Mobilität: Herausforderung und Chance

Mobilität ist und war Alltags- und Luxusgut zugleich. Sie dient der Befriedigung menschlicher Grundbedürfnisse und stellt Stadt und Land hinsichtlich der Bewältigung der Klimakrise im selben Zug vor beträchtliche Herausforderungen. Bauträger sind gefordert.
LINDA PEZZEI

Mobilitätsmasterplan 2030
Um die Klimaneutralität im Verkehrssektor bis 2040 zu erreichen, hat sich Österreich betreffend der Neuausrichtung des Mobilitätssektors hohe Ziele gesteckt. Der Mobilitätsmasterplan 2030 zeigt Wege auf, wie sich Verkehr vermeiden, verlagern oder verbessern und der Mix aus Fuß- und Radverkehr, öffentlichen Verkehrsmitteln und geteilter Mobilität steigern lässt.

Für eine Trendwende bei den CO₂- Emissionen und ein Umdenken bei jedem Einzelnen braucht es jedoch in Zukunft klare Rahmenbedingungen und engagierte Umsetzungsprogramme – auch und vor allem, wenn es um das Thema Wohnen geht. Wissenschaft und Bundesregierung peilen entsprechend den Vorgaben des Pariser Klimavertrags bis 2040 die Klimaneutralität an. Um dieses Ziel erreichen zu können, gilt es, in allen Belangen und bei allen Akteuren auf europäischer wie nationaler Ebene an einem Strang zu ziehen. Im Rahmen des European Green Deal der Europäischen Kommission und auf Grundlage der ambitionierten EU-Klimaziele für 2030 soll auch die Mobilitätswende in Österreich einen massiven Schub erfahren.

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Der Mobilitätsmasterplan 2030 setzt in diesem Zusammenhang auf einen sinnvollen Mix aus Verkehrsvermeidung, Verkehrsverlagerung und Effizienzverbesserung bei den einzelnen Verkehrsträgern. Eine moderne und ressourcenschonende Raumplanung soll auf lange Sicht einen Wandel der Strukturen herbeiführen und die Verkehrsnachfrage generell reduzieren. Durch eine nachhaltige Standort- und Raumplanung der kurzen Wege können Mobilitätszwänge vermieden und eine Trendwende herbeigeführt werden, sind sich die Akteure sicher.

Parallel zu Infrastrukturmaßnahmen, alternativen Antriebstechnologien, Digitalisierung und Automatisierung sieht der Mobilitätsmasterplan 2030 ein durchdachtes Mobilitätsmanagement und eine gezielte Bewusstseinsbildung hinsichtlich sauberer Technologien und neuer Mobilitätsdienste der Verkehrsakteure vor. Im Mittelpunkt steht dabei ein Shift der Mobilität hin zu umweltfreundlicheren Mobilitätsformen im privaten wie betrieblichen Umfeld in Städten und Regionen – und zwar sowohl im Pendelals auch im Freizeitverkehr.

Im Fokus:

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  • Mobilitäts- und Erschließungskonzepte
  • Forcierung von Elektromobilität
  • Idealer Anschluss an den öffentlichen Verkehr
  • Schaffung optimaler Bedingungen für Fußgänger und Radfahrer
  • Autofreies Wohnen
  • Gezieltes Parkraummanagement im Sinne einer Chancengleichheit zum öffentlichen Verkehr
  • Motorisierter Individualverkehr
  • Klimaschonende Baustellenabwicklung und Baustellenlogistik

Wohnen, arbeiten, Freizeit

Die autofreie Mustersiedlung, Bauträger: Neue Heimat Gewog, Domizil, Architektur: Cornelia Schindler und Rudolf Szedenik, war der erste Versuch, eine Mobilitätswende einzuläuten. Die Siedlungsentwicklung der vergangenen Jahrzehnte war durch eine Suburbanisierung von Bevölkerung und Beschäftigung in Form der Zersiedelung sowie die Trennung in reine Wohn-, Arbeits- und Freizeitzentren gekennzeichnet – bezeichnenderweise begleitet durch ein Aussterben unserer Innenstädte.

Zero Emission Mobility 
Das Forschungs- und Demonstrationsprogramm zielen darauf ab, ambitionierte Ansätze und innovative Entwicklungen sowie die Förderung und Entwicklung der Infrastruktur anhand von konkreten Projekten sichtbar und damit E-Mobilität für die breite Masse attraktiver zu machen. Dabei geht es neben der Forschung und Entwicklung im Bereich der Fahrzeuge und der Infrastruktur auch um die Anwender und Nutzer sowie die Vernetzung und Bündelung von bestehenden Initiativen. 
www.ffg.at/zero-emissionmobility

Mit der Zunahme der Distanzen vom Wohnort zu den Zielorten gingen eine hohe Verkehrsbelastung sowie ein steigender Energiebedarf einher. Der öffentliche Verkehr ist bei geringer Siedlungsdichte zwar kaum effizient zu betreiben, die Straßen müssen aber dennoch gebaut und instandgehalten werden. Um es in Zahlen zu fassen: Die Aufschließungskosten für zersiedelte Orte liegen etwa doppelt so hoch – im Streusiedlungsraum gar vier- bis fünfmal so hoch – wie für kompaktere Siedlungsstrukturen.

Der Betrieb sozialer Infrastrukturen erreicht sogar den 20-fachen Wert. Aus ökologischer Sicht begleiten den hohen Energieverbrauch ein enormer Flächenschwund sowie eine Zunahme an CO₂-Emissionen und Lärmbelästigungen durch den Autoverkehr. Es ist höchste Zeit, da umzudenken.

Alternative Mobilitätsformen

Die gemeinnützige Bau- und Wohnungsgenossenschaft Wien-Süd entwickelte nach dem Entwurf von Marginter Architekten gemeinsam mit der Traffix Verkehrsplanung GmbH ein Mobilitätskonzept für die Umsetzung eines Wohnbauprojekts mit 84 frei finanzierten Eigentumswohnungen auf dem Areal der ehemaligen Kammgarnfabrik Wiener Neudorf. Eine Entsiegelung der vorgeschriebenen Parkplätze ging dabei Hand in Hand mit einem sinnvollen, zukunftsfähigen Mobilitätskonzept, in dessen Kontext die Infrastruktur zugunsten des ÖPNV im Vergleich zum motorisierten Verkehr ausgebaut werden soll.

Ein Pilotprojekt auch für andere Siedlungen, so Norbert Gschöpf, stellvertretender Leiter der Abteilung Projektentwicklung bei der Wien-Süd: „Zu den besonderen Highlights dieses Projekts zählen neben der herausragenden Architektur der hohe Grünanteil und die zentrale Infrastruktur mit sehr guter Anbindung an den öffentlichen Verkehr. Im Rahmen eines mit der Gemeinde vereinbarten Mobilitätskonzepts konnte die Attraktivität alternativer Mobilitätsformen signifikant erhöht und der Privat-Pkw-Anteil deutlich reduziert werden.

Die Wien- Süd unterstützt diese Neuorientierung der Bewohner im Mobilitätsbereich unter anderem durch die Förderung von Klimatickets in den ersten drei Jahren, außerdem wurden in das Projekt zwei Stellplätze des E-Car-Sharing-Betreibers sharetoo integriert.“

Hoch hinaus

Das Projekt der NOE Immobilien Development GmbH (NID) schafft im Quartier Mitte in St. Pölten bis Ende 2024 einen neuen Stadtteil in neun Häusern für 1.100 Bewohner mit insgesamt rund 420 Miet- und Eigentumswohnungen. Der erste Wohnbau, „Leben am Fluss“, mit 140 Wohnungen ist bereits fertiggestellt. Um den Errichtungsaufwand so gering wie möglich zu halten, und damit ein günstiges Parken zu ermöglichen, setzten AHP auf eine Hochgarage, auf deren Dach mittels einer Photovoltaikanlage Energie gewonnen wird.

Es gibt 467 Stellplätze auf 12 Ebenen für die Bewohner und Nutzer des Quartiers Mitte, Anrainer und Pendler sollen ihr Auto hier abstellen, um auf den ÖPNV oder das Fahrrad umzusteigen. Die Sammelgarage befreit das Quartier Mitte oberirdisch von Autos und macht hochwertige Freiräume für die Bewohner nutzbar. Weitere Pluspunkte: Eine Fahrrad-Remise, Carsharing und E-Ladestationen.

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