Schadenursachen und Schäden an Kunststoffrohrleitungen

Wie äußern sich Schäden an Kunststoffrohren? Typische Fehler entstehen durch mangelhafte Pressverbindungen. Dies trifft letztlich auf alle Materialien in der TWI zu und ist keine Besonderheit für Kunststoffrohre. Allerdings sind die „Varianten“ für die Beschädigung größer, da sehr viel mehr Arten von Kunststoffrohren und entsprechende Verbindungstechniken zur Verfügung stehen. Die große Vielfalt davon wurde bereits im letzten Artikel aufgeführt.  Daher ist es von sehr großer Bedeutung, dass die Herstellerangaben genau eingehalten werden, um eigentlich einfache Fehler durch den Installateur zu reduzieren.

Andere Fehlerquellen ergeben sich aus der Art der Kunststoffe und sind auf dem ersten Blick nicht so leicht erkennbar.

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Schäden durch diffusionsoffene Kunststoffrohre

Ein Problem, das man nicht vermutet hat, ist die Ablagerung von Kalk in Kunststoffrohrleitungen.

Beispielsweise führten Kalkablagerungen in einem Polypropylenrohr nach dem Wassererwärmer zu Funktionsbeeinträchtigungen von nachgeschalteten Anlagenkomponenten wie Ventilen oder Armaturen im Zeitraum von 2 Jahren.  Dies äußerte sich dann bis zur Blockierung eines ausreichenden Warmwasserdurchflusses.

Bild 1: Kalkansammlung in dem Kunststoffrohr aus Polypropylen nach dem Warmwasserbereiter (Quelle: Sonderdruck Sanitär+HeizungsTechnik 1998-2001)

Grund für diese Ablagerungen waren die Kalkschichten, die aufgrund des Massenwirkungsgesetzes unter Einfluss der Temperatur im nachgeschaltetem Polypropylenrohr auf einer Länge von ca. zwei Metern direkt hinter dem Warmwassererwärmer gebildet und dann aufgrund des unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizienten zwischen Kunststoff und dem Kalk abplatzen. Diese Abplatzungen aus Kalk wurde mit dem Wasserfluss in das gesamte Netz eingetragen und führten so zu den genannten Störungen. Dieser Schaden ist allerdings kein Leitungswasserschaden im Sinn der Leitungswasserversicherung.

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Solche Ablagerungen können grundsätzlich bei allen diffusionsoffenen Kunststoffrohren auch unabhängig eines Warmwassererwärmers entstehen, wenn das gelöste CO2 durch das Rohr diffundiert und dadurch das Kalkkohlensäuregleichgewicht nach rechts zum Calciumkarbonat verschiebt. Dann bilden sich Calciumkarbonatablagerungen auf der Innenwandung der Kunststoffrohre.

Bild 2: Aufgeschnittenes Kunststoffrohr mit den massiven Kalkablagerungen (Quelle: Sonderdruck Sanitär+HeizungsTechnik 1998-2001)

Ein ähnliches Phänomen hat man bei den ersten Heizungsrohren aus Kunststoffrohren festgestellt, nachdem metallische Komponenten im Heizungssystem, das aus Kunststoffrohren bestand, korrodierten.

In einem geschlossenen Heizungssystem kann es eigentlich nicht zu weiteren Korrosionserscheinungen kommen, wenn der Sauerstoff einmal abreagiert ist. Solange kein neuer Sauerstoff durch Frischwasser nachströmt, ist eine Korrosion ausgeschlossen.

Allerdings kann der Sauerstoff auch durch diffusionsoffene Kunststoffleitungen in das Heizwasser eindiffundieren und dadurch die Korrosionen an den nachgeschalteten metallischen Komponenten im Heizungssystem verursachen. Die Folgeschäden in Form von Durchfeuchtungen waren bzw. sind in der Regel durch die Leitungswasserversicherung gedeckt, da Leckagen durch die korrodierten Bauteile entstanden.

Undichtigkeiten an Heizungsverteilern aus Kunststoff

Bei der Verwendung von Kunststoffrohren ist auf die Längenausdehnung zu achten. Durch die Temperaturerhöhung verändert sich das Volumen der Rohre, was zu einer Veränderung der Wanddicke des Rohres führen kann, wenn die Längenausdehnung behindert wird.

Das Kunststoffrohr wird durch die Temperatureinflüsse „bearbeitet“ und weicht diesen äußeren Einflüsse durch Ausdehnung  (Erwärmung) oder Verkürzung (Abkühlen) aus. Dabei können starke Zugspannungen entstehen, die dann verschiedene Schadbilder aufweisen. Wenn die Kräfte sehr groß sind, können Verteiler bei nicht ordnungsgemäßer Befestigung sogar aus ihrer Verankerung gerissen werden.

Aber auch Klemm-/Pressverbindungen können durch diese Kräfte so stark in Mitleidenschaft gezogen werden, dass die Verbindungen undicht werden. Sowohl aus den Segmentfugen des roten Vorlaufverteilers als auch beim blauen Rücklaufverteiler tropfte Heizungswasser (Bild 3). Die Undichtigkeiten in den Heizungsverteilern in Bild 3 wurden durch die O-Ringe zwischen den Kunststoffsegmenten verursacht.

Die O-Ringe waren für die Ausdehnungen von Kunststoffen nicht geeignet. Der Hersteller wies extra darauf hin, dass sich die Rohre beim Abkühlen um ca. 15 cm (!) verkürzen und ein Wiederanschließen sehr schwierig wird. Die O-Ringe hatten andere Ausdehnungskoeffizienten und waren dadurch verkürzt und konnten somit die einzelnen Kunststoffsegmente nicht mehr ausreichend abdichten.

Bild 3: Undichte Heizungsverteiler durch die Leckagen au den Kunststoffsegmenten (Quelle: Sonderdruck Sanitär+HeizungsTechnik 1998-2001)

Plastische Verformungen von Kunststoffrohren aus PVC

Durch zu hohe Temperaturen infolge eines Defektes  des Sicherheitstemperatur-begrenzers weiteten sich die Warmwasserrohre hinter dem elektrisch beheizten Warmwasserboiler auf. Dadurch wurden die Sicherheitstemperaturen von 85 °C vom Hersteller um 25 °C überschritten. Infolgedessen führte dies nach dem Rohrbruch an den Armaturenanschlüssen zu einem massiven Leitungswasserschaden.

Bild 4: PVC-Rohre in der TWI warm mit aufgeblähten Rohren (Quelle: Sonderdruck Sanitär+HeizungsTechnik 1998-2001)

Zu hohe Temperaturen durch Legionellenprophylaxe führt zum Aufblähen und platzen der Warmwasserrohre aus Verbundwerkstoff

Für die Warmwasseraufbereitung einer Wohnlage für betreutes Wohnen steht ein zentraler Warmwasserspeicher mit 500 l im 1.OG zur Verfügung. Die Wohnanlage wurde 1999 errichtet, ist nicht unterkellert und umfasst 20 Wohnungen.

Von der Warmwasserzentrale werden alle Wohnungen zentral mit Warmwasser versorgt. Um den hygienisch gesteigerten Anforderungen (Legionellen Prophylaxe) zu genügen, wurde die Temperatur für das erwärmte Trinkwasser auf über 80 °C erwärmt, damit auch an allen Endzapfstellen 65 ° C erreicht wird. Diesen Temperatur-anforderungen sind die Warmwasserleitungen aus dem Verbundwerkstoff nicht gewachsen.

Im Warmwasser kam es zum Aufblähen der Verbundrohre unter den erhöhten Wassertemperaturen und dem Wasserdruck. Dies führt dann letztlich zum Platzen bzw. Reißen der Rohre mit einem immensen Feuchtigkeitsschaden, da im Gegensatz zu relativ kleinen Korrosionsstellen in Leitungen aus Metall, die Risse wesentlich größer sind und damit ein erheblich größerer Wasseraustritt in kürzerer Zeit verursachen (Bild 5). Durch die erhöhte Temperatur blähen sich die Kunststoffverbundrohre stark auf, wie im Bild 6 erkennbar.

Bild 5: Geplatztes Verbundrohr (Bildquelle: Georg Scholzen, Provinzial Versicherung AG)

Planungsfehler

Bei diesem Fall zeigt sich, wie wichtig der Planer ist, der die Einsatzbedingungen der die einzelnen Werkstoffe und Bauteile auf die Betriebsbedingungen abstimmt. Das Rohr aus hochvernetzem Kunststoff war als Warmwasserleitungen hinter dem Wärmetauscher eingebaut.

Bild 7: Aufgeblähtes und aufgeplatztes hochvernetztes Kunststoffrohr aus Polyethylen (Quelle: Sonderdruck Sanitär+HeizungsTechnik 1998-2001)

Dieses Schadenbild lässt auf ein Überschreiten der max. zulässigen Temperatur und Drücken in einem entsprechenden Zeitdauer schließen. Diese Schäden sind sowohl aus Trinkwassererwärmungsanlagen als auch von Heizungsanlagen bekannt.

Fazit

Dr. Georg Scholzen ist Diplom-Chemiker mit über 20 Jahren Erfahrung in der Verhütung von Leitungswasserschäden. Er war u.a. Sprecher der Projektgruppe „Leitungswasser“ des GDV, Mitglied im Projektkreis „Betrieb und Wartung“ beim DVGW (Deutscher Verein des Gas- und Wasserfaches e.V.), Autor des Fachbuches „Leitungswasserschäden: Vermeidung – Sanierung – Haftung“ und der Experte im FORUM LEITUNGSWASSER der AVW Unternehmensgruppe. 

Diese dargestellten Schäden sind ohne Probleme vermeidbar, wenn man die Grundregeln berücksichtigt und die Anleitungen der Rohrhersteller berücksichtigt. Dazu bedarf aber gut ausgebildetes Fachpersonal und die Berücksichtigung der Einsatzgrenzen und Betriebsbedingungen von den Herstellern. Gleichzeitig zeigen aber auch geänderte Betriebsbedingungen wie Temperaturerhöhung zwecks Legionellenprophylaxe ein grundsätzliches Problem: Wenn die Betriebsbedingungen notwendigerweise verändert werden müssen, kann es dramatische Auswirkungen auf die Nutzungsdauer der Installation haben.

Dies ist bei Veränderungen der Betriebsbedingungen immer wieder zu beachten. Daher ist eine Dokumentation der Anlage mit den Grenzen durch das Rohrmaterial und den Herstellerangaben insbesondere bei Kunststoffrohren auch nach Jahren umso wichtiger. Damit vor Betriebsänderungen geprüft werden kann, welche Auswirkungen dies auf das jeweilige Installationssystem haben kann.

Dr. Georg Scholzen

In der nächsten Folge werden Schäden an Mehrschichtverbundrohre vorgestellt.


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