„Preisanpassung“ einseitig und ohne Einverständnis der Verbraucher – Verbraucherschützer erwägen eine Klage wegen Irreführung der Kunden

Ein norddeutscher Energielieferant bietet Gutschriften für Kunden, die auf seine umstrittenen Preisanpassungen eingehen. Was das Unternehmen verschweigt: Wenn in einem laufenden Prozess die aktuelle Tarifgestaltung für ungültig erklärt wird, dürften viele seiner Kunden mit wesentlich größeren Entlastungen rechnen. Experten des Marktwächters Energie warnen die Verbraucher davor, dem Angebot der HanseWerk Natur GmbH frühzeitig ohne weitere Prüfung zuzustimmen

Der norddeutsche Energielieferant HanseWerk Natur GmbH, der zum E.ON-Unternehmensverbund gehört, überraschte seine Kunden im Jahr 2015 mit teilweise saftigen Preiserhöhungen. Das Pikante dabei: Der Anbieter nahm die „Preisanpassung“ einseitig und ohne Einverständnis der Verbraucher vor.

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Anlass genug damals für die Verbraucherzentrale Hamburg, dieses Vorgehen gerichtlich überprüfen zu lassen. Die mündliche Verhandlung ist für diesen Herbst angesetzt. Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) hatte bereits im vergangenen Jahr gegen zwei Fernwärmeversorger Urteile erwirkt, die einseitige Preisanpassungen untersagten. Offenbar in Befürchtung eines für sie ähnlich ungünstigen Urteils schreibt die HanseWerk Natur GmbH nun ihre Kunden an und bittet sie um ausdrückliche Zustimmung zum neuen Tarif. Als Anreiz bietet sie die Gutschrift von 100 kWh, für besonders schnelle Rückmeldungen gar das Doppelte.

„Sollte die einseitige Preisanpassung von den Gerichten für ungültig erklärt werden, dürften die Einsparungen für viele Kunden der Hansewerk Natur GmbH höher sein als die Gutschrift, die der Energielieferant selbst anbietet. Wer auf dieses Angebot eingeht, würde seine Ansprüche allerdings womöglich verlieren“, warnt Svenja Gesemann, Leiterin des Marktwächters Energie beim vzbv. „Wer das nicht riskieren möchte, lässt das Schreiben des Anbieters deswegen am besten unbeantwortet und widerspricht schriftlich der ursprünglichen Preisanpassung.“

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Beispiel in Zahlen

Für einen typischen Fernwärmekunden, der 10.000 Kilowattstunden pro Jahr abnimmt, bedeutet die Preisänderung von damals eine Erhöhung der Gesamtkosten (Grundkosten + Arbeitskosten) um 236,02 Euro von 987,42 Euro auf 1.223,44 Euro netto.

Bezogen auf den spezifischen Preis nach der Preisänderung in Höhe von 12,2 Ct/kWh (1.223,44 Euro / 10.000 kWh) entspricht ein 100-Kilowattstunden-Bonus dann einem Betrag von 12,20 Euro netto. Bezieht sich der Bonus auf die abgenommene Arbeit, ergibt sich sogar nur ein Betrag von 7,92 Euro netto für 100 Kilowattstunden.

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