Der LBS Infodienst Recht & Steuern wird von den Landesbausparkassen herausgegeben und erscheint einmal monatlich mit vier Urteilen rund ums Wohnen, Bauen und Finanzieren. Die Karikaturen stammen von Jürgen Tomicek.
Gerade noch davongekommen – Mieter hatten bei Selbstauskunft falsche Angaben gemacht
Wer eine Wohnung mieten möchte, der sollte tunlichst keine falschen Angaben zu seinen Einkommensverhältnissen machen. Nach Auskunft des Infodienstes Recht und Steuern der LBS droht schlimmstenfalls eine fristlose Kündigung. In einem Verfahren in Hessen konnte sie nur wegen ganz besonderer Umstände vermieden werden.
Amtsgericht Gießen, Aktenzeichen 42 C 273/21
Der Fall: Ein Paar gab in seiner Selbstauskunft an, monatlich 3.900 Euro netto aus einem Beamtenverhältnis und 2.200 Euro netto aus einem Arbeitsverhältnis in der freien Wirtschaft zu erzielen. Ersteres entsprach den Tatsachen. Letzteres war nicht korrekt, denn diese Tätigkeit wurde zum fraglichen Zeitpunkt gar nicht mehr ausgeübt. Der Vermieter kündigte dem Paar fristlos, als dies herauskam. Seine Begründung: Hätte er das gewusst, dann wäre er den Vertrag erst gar nicht eingegangen.
Das Urteil: Das Gericht ließ keinen Zweifel daran, dass die Vorspiegelung falscher Tatsachen als „erhebliche Verletzung vorvertraglicher Pflichten“ zu bewerten sei. Bei einer Interessensabwägung müsse man allerdings feststellen, dass die 3.900 Euro aus dem Beamtenverhältnis mehr als ausreichten, um die monatliche Bruttomiete von 1.500 Euro zu bezahlen. Die Bonität der Mieter sei also nie in Frage gestanden. Sie durften bleiben.
Fliesen durchbohren? Das dürfen Mieter nur dann, wenn es nicht anders geht


Auch in gefliesten Räumen wie Bad oder Küche müssen Mieter gelegentlich Schränke und Regale an den Wänden anbringen. Doch dabei sollten sie nach Information des Infodienstes Recht und Steuern der LBS die Fliesen selbst allerdings nur dann durchbohren, wenn es gar nicht zu vermeiden ist.
Amtsgericht Paderborn, Aktenzeichen 51 C 135/23
Der Fall: Ein Mieter durchbohrte in der Küche seiner Wohnung vier Fliesen und im Badezimmer zwei. Der Eigentümer betrachtete das als einen nicht vertragsgemäßen Gebrauch der Mietsache, denn ein solches Vorgehen sei dem Betroffenen ausdrücklich untersagt gewesen. Durch sein Verhalten sei die Sachsubstanz des Objekts beschädigt worden.
Das Urteil: Es lägen keine Hinweise darauf vor, dass unter den gegebenen Umständen die Fliesen zwingend durchbohrt werden mussten und man nicht stattdessen die Löcher in den Fugen hätte platzieren können. Zu diesem Ergebnis kam das Amtsgericht nach der Beweisaufnahme. Dem Eigentümer stehe deswegen ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 150 Euro zu.


Statische Berechnung – Keine Handwerkerleistung im Sinne des Steuerrechts
Ein Statiker ist grundsätzlich nicht handwerklich tätig. Seine Leistungen sind deshalb nach Information des Infodienstes Recht und Steuern der LBS auch steuerlich nicht als Handerkerleistungen zu bewerten.
Bundesfinanzhof, Aktenzeichen VI R 29/19
Der Fall: Ein Hausbesitzer beauftragte einen Fachbetrieb mit dem Austausch schadhafter Dachstützen. Die Experten wiesen jedoch darauf hin, dass im Vorfeld unbedingt eine statische Berechnung nötig sei, um die Arbeiten korrekt durchführen zu können. Der Eigentümer machte in seiner Steuererklärung sowohl die Ausgaben für den Statiker als auch für die ausführende Firma als Handwerkerleistungen geltend.
Das Urteil: Der Bundesfinanzhof widersetzte sich der Steuerermäßigung. Auch wenn es sich bei den Arbeiten des Statikers um eine Vorleistung für die Tätigkeiten der Baufirma handle, könne man sie nicht als Handwerkerleistung betrachten. Denn ein Statiker sei ausschließlich im Bereich der Planung und der rechnerischen Überprüfung von Bauwerken tätig.


Ladesäule hat Vorrang – Es handelt sich um eine zumutbare Belastung
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Aktenzeichen 1 S 28/22
Ein Hauseigentümer war nicht damit einverstanden, dass vor seinem Grundstück – am öffentlichen Straßenrand – eine E-Ladesäule errichtet werden sollte. Der Betroffene fürchtete erhebliche Lärmbelästigungen durch das An- und Abfahren von PKW, Türenschlagen sowie Gespräche der Fahrgäste – und das auch mitten in der Nacht.
Das alles störe in einem reinen Wohngebiet über das zumutbare Maß hinaus. Aber in zwei Verwaltungsgerichtsinstanzen sahen es die Richterinnen und Richter anders. Sie hatten nach Auskunft des Infodienstes Recht und Steuern der LBS keine ernsthaften Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Errichtung einer Ladesäule und verwarfen den Eilantrag des Grundstückseigentümers. Es handle sich hier um eine sozialadäquate Belastung.
Dr. Ivonn Kappel