Von Dr. Georg Scholzen
Leitungswasserschäden zählen zu den häufigsten und kostspieligsten Schadensereignissen bezogen auf den Gesamtschadenaufwand in der Immobilienwirtschaft. Der technische Fortschritt eröffnet neue Möglichkeiten zur Prävention – insbesondere durch smarte Absperrventile und intelligente Wasserzähler.
Doch wie leistungsfähig sind diese Systeme wirklich? Wo liegen ihre Grenzen? Und wie können Wohnungsunternehmen davon profitieren? Dieser Artikel liefert eine Übersicht über aktuelle Entwicklungen und erste Erfahrungen aus einem Pilotprojekt.
Rückblick: Von einfachen Absperrventilen zu smarten Systemen
Bereits 2010 initiierte die damalige Westfälische Provinzial Versicherung ein Konzept zur Reduzierung von Großschäden in kommunalen Gebäuden. Damals war der Markt für Leckageschutztechnik noch übersichtlich. Heute hingegen existiert eine Vielzahl an Lösungen – von einfachen mechanischen Absperrventilen bis hin zu vollständig vernetzten Systemen, die in Smart-Home-Umgebungen eingebunden sind.
Diese modernen Systeme kombinieren Sensorik und Aktorik, kommunizieren über das Internet und lassen sich via Smartphone, Tablet oder PC fernsteuern. Technische Erweiterungen wie Druck- und Durchflussmessungen, Zeitschaltfunktionen oder Bewegungsmelder ermöglichen eine präzisere Überwachung. Auch die verfügbaren Nennweiten für Trinkwasserleitungen wurden erweitert, was neue Einsatzmöglichkeiten eröffnet.
Kein System für alle: Warum der Anwendungsfall entscheidend ist
Trotz des technischen Fortschritts gilt: Es gibt keine Universallösung. Die Auswahl des richtigen Systems hängt stark vom Gebäudetyp und der gewünschten Schutzstrategie ab.
Während einfache Systeme für Einfamilienhäuser oder Ferienwohnungen geeignet sind, stoßen sie bei komplexeren Trinkwasserinstallationen – etwa in Mehrfamilienhäusern oder öffentlichen Gebäuden – schnell an ihre Grenzen.
Ein wesentlicher Grund: Die technischen Systeme erfordern eine klare organisatorische Einbindung. Wer ist verantwortlich, wenn etwa bei einer abendlichen Nutzung der Kita die Wasserzufuhr unerwartet gesperrt ist? Wer reagiert im Schadensfall? Ohne klare Zuständigkeiten verliert selbst die beste Technik ihre Wirksamkeit.

Hinzu kommt die intelligente Anordnung der Überwachungsgeräte für komplexe Trinkwasserinstallationen. Hier reicht es nicht nur den Hauptwasserzähler zu überwachen. Eine Produktübersicht finden Sie HIER.
Intelligente Wasserzähler als Alternative: Erste Erkenntnisse aus dem Pilotprojekt
Ein Lösungsansatz für größere Gebäude könnte im Einsatz intelligenter Wasserzähler liegen. Diese Systeme bieten gegenüber klassischen Absperrventilen entscheidende Vorteile:
- Geringe Installationskosten: Einige Geräte lassen sich ohne Eingriff in die Trinkwasserinstallation montieren – ideal für Bestandsgebäude.
- Selbstständige Konfiguration: Nutzer können Alarmgrenzen individuell festlegen, was die Abhängigkeit von Dienstleistern reduziert.
- Transparente Datenvisualisierung: Sowohl Mieter als auch Vermieter erhalten Einblick in Verbrauch, Wasserstatus und Warnmeldungen in Abhängigkeit ihrer Zugriffsrechte.
- Hohe Datensicherheit: Voraussetzung für die Akzeptanz ist ein robuster Datenschutz.
In der Testphase wurde deutlich: Eine nutzerfreundliche Visualisierung steigert die Akzeptanz deutlich – insbesondere bei Mietern. Diese profitieren nicht nur durch Kostenkontrolle, sondern auch durch frühzeitige Warnungen bei Schleichleckagen. Lesen Sie hier per KLICK die ersten Erfahrungen.
Digitalisierung als Chance für die Wohnungswirtschaft
Die Ergebnisse des Pilotprojekts zeigen: Durch digitale Überwachungssysteme lassen sich Wasserschäden frühzeitig erkennen – oft bevor ein größerer Schaden entsteht. Denn besonders bei verdeckten Leitungen können bis zu zwei Wochen und mehr vergehen, bis ein Leck bemerkt wird. In dieser Zeit entsteht nicht selten erheblicher Sekundärschaden in angrenzenden Wohnungen.
Zudem ermöglichen smarte Systeme eine gezieltere Wartung, da potenzielle Probleme frühzeitig identifiziert werden können. Dies zeigte sich bereits 2015 bei einem Pilotprojekt von der Westfälischen mit RWW bei der Überwachung von fünf öffentlichen Gebäuden mit damals neuer und innovativer Technik. Das spart nicht nur Kosten, sondern erhöht auch die Betriebssicherheit. Die getesteten Systeme eignen sich sowohl für Neubauten als auch für die Nachrüstung im Bestand.
Fazit: Technik ist nur ein Teil der Lösung
Die technische Entwicklung im Bereich Leckageschutz ist weit fortgeschritten. Dennoch bleibt die Umsetzung komplex – organisatorische Prozesse, Nutzerakzeptanz und klare Zuständigkeiten sind entscheidend für den Erfolg. Wohnungsunternehmen sind gut beraten, neue Technologien im Rahmen von Pilotphasen zu erproben und dabei alle Stakeholder – insbesondere Mieter – aktiv einzubeziehen. Lesen Sie hier Ergebnisse aus dem Pilotprojekt.
Ein breiter Rollout intelligenter Wasserzähler könnte die Wohnungswirtschaft nicht nur sicherer, sondern auch effizienter machen – und den Weg ebnen zu einer digitalen, resilienten Trinkwasserversorgung.
Über den Autor:
Dr. Georg Scholzen ist Diplom-Chemiker und Spezialist für die Verhütung von Leitungswasserschäden. Er war Sprecher der GDV-Projektgruppe „Leitungswasser“, Mitglied im DVGW-Projektkreis „Betrieb und Wartung“ und ist Autor des Fachbuchs „Leitungswasserschäden: Vermeidung – Sanierung – Haftung“ und der Experte im FORUM LEITUNGSWASSER der AVW-Unternehmensgruppe. Zudem ist der Autor Referent beim VdS und dort zuständig die Fachtagung „Verhütung von Leitungswasser“ als auch für den VdS-Lehrgang „Leitungswasserschäden“ die Anfang Februar 2026 stattfindet.



