Friedenshort statt Gastransport

FRANZISKA LEEB

Die Gaspipeline Nord Stream 2 zwischen Russland und Deutschland ging nie in Betrieb. Tausende Kilometer an Betonröhren liegen sinnlos im Meer. Wie zumindest ein Teil davon wieder nutzbar gemacht werden könnte, damit befasste sich der Architekt Benedikt Hartl. Das von ihm gegründete Büro Opposite Office arbeitet zwischen Realität und Fiktion und behandelt Fragestellungen an der Schnittstelle zu Soziologie und Politik.

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Auf dem Gelände der deutschen Anlandestation in Lubmin bei Greifswald wird ein Teil der verlegten Rohre aus dem Meer geholt und zu Baumaterial für Nord Stream 3, ein Zentrum für Frieden und Völkerverständigung. Die an japanische Kapselhotels erinnernden 194 Schlafkojen werden an Menschen aus aller Welt verlost. Einen Monat lang verhandeln diese auf Augenhöhe relevante Themen und bringen dann neue Impulse in ihre Herkunftsländer zurück. Eine „Vollversammlung der Vereinten Nationen der kleinen Leute“ befördert so durch den internationalen Austausch Transformationen von unten.

Das Projekt ist visionär, aber vielleicht gar nicht so realitätsfremd, wie es auf den ersten Blick scheint. Was es uns aber sehr eindrücklich mitteilt, ist, dass bauliche Umgestaltungen gesellschaftliche Veränderungen stimulieren können und dass es Architekten in der Hand haben, diese anzustoßen. Und es beflügelt uns, darüber nachzudenken, wo noch überall überkommene Strukturen Raum einnehmen, der für sinnvolle Nutzungen aktivierbar wäre – zum Beispiel für leistbares Wohnen.

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