Frankfurt-Westhausen – Margarete Schütte-Lihotzkys Frankfurter Küche – Gut erhaltenes Exemplar entdeckt

Bei Modernisierung in Frankfurt-Westhausen finden Mitarbeiter der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt eine Frankfurter Küche. Das Fundstück soll der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.

Sie ist 1,87 Meter breit, 3,44 Meter lang, wurde zwischen 1926 und 1930 rund 10.000 Mal in Frankfurt verbaut und gilt unter Kunsthistorikern als anschaulicher Vertreter der Moderne. Die Rede ist von der sogenannten Ernst-May-Küche, auch Frankfurter Küche genannt, dem Urtyp der modernen Einbauküche. Den Prototyp dieser sechseinhalb Quadratmeter großen Koch-, Spül- und Aufbewahrungsnische hatte die Wiener Architektin Margarete Schütte-Lihotzky 1926 entworfen, im Rahmen des von Ernst May initiierten Bauprogramms „Das Neue Frankfurt“ mit nahezu 15.000 Wohnungen in 21 Siedlungen. Bis in die 1980er Jahre wanderten viele Frankfurter Küchen nach und nach auf den Sperrmüll. Weil die Küchen keine Rückwände haben, kam nicht einmal eine Zweitverwertung als Kellermöbel in Frage.

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Angesichts dieser Praxis ist es umso erfreulicher, wenn hier und da mal ein gut erhaltenes Exemplar auftaucht. Zuletzt ist das in der Frankfurter Siedlung Westhausen geschehen. Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt führt dort seit 2013 eine Mieterprivatisierung durch, in deren Rahmen in einigen Wohnungen auch umfangreiche Modernisierungsarbeiten anstehen. „Bei dieser Gelegenheit sind Kundenbetreuer Stefan Müller und Bauleiter Guido Auth auf eine gut erhaltene Frankfurter Küche gestoßen“, sagt Sigrid Bleeck- Rische, Architektin und zuständige Planerin von der Nassauischen Heimstätte. Das Besondere daran: Diese Frankfurter Küche ist mit ca. 3,5 qm sogar noch kleiner – und damit noch funktionaler – als der Prototyp. Zwar braucht sie noch die fürsorgliche Behandlung durch einen versierten Restaurator. Zweifel an ihrer Echtheit gab es jedoch zu keiner Zeit.

Küche ist bei ernst-may-gesellschaft in guten Händen

Den Ausbau der Küche hat die Schreinerei Peter Schmidt aus Wehrheim übernommen, deren Mitarbeiter laut Bleeck-Rische „ein sehr feines Händchen und eine besondere Affinität für kulturhistorische Einrichtungsgegenstände besitzen und den Ausbau hervorragend durchgeführt haben“. Wegen ihrer Bedeutung als Zeitzeuge bzw. Teil der Architekturgeschichte war man sich bei der Nassauischen Heimstätte schnell einig, dass die Küche der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt werden soll. Daher wurde das gut erhaltene, kunsthistorisch interessante Fundstück an die ernst-may-gesellschaft (emg) in Frankfurt übergeben. Nassauische Heimstätte und emg haben bereits mehrfach erfolgreich kooperiert. „Das funktioniert immer äußerst unkompliziert und zielführend“, lobte Bleeck-Rische. So auch dieses Mal: „Für uns war es wichtig zu wissen, dass die Küche in guten Händen ist. Diese Gewissheit haben wir durch die Zusammenarbeit mit den Experten von der emg.“

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Was genau mit der Küche geschieht, ist noch offen. „Zunächst muss untersucht werden, in welchem Zustand und wie vollständig sie ist. Vor allem Funktionselemente wie z. B. die Spüle oder der Herd mussten in den meisten Fällen schon früh einem Austausch gegen moderne Elemente weichen“, sagt Peter Paul Schepp von der emg. Eine umfänglich ausgestatte Frankfurter Küche ist übrigens seit etwa zehn Jahren in ihrer ursprünglichen Wohnumgebung im ernst-may-haus in der Frankfurter Römerstadt ausgestellt. In diesem zweigeschossigen Reihenhaus ist ein Dokumentations- und Veranstaltungsort für Architekturinteressierte entstanden. Einzelne Frankfurter Küchen kann man auch in Museen besichtigen, in Frankfurt (MAK, DAM, HMF), aber inzwischen auch in Nürnberg, Berlin, Hamburg, Wien, Minneapolis oder New York.

Die Frankfurter Küche

und Erfinderin der Frankfurter Küche versuchte erstmals, die Arbeitsvorgänge in der Küche effizienter zu gestalten. Die moderne Frau der 20-er Jahre wurde zunehmend berufstätig und wollte weniger Zeit in der Küche verbringen. Ausgangspunkt war für die Mitarbeiterin des damaligen Stadtbaurates Ernst May die Küche eines Mitropa-Speisewagens.

Auf der Grundlage von Aufzeichnungen der Griff- und Schrittwege beim Kochen unterwarf sie die Arbeitsabläufe einer wissenschaftlichen Analyse. Zum einen sollten die Arbeitswege verkürzt werden und möglichst viele Dinge mit einem Handgriff erreichbar sein. Zum anderen sollten durch die serielle Herstellung von Einzelelementen wie Aufbewahrungsschütten, Glas-Schiebetüren oder Metallgriffen…

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