Von Dietmar Schickel
Aktuell hat das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung einen Überblick über die Ausbausituation der Glasfasernetze in Deutschland veröffentlicht. Parallel wurde ein Eckpunktepapier des BMDS bekanntgegeben, in dem Maßnahmen zur weiteren Beschleunigung des Ausbaus, insbesondere der Netzebene 4 („Hausverteilanlagen“), festgelegt werden sollen. Allerdings mit weitreichenden Zugeständnissen für die Glasfaser-Anbieter – Ärger mit der Wohnungswirtschaft ist vorprogrammiert.
Der Bericht zeigt auf, dass der Glasfaserausbau in Deutschland deutlich an Geschwindigkeit gewonnen hat. Bis Mitte 2024 wurde die mögliche Versorgung der privaten Haushalte innerhalb von zwei Jahren auf rund 35,7 Prozent nahezu verdoppelt. Das entspricht einem Zuwachs von 1,8 Millionen Haushalten pro Halbjahr.
Der Großteil der Haushalte ohne Glasfaserversorgung liegt nach wie vor in städtischen (15,1 Mio.) und halbstädtischen Gemeinden (8,9 Mio.). In ländlichen Gebieten sind noch 2,9 Millionen Haushalte unversorgt. Dort soll ein großer Teil der noch nicht angeschlossenen Adressen in absehbarer Zeit weiterhin durch Förderung erschlossen werden.
Ausbau und Mitnutzung gebäudeinterner Infrastruktur
Die gleichzeitig angestrebte Anpassung des Telekommunikationsgesetzes rückt den Ausbau der gebäudeinternen Netze, die sogenannte Netzebene 4 (NE4), in den Vordergrund. Klares Ziel der Bundesregierung ist, dass Mehrfamilienhäuser mit einem Glasfaseranschluss bis in jede Wohnung ausgestattet werden (FTTH „Fiber-To-The-Home“).
Um alle Anschlussziele zu erreichen, beabsichtigt man allerdings den gesetzlichen Rahmen für den Glasfaserausbau in Gebäuden zu erweitern und zudem weiterhin einen offenen Zugang zur NE4 zu forcieren.
Einen anderen Beschleuniger für den Netzausbau hat der Gesetzgeber dagegen bereits realisiert. Um zumindest den Ausbau in Städten und in der Fläche mit weniger verwaltungstechnischen Hemmnissen zu belasten, hat die Bundesregierung beschlossen, dass der Ausbau von Glasfasernetzen künftig „im überragenden öffentlichen Interesse“ liegt. Kurz nach der Verabschiedung ist das Gesetz bereits am 30. Juli 2025 in Kraft getreten.
Das drei Netze Haus
Bisher sind in der Regel zwei Infrastrukturen im Gebäude vorzufinden – die Telefonleitung („Kupfer-Doppelader“) und das koaxiale Kabel. Beide Infrastrukturen führen in die meisten Wohnungen und sind geeignet für Telefon, Internet und TV und auch zur Übertragung schmalbandiger Daten für die Gebäudetechnik. Bei der Installation der dritten Infrastruktur in Glasfaser ergibt sich damit häufig das Problem, dass eine direkte Nutzung dieser Glasfaser eher zögerlich angenommen wird. Trotzdem sollte der Ausbau auch in diesen Fällen forciert und die Voraussetzungen für einen Wohnungsanschluss mit Glasfaser geschaffen werden. Kupfer-Doppelader und koaxiale Infrastruktur werden bei entsprechendem Bandbreitenbedarf an ihre physikalischen Grenzen stoßen.
Ein jetzt vorgenommener Ausbau mit Glasfaser erfolgt dagegen häufig kostenfrei und sichert auch zukünftig die Versorgung aller Teilnehmer im Haus mit hohen Bandbreiten. Zudem kann durch einen eigenbestimmten Ausbau ein möglicher „Wildwuchs“ der Installation durch unterschiedliche Glasfaser-Anbieter verhindert werden.
Die Zukunft “Glasfaser-Only“
Zurzeit drängen viele neue Anbieter in die Gebäude und bieten einen Glasfaserausbau bis zum Gebäude oder bis in die Wohnungen an. Tatsächlich besteht für Immobilieneigentümer gegenüber allen Anbietern eine Duldungspflicht für den Hausanschluss (§ 134 TKG), und zwar für einen Anschluss der Gebäude an „Netze mit sehr hoher Kapazität“.
- Hier sind Wohnungsunternehmen häufig unsicher, ob ein solcher Anschluss zu gestatten sei. Allerdings gibt es kaum ein Argument, um einen solchen Anschluss zu verweigern.
- Hier beabsichtigt der Gesetzgeber zudem eine weitere Verschärfung des TKG, der über die Gestattung des Gebäudeanschluss hinausgeht und faktisch jedem Anbieter, der einen Anschluss realisieren möchte, die Möglichkeit eröffnet einen Vollausbau jeder Wohnung mit Glasfaser vorzunehmen. Ein Eingriff in die Rechte von Eigentümer, die von den wohnungs-wirtschaftlichen Verbänden klar abgelehnt wird!
Der Status Quo
Wie ist dies aber aktuell zu bewerten, wenn ein vorhandener Gestattungsvertrag mit einem klassischen Kabelnetz-Betreiber die Installation eines weiteren „Breitbandnetzes“ untersagt und eine entsprechende Exklusivitätsklausel aufgenommen wurde.
Hier ist auf jeden Fall eine sachgerechte Prüfung vorzunehmen – zumal diese Exklusivität häufig durch einen Hinweis auf die bereits heute geltenden Gesetzeslagen aufgehoben wird. Das heißt, dass sich die Exklusivität faktisch nur auf die koaxiale Infrastruktur bezieht und die Errichtung einer Glasfaser-Infrastruktur bis in die Wohnungen davon nicht tangiert wird, da es jetzt schon jedem Anbieter freisteht, bei Vorliegen eines Teilnehmervertrages seine Leistung in den Räumen des Teilnehmers abzuschließen (§ 77k Abs. 1 a. „Wohnungsstich“).
Das bedeutet, dass der Netzbetreiber eigentlich sein Netz ohne Gestattung des Eigentümers in den Räumen des Teilnehmers abschließen darf – dass dies Irritationen und Unverständnis auf Seiten vieler Eigentümer hervorruft, ist nachvollziehbar, auch wenn sich dies nur auf einen einzelnen Wohnungsanschluss bezieht. Eine gesetzliche Regelung, die bei Vorliegen nur eines Vertrags bereits einen Vollausbau gestattet, ist schlichtweg eine Unmöglichkeit!
Hier hilft eine sachgerechte Beratung, dies zu verhindern oder in die richtigen Bahnen zu lenken. Der Anschluss eines einzelnen Teilnehmers macht eigentlich keinen Sinn, da der Aufwand, sich regelmäßig mit einer solchen Installationsfreigabe zu beschäftigen, dauerhaft zu einer höheren Belastung führt und eigentlich mit sonstigen Aufgaben genug zu tun ist. Also wäre ein sofortiger Komplettausbau auf jeden Fall sinnvoller als ein regelmäßig bedarfsgetriebener Ausbau, der zudem mit einem Glasfaser-Anbieter vereinbart werden kann – zumal jetzt noch attraktive Konditionen und Vertragsbedingungen vereinbart werden können, und zwar unabhängig von bereits bestehender Infrastruktur.
Eine eigene Glasfaser-Strategie und ein selbstbestimmter Ausbau, ist auf jeden Fall gesetzlicher Gängelei vorzuziehen.
Schwarze Schafe im Glasfaser-Haustürvertrieb
Wo Licht ist, ist auch Schatten – manche Netzbetreiber gehen derzeit sehr aggressiv bei der Vermarktung von Glasfaser vor. Viele Wohnungsunternehmen stehen dann vor der Herausforderung, wie man die eigenen Mieter und das Unternehmen vor solchen dubiosen Methoden schützt. Experten empfehlen: Setzen Sie klare Spielregeln für den Haustürvertrieb und informieren Sie Ihre Mieter rechtzeitig!
Die TK-Branche schaut dem Treiben nicht tatenlos zu. Ein branchenweiter Haustürkodex sorgt für Transparenz und Vertrauen und sortiert sehr schnell die schwarzen Schafe im Vertrieb aus. Das Interesse von vielen Mietern ist zudem unabhängig von Vertriebsmaßnahmen gegeben und sorgt für Entscheidungsdruck, sodass der Glasfaserausbau sowieso auf der Tagesordnung vieler Immobilien-unternehmen steht.
Zeit zu handeln
Es ist davon auszugehen, dass neben dem spürbaren „Mieterdruck“ auch die avisierten gesetzlichen Vorhaben zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes weitgehend umgesetzt werden. Inwiefern die an das Ministerium versandten Brandbriefe der Verbände eine positive Anpassung zu Gunsten der Wohnungswirtschaft bewirken, bleibt abzuwarten.
Sicher ist nur, dass selbstbestimmtes Handeln aktuell die beste Option darstellt einen Glasfaseranschluss für die eigenen Liegenschaften zu realisieren, statt abzuwarten. Ausgehandelte verlässliche Rahmenbedingungen, Planungs- und Investitionssicherheit sind auf jeden Fall einem Regulierungszwang vorzuziehen.
Dietmar Schickel, Jahrgang 55, gehört zu den Männern der ersten Stunde im deutschen Kabel-TV-Geschäft. Nach seiner langjährigen Geschäftsführung beim Kabelnetzbetreiber Tele Columbus feiert er mit seinem Beratungsunternehmen DSC Dietmar Schickel Consulting bereits letztes Jahr 10jähriges Firmenjubiläum. Mit mittlerweile 20 Partnern bietet man für Immobilienunternehmen aller Art unter anderem in Sachen Glasfaserausbau und Klima & Energie Themen Beratungsleistungen bei Angebotsabfragen und Ausschreibungen an (www.schickel.de).