Die kleine Ökostromnovelle erleichtert die Anwendung erneuerbarer Energien im Geschosswohnbau. Das heißt: die Zeichen stehen auf Innovation – wenn auch immer mit einem Auge auf die Kosten.
MAIK NOVOTNY
Wie viele Gebäudevarianten untersucht man für gewöhnlich, bevor es an die Planung, Ausschreibung und Ausführung geht? Eine, zwei, eine Handvoll? Etwas mehr als eine Handvoll Varianten waren es, welche die Vogewosi für ihr Wohnhausprojekt in Feldkirch-Tosters untersuchte, nämlich 147.000. Immerhin wurden diese schnell auf einen handlicheren Umfang von 60.000 reduziert, wie Alexander Pixner, Leiter der technischen Abteilung bei der Vogewosi, beim Praxis-Check von der Wohnen Plus Akademie trocken anmerkte. Rekordverdächtig lange Excel-Listen wurden gefüllt.
Ein Aufwand, den man in Vorarlberg nicht aus Lust und Laune treibt, denn es handelte sich um ein Pilotprojekt. Unter dem Namen KliNaWo (klimagerechter, nachhaltiger Wohnbau) hatte man sich gemeinsam mit dem Energieinstitut Vorarlberg, der Arbeiterkammer und AlpS auf die Suche nach dem optimalen Gebäudestandard gemacht. „Wir haben versucht, ein kostenoptimales Gebäude zu entwickeln unter der Betrachtung der maximalen energetischen Qualität“, erklärt Pixner. „Dabei ging es nicht nur um die Errichtungskosten, sondern um die gesamten Lebenszykluskosten über 50 Jahre.“
Um hier das definitive Optimum zu ermitteln, wurden mehrere Konstruktionsarten untersucht (Massivbau, Mischbau, Holzbau), mehrere Heizsysteme (Pellets, Fernwärme, Hackgut, Wärmepumpe und Gasheizung), und dies jeweils in Kombination mit Solar- und Photovoltaikanlagen in drei verschiedenen Größen. „Zu beachten waren natürlich auch die Förderungen, die je nach Wahl des Haustechniksystems ganz unterschiedlich ausfallen“, so Pixner.
Nahezu Passivhausstandard
Dabei zeigte sich, dass Passivhaushülle und hocheffiziente Fenster in den meisten Fällen wirtschaftlich sind, dass die Erd-reich-Wärmepumpe der wirtschaftlichste Wärmeerzeuger ist, und dass mehr als 95 Prozent der 60.000 gerechneten Varianten in ihren Errichtungskosten unter der Kostengrenze der Wohnbauförderung lagen; die schließlich ausgewählte Variante unterschreitet diese um mehr als 100 Euro pro Quadratmeter Nutzfläche.
Die Gewinnerin aus den 60.000 Varianten wurde schließlich ein Massivbau mit 24 Zentimeter Wärmedämmung, Energieversorgung über Sole-Wärmepumpe und Fußbodenheizung mit zusätzlichen Heizkörpern; mit 22 kWh/m2a erreicht man nahezu Passivhausstandard. Der Baustart für den dreigeschossigen Bau mit 18 Wohneinheiten (Architektur: Walser + Wehrle) erfolgte am 31. März 2016, die Übergabe im November 2017, bei Gesamterrichtungskosten von 3,3 Millionen Euro und einer Miete von 9,50 Euro inklusive Nebenkosten. Nach der Übergabe startete ein Monitoring-Prozess, der etwa zwei bis drei Jahre dauern wird. „Das ist im Grunde der wichtigste Teil“, so Pixner, „denn die tatsächlichen Verbräuche sind das, was zählt.“