und leicht identifizierbar.

Daher ist es umso wichtiger, dass unabhängig vom Werkstoff bei jedem Schritt, also Planung, Installation und Betrieb immer die allgemein anerkannten Regeln eingehalten und die Herstellerangaben beachtet werden, damit die Trinkwasser- und Heizungsinstallation möglichst lange, im optimalen Fall ein Leben lang (50 Jahre) halten.

Dr. Georg Scholzen

Bildquelle: Alle Bilder und Schadenbeispiele stammen aus dem Sonderdruck der Beiträge in der Sanitär + Heizungstechnik von 1998 bis 2001 der Initiative Kupfer, von Karl-Josef Heinemann

Forum Leitungswasser erscheint in Kooperation mit der Initiative Schadenprävention und  der AVW Gruppe

Lesen Sie die nächsten Artikel dieser Ausgabe

Lesen Sie Artikel zum selben Thema