Re-Use im Freiraum

Recycling-Materialien kommen in der Landschaftsarchitektur bislang nur selten zum Einsatz. Doch das Interesse wächst und damit auch die Experimentierfreude der Planungsbüros. Diese beschäftigen sich mit neuen Materialien, möglichen Einsatzgebieten und vor allem mit flexibleren Entwurfs- und Planungsprozessen für effiziente Re-Use-Konzepte.
— STEPHANIE DRLIK

Der Anspruch, materialwirtschaftlich nachhaltig zu handeln, ist nun auch bei Quartiersentwicklungen angekommen. Rückbau- oder Aushubmaterialien werden vor Ort für die Herstellung von Infrastruktur, Gebäuden oder die Geländemodellierung eingesetzt. In der landschaftsarchitektonischen Objektplanung ist man mit Re-Use-Konzepten noch nicht so vertraut. Es fehlen nach wie vor Erfahrungswerte bezüglich Halt- und Belastbarkeit der Recycling- Stoffe. Aber auch hinsichtlich sinnvoll adaptierter Planungsabläufe oder der Ausführung auf der Baustelle ist noch vieles unklar.

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Planer sind mit neuen Leistungsbildern konfrontiert, Ausführer müssen gebrauchte Werkstoff auf ihre Einsatzfähigkeit prüfen, und Auftraggeber müssen bereit sein, auf gewohnte Gewährleistungen und Garantien zu verzichten und womöglich früher als gewohnt für Renovierungsarbeiten aufzukommen. Betriebswirtschaftlich rechnen sich Re-Use-Konzepte kaum, dennoch sind sie für Unternehmen und Stadtkommunen in Bezug auf deren gesellschaftliche Verantwortung eine gute Investition. Und weil das allgemeine Interesse wächst, wagen sich immer mehr Planungsbüros über das heikle Recyclingthema, wobei der Einsatz so unterschiedlich ist, wie die Re-Use-Projekte selbst.

Das österreichische Büro DnD Landschaftsplanung hat erstmals in der Wiener Seestadt Aspern bei den Tätigkeiten am Hermine-Dasovsky-Platz auf Recycling gesetzt und Confalt, Beton und Asphalt mit gebrauchtem Wiener Kleinsteinpflaster kombiniert. „Mit den alten Pflastersteinen der Straßenbauabteilung zu arbeiten, war sicher nachhaltig. In der Seestadt ging es uns aber vor allem darum, ein Stück Wiener Identität in einen gänzlich neuen Stadtteil ohne historische Bausubstanz zu bringen“, erzählt die Co-Inhaberin von DnD, Sabine Dessovic. Ebenfalls mit Pflasterstein- Recycling arbeiten die Landschaftsarchitekten von DnD derzeit bei der Neugestaltung des Wiener Pratersterns, dort allerdings, um vorhandenes, intaktes Material nicht zu verschwenden.

Foto: Bryum
Die Vielfalt der Baustoffe wirken belebend

„Der Bestand war erst wenige Jahre alt und noch in bestem Zustand“, so Dessovic, die aber gleich ergänzt, dass Recycling in der Landschaftsarchitektur keine Kostenersparnis bringt. „Der Aufwand verlagert sich lediglich von den Produktkosten hin zu einem höheren Planungs- und Logistikaufwand.“ Diese Erfahrung bestätigt auch Daniel Baur, Geschäftsführer des Schweizer Landschaftsarchitekturbüros Bryum.

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Bei der Neugestaltung des Betriebsgeländes eines Energieherstellers in Münchenstein in der Schweiz hat sein Planungsbüro auf Natur- und Betonpflastersteine aus regionalen Abrissbaustellen gesetzt sowie auf Pre-Consumer-Waste, also neuwertige Restposten oder Fehlproduktionen, die nicht mehr verkaufbar sind und somit entsorgt worden wären. „In diesem Projekt war bis zum Baubeginn nicht klar, welche Materialien in welcher Menge zur Verfügung stehen werden“, erzählt Baur. Und genau diese fehlende Planbarkeit ist, neben dem hohen logistischen Aufwand hinsichtlich Beschaffung und Lagerung, der wohl größte Hemmschuh.

Material-Experimente

Klar ist, dass nicht jedes Recyclingmaterial überall einsetzbar ist. „Natursteine eignen sich generell gut, wiederverwerteter Beton nur sehr bedingt“, berichtet Sabine Dessovic von ihren Erfahrungen. „In Hamburg arbeiten wir derzeit bei einem Stadtentwicklungsprojekt mit geschredderten Rückbaumaterialien aus Beton und Asphalt. Es handelt sich um einen Straßenzwischenbereich, wo die Tragfähigkeit nicht so hoch sein muss und die eingeschränkte Lebensdauer kein Problem darstellt.“ Derzeit wird viel mit Materialien experimentiert, aber auch hinsichtlich der Entwurfs- und Planungsabläufe braucht es neue, angepasste Werkzeuge. Vielversprechende Möglichkeiten eröffnet das sogenannte parametrische Entwerfen.

Es beruht auf einem System, das nicht das finale Entwurfsobjekt, sondern den Entwurfsprozess in den Fokus rückt. Dabei werden konstante und veränderliche Entwurfselemente als digitale Parameter festgelegt, die untereinander korrespondieren. Wird ein Parameter verändert, so reagieren die anderen. Diese assoziativen Verknüpfungen und die Abbildung der Abhängigkeiten wird handlungsleitend und führt im Rahmen der festgelegten Systemregeln zu Entwurfslösungen…

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