Mit sektoralen Einzelmaßnahmen werden wir beim Klimaschutz im Gebäudebereich nicht vorankommen diese Botschaft gibt der Deutsche Verband für Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung (DV) der Bundesregierung mit auf den Weg. Die große Koalition beriet am vergangenen Mittwoch im Klimakabinett darüber, wie die Klimaziele erreicht werden können. Die Gebäudesanierung stand dabei ganz oben auf der Agenda. Bei der Jahrestagung des DV am Vortag, dem 28. Mai 2019, in der KfW-Niederlassung in Berlin wurde deutlich, dass es entscheidend sein wird, Umwelt, Wirtschaft, Rechtsrahmen und individuelles Verhalten endlich zusammenzudenken. Quartiere sollten dabei als „Real-Labore“ für innovative Modellprojekte dienen.
Ein im April 2019 veröffentlichtes Papier der Arbeitsgruppe „Energie“ des DV gibt konkrete Handlungsempfehlungen, wie der Klimaschutz im Gebäudebereich gelingen kann. Die teilnehmenden Fachverbände und bundespolitischen Sprecher lobten Werner Spec, Oberbürgermeister von Ludwigsburg und Leiter der AG „Energie“, ausdrücklich für diesen Fahrplan. Er sei eine anwendungsorientierte Hilfestellung, die die Bundesregierung berücksichtigen sollte.
Nicht das einzelne Gebäude, sondern das gesamte Quartier
„Ich bin sicher, dass unser Klimaexperte Spec mit diesem Papier das bundespolitische Kursbuch zum Erreichen der Klimaziele im Gebäudesektor verfasst hat“, sagte der Präsident des DV, Michael Groschek, Staatsminister a. D. Die Klimaziele ließen sich im Gebäudebereich lediglich durch Sanierung im Bestand erreichen – und das funktioniere nur auf der Ebene des Stadtviertels: „Das Quartier muss der Nukleus einer großen Klimaschutzperspektive werden“, machte Groschek deutlich. „Nicht das einzelne Gebäude muss als Dämmobjekt ein Maximum an CO2 einsparen, sondern das komplette Quartier. Das sollte technologieoffen geschehen, orientiert am Preis-Leistungsverhältnis. Mit Maßnahmen wie Sektorkopplung, Zwischenspeicherung und nachhaltigen Mobilitätslösungen lassen sich im Quartier energetische Modernsierungen optimal verbinden mit einer klimaneutralen Energieversorgung. „Der Kurwechsel vom Leuchtturmobjekt im Neubau hin zur Sanierungsoffensive im Altbau ist überfällig“, betonte Groschek.
Raus aus den „Schützengräben“
Florian Pronold, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit, sprach sich dafür aus, eine CO2-Bepreisung in Betracht zu ziehen: „Wir zahlen Abwassergebühren. Dieses Modell könnte man auch bei CO2 überdenken.“ Das setzt wirtschaftliche Anreize für technologieoffene Maßnahmen, die am Kern des Klimaschutzes ansetzen: Der CO2-Reduzierung. Zudem appellierte er für mehr Zusammenarbeit der beteiligten Akteure beim Klimaschutz: „Alle müssen sich aus ihren Schützengräben rausbewegen!“
Förderung ist der bessere Weg
Prof. Dr. Ortwin Renn, wissenschaftlicher Direktor des „Institute for Sustainability Studies“ (IASS) Potsdam warb intensiv für eine integrierte Herangehensweise: „Wenn wir 2050 klimaneutral sein wollen, dürfen wir nicht sektoral denken.“ Es sei wesentlich, Technik, die betriebswirtschaftliche Organisation von Dienstleistungen, Regulierungen und das Sozialverhalten der Menschen zusammenzudenken. Zudem mahnte er, dass die Klimaziele nicht alleine mit Dämmung und Effizienzmaßnahmen zu erreichen seien, auch wenn die energetische Sanierungsquote erhöht werden müsste. Was Anreize zur Sanierung angeht, so hätte sich in Studien des IASS gezeigt, dass Förderung eine stärkere Wirkung habe als Steuererleichterungen…