Gerhild Ebenberger ist eine von acht Bewohnern, die in der inklusiven Wohngemeinschaft „Lebe bunt!“ in der Seestadt Aspern wohnen. Für sie der ideale Startpunkt in einen neuen Lebensabschnitt.
MAIK NOVOTNY
Seit April 2018 leben acht Bewohner auf 450 Quadratmetern mit und ohne Beeinträchtigung in einer gemeinsamen WG unter dem Namen „Lebe bunt!“ in der Seestadt Aspern. Die Idee für diese inklusive Wohngemeinschaft stammt aus den „Wiener Wegen zur Inklusion“ – einem partizipativ geführten Projekt, dass im Sommer 2017 abgeschlossen wurde. Sie wurde vom Verein „Integration Wien“ umgesetzt und wird vom Fonds Soziales Wien, FSW, gefördert. Sie belegt das gesamte dritte Stockwerk des Bauteils C der „Drei Schwestern“, die von der WBV-GPA entwickelt und von Architekt Clemens Kirsch geplant wurden.
„Seit ich hier wohne, hatten wir viel Fluktuation. Heute sind wir nur noch zwei Erstbewohner“, sagt Gerhild Ebenberger, die von Beginn an Teil der WG ist. „Manche der Mehrfach-Behinderten sind von hier aus in ihr eigenes Leben gestartet, andere waren von vornherein nur temporär hier.“ Viel Kommen und Gehen also, dazu kommt noch das Betreuungspersonal für die vier Mehrfach-Behinderten. Das inklusive Zusammenwohnen, so Ebenberger, ist jedoch überhaupt kein Problem.
„Es gab noch nie eine Situation, mit der man nicht umgehen konnte. Ein wesentlicher Faktor ist, dass wir vier Nichtbehinderten keine Betreuungsfunktionen übernehmen. Dadurch sind wir mit unseren Mitbewohnern auf Augenhöhe. Es wird auch nie gejammert. Das Verhältnis ist geprägt von Sympathie, nicht von Mitleid. Mit einer Mitbewohnerin und ihren zwei Assistentinnen war ich sogar schon gemeinsam im Italienurlaub.“
Gerhild Ebenberger ist die älteste in der WG, auch wenn man es ihr kaum ansieht. „Die Mitbewohner sind alle zwischen 19 und 27 – ich habe lange mit Kindern und Jugendlichen gearbeitet und daher war das keine große Umstellung. Mit Menschen in meinem Alter wäre es vielleicht etwas schwieriger.“
Eine so bunt gemischte WG ist also kein Hindernis für die Generation 50plus. Eine wesentliche Bedingung musste jedoch erfüllt werden: „Die Privatsphäre ist wichtig im Alter – ein geteiltes Badezimmer könnte ich mir nicht mehr vorstellen.“ Hinzu kommt ein sehr geräumiges Zimmer als persönlicher Bereich, und natürlich die riesige und helle Wohnküche.
Bewusster Wechsel
Für Gerhild Ebenberger war der Einzug Teil eines bewussten Wechsels in eine neue Lebenssituation. „Ich bin nach Wien gezogen, nachdem ich 40 Jahre lang in Salzburg gelebt und gearbeitet hatte. Salzburg ist schön, meine Familie lebt heute noch dort. Doch nach der Pensionierung hatte ich das Gefühl, dass sich in Salzburg hinsichtlich Wohn- und Lebenssituation keine neuen Türen mehr öffnen.“ Die Entscheidung für „Lebe bunt!“ war so spontan wie überzeugt: Im Februar 2018 las sie die Anzeige, es folgte ein Besuch vor Ort, es wurde einmal darüber geschlafen, wenige Wochen später zog sie ein.
„Zuerst dachte ich daran, im Zentrum zu wohnen, doch da hatte ich Bedenken, zu viel Zeit alleine in den eigenen vier Wänden zu verbringen.“ Also fiel die Wahl auf Transdanubien, heute bezeichnet sich Ebenberger stolz als begeisterte Seestädterin…