Bezahlbares Wohnen: 100 Jahre nach dem Start des kommunalen Wohnbaus in Wien erleben dessen Grundsätze eine Renaissance: Wohnungen zu leistbaren Kosten mit Ausblick auf einen grünen Innenhof, Angebote für integrative Lebensqualität. Das bieten drei Gemeinnützige im neuen „Kapellenhof“ ab Herbst 2019.
ROBERT KOCH
Lokalaugenschein zu Sommerbeginn in Wien-Donaustadt: Gleich neben Pflegewohnhaus und SMZ Ost vulgo „Donauspital“ – nur wenige Schritte von der gleichnamigen U2-Station entfernt – markieren sechs Kräne eine große Baustelle. Die zwischen Kapellenweg, Stockerweg und Wulzendorfstraße im Geviert angelegten Baukörper sind bereits deutlich erkennbar, wachsen Geschoss um Geschoss in die Höhe, dazwischen erheben sich Hügel mit Aushubmaterial.
Dort soll ab Herbst 2019 ein von Wegen durchzogener „Stadtwald“ samt Platz mit Wasserspiel zur Erholung „vor der Haustüre“ einladen, ein „gemeinschaftlicher Freiraum für Jung und Alt“ wird zur Bewegung und nachbarschaftlichen Begegnung ermuntern. Mit einem Durchgang öffnet sich die Bebauung im Norden dann zum Kapellenplatz, wo schon heute alter Baumbestand bis zu einer kleinen Kapelle aus 1891 reicht – offenbar Namensgeber für Weg und die neue Wohnanlage.
„Mit dem Projekt führen wir den Gemeindebau ins 21. Jahrhundert“, erklärt Alfred Petritz, Geschäftsführer der Migra. „Der Kapellenhof ist sowohl eine Reminiszenz an die Leistungen des Wiener Wohnbaus als auch Teil einer zukunftsweisenden Stadtentwicklung mit qualitätsvoller Architektur.“ Die gemeinnützige Bauvereinigung hat 2016 gemeinsam mit „Neues Leben“ und „Wogem“ sowie den Architekten von „feld 72“ und „Alles- WirdGut“ einen Bauträger-Wettbewerb des Wohnfonds Wien gewonnen. Mit an Bord die Landschaftsarchitektin Carla Lo, welche den Kapellenhof stimmig für alle Generationen gestaltet. Geradezu in Rekordzeit ging es an die Umsetzung dank der Wiener Wohnbau-Offensive.
Qualitätsvolle Architektur
Das ehemalige Areal eines Schwesternwohnheimes des SMZ Ost hat die Stadt Wien im Baurecht den drei Bauträgern überlassen, die nun als Miteigentümer kooperieren. Für die bauliche Realisierung des Projektes sorgen sie gemeinsam mit Baubetreuern und einem Generalunternehmer. „Wir bauen ihre Zukunft“ verspricht die Baufirma Gerstl auf ihrer Baustellen- Umzäunung – und das scheint keineswegs übertrieben, wenn man die Pläne genauer studiert.
Entlang der in Nord-Süd-Richtung verlaufenden Grundgrenzen werden jeweils drei Stiegen mit bis zu acht Geschossen errichtet, die südlichen Baukörper sind leicht abgewinkelt gegenüber dem Straßenverlauf – wodurch im Eckbereich von Kapellenweg und Wulzendorferstraße ein Platz entsteht und die Busstation des 95A situiert ist. Erschlossen werden die Wohnungen über hofseitige Foyers und natürlich belichtete Stiegenhäuser sowie Mittelgänge. Das ermöglicht die Ausrichtung aller Wohnungen nach Osten oder Westen, ergänzt durch großzügige Freiräume als Balkon, Loggia oder Eigengarten. Zwei schmälere Baukörper mit Südorientierung aller Wohnungen und Laubengang-Erschließung machen den Kapellenhof quasi zum Vierkanter.
Gelebte Nachbarschaft
„Unser gemeinsames Ziel ist, leistbaren Wohnraum mit höchster Lebensqualität zu schaffen“, betont Johann Gruber, Obmann von „Neues Leben“. Die innovationsfreudige Genossenschaft übernimmt 206 Wohnungen, davon 137 geförderte Mietwohnungen und 69 Smart-Wohnungen. Auf deren Homepage www. wohnen.at ist allerdings „wegen bereits sehr hoher Vormerkzahlen“ ein Anmeldestopp vermerkt. Gleiches gilt für die 200 Wohnungen der „Migra“, und auch bei der „Wogem“ sind ihre 45 Einheiten stark nachgefragt. Die insgesamt 300 Mietwohnungen gibt es in Größen von 32 bis 80 Quadratmetern, maximal 68 Quadratmeter haben die 151 Smart-Wohnungen mit Superförderung – darunter acht teilmöblierte Einheiten. Für soziale Einrichtungen stellen die Bauträger fünf Prozent ihrer Wohnungen bereit…