Punkthaus und Ziegel als Leidenschaft

Der Fokus des österreichischen Ablegers des Architekturbüros schneider+schumacher mit Hauptsitz in Frankfurt am Main liegt auf dem Wohnbau. Ein Jahrdutzend nach Gründung zieht der Geschäftsführer des Wiener Büros, Eckehart Loidolt, Bilanz.
— FRANZISKA LEEB

Kein Wohnbau, sondern der Wettbewerbsgewinn für das 2011 fertiggestellte Forschungs- und Entwicklungszentrum der Firma Fronius im oberösterreichischen Thalheim bewog Till Schneider und Michael Schumacher, ein Büro in Wien zu eröffnen. Es bestand zunächst aus Eckehart Loidolt, der s+s Wien von einem Schreibtisch der befreundeten Bauingenieure Bollinger+ Grohmann am Schwedenplatz aus führte. Mittlerweile firmiert das zwölfköpfige Team an der Ecke Gölsdorfgasse/ Franz-Josefs-Kai im ersten Wohnhaus des Architekten Heinrich von Ferstel, einem denkmalgeschützten Ziegelbau im neugotischen Stil aus dem Jahr 1862.

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Das Büro schneider+schumacher arbeitet in allen Maßstäben und Bauaufgaben auf der ganzen Welt. Die Filiale in Wien ist im Wohnbau sehr erfolgreich. Wie kam es dazu?

Das Fronius-Firmengebäude in Wels-Thalheim wurde komplett von Frankfurt aus bearbeitet. Wir haben hier bei null begonnen und uns die Aufträge selbst erarbeitet. Der erste wichtige Wettbewerbserfolg war 2011 der Bauträgerwettbewerb „Kostengünstiges Wohnen“ in der Wiener Podhagskygasse.

Eckehart Loidolt

Diese 2014 fertiggestellte Wohnhausanlage habt ihr fünf Jahre später nach Deutschland sozusagen exportiert.

Ja, wir haben uns damit beim Architekturpreis „Wohnen für Alle: Neues Frankfurt 2019“ des Deutschen Architekturmuseums beworben. Es ging um bezahlbares Wohnen. Aus 131 Projekten wurden zehn Finalisten gewählt, die sich damit für ein Konzeptverfahren auf dem Frankfurter Baugebiet Hilgenfeld qualifiziert haben. Unser Projekt „Max und Moritz“ war eines der Siegerprojekte und wird nun auch gebaut.

Eckehart Loidolt

Welche Parallelen finden sich darin zur Podhagskygasse?

Wir befassten uns auch dort mit dem Thema Punkt- oder Kernhaus. Die kompakte Anordnung der Wohnungen um den Erschließungskern ermöglicht hohe Flexibilität bei den Grundrissen, und man kann durch das Variieren mehrerer Grundbausteine Vielfalt erzeugen.

Französische Fenster sorgen einheitlich für die gute Belichtung aller Räume. Mit „Max und Moritz“ wollten wir eine Alternative zu den in Deutschland sehr verbreiteten Stangen anbieten. Immer nur langgezogene Kisten bauen, das ist nicht die Lösung. Uns interessiert, die Waage zwischen Gestaltung und Ökonomie zu halten.

Eckehart Loidolt
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Ist das Punkthaus generell Euer bevorzugter Typus?

Es handelt sich um eine sehr leistungsfähige Typologie, und es ist immer eine Frage der Körnung, ist also auch ein städtebauliches Thema. Oft hat man als Vorgabe, möglichst keine Nordwohnungen zu bauen, das lässt sich über die Stellung der Baukörper gut regulieren, und die Eckwohnungen sind immer nach zwei Seiten orientiert. Wir bringen das Tageslicht von oben in das Stiegenhaus, um freundliche Erschließungsräume zu erhalten.

Eckehart Loidolt

Bei „Max und Moritz“ war es Euch wichtig, auf ein Wärmedämmverbundsystem zu verzichten. Kommt man darum herum, wenn Leistbarkeit das oberste Ziel ist? Es gilt auch in vielerlei Hinsicht als die einfachste Lösung.

So ist es, daher wird es als Standard landauf landab gebaut. Wenn alle das Gleiche machen, dann läuft das, wie man in Wien sehen kann. Aber aus ökologischer Sicht kommen andere Fragen auf. Wir haben eine „Abneigungsgruppe Wärmedämmverbundsystem“ im Büro.

Plakativer Ausgangspunkt war der Brand eines Hauses mit WDVS in Frankfurt – ein Fassadenvollbrand, der für die Feuerwehr sehr schwer zu löschen war. Ich habe die Rauchsäule selbst gesehen. Die Abneigung teilen wir mit vielen anderen. Es ist kein besonders schönes Material und auch nicht schön zu verarbeiten.

Eckehart Loidolt

Daher befasst Ihr Euch nun mit dem monolithischen Ziegelbau

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