Die Stadt Hamburg verhandelt derzeit mit VNW-Mitgliedsunternehmen, wie es nach dem Auslaufen von Erbpachtverträgen weitergeht. Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW): „Wenn eine Stadt wie Hamburg bei der Umwandlung von bebauten Grundstücken von Pacht auf Kauf in wenigen Jahren von Bodenerichtwertsteigerungen von über 800 Prozent profitieren will, dann riskiert sie nicht nur den bezahlbaren Wohnraum, sondern verhält sich wie jeder erstbeste Immobilienspekulant. Unsere Mitgliedsunternehmen garantieren den bezahlbaren Wohnraum und wollen fair behandelt werden. Sie wollen lieber kaufen als weiter pachten. Die Stadt fällt mit ihrem Vorgehen der eigenen Wohnungspolitik in den Rücken, die darauf gerichtet ist, verstärkt bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Und sie lässt ihre wohnungspolitischen Partner mit den Problemen im Regen stehen.
„Die VNW-Unternehmen in Hamburg vermieten mehr als 25.000 Wohnungen auf Grundstücken, die ihnen nicht gehören. Sie haben für diese Grundstücke – meist vor Jahrzehnten – ein Erbbaurecht von der Stadt erworben und darauf die Wohngebäude errichtet. Gut 500 dieser Verträge wurden vorwiegend in den 20er und 30er Jahren des vergangenen Jahrhunderts geschlossen. Bei vielen davon steht das Ende ihrer Laufzeit kurz bevor.
Schwierige Verhandlungen mit der Finanzbehörde
Die Stadt kann sich nun entscheiden, ob das Erbbaurecht ohne weiteres Zutun durch Zeitablauf erlischt, ob sie das Grundstück an das Wohnungsunternehmen verkauft oder den bestehenden Vertrag verlängert. Es beginnen schwierige Verhandlungen mit der Finanzbehörde, bei der regelmäßig die Gewinnmaximierung und nicht der Erhalt des über Jahrzehnte bereitgestellten, bezahlbaren Wohnraums im Vordergrund steht.
Das Problem besteht darin, dass die Stadt bei einer Verlängerung des Erbbaurechtsvertrages oder bei der Ermittlung des geforderten Kaufpreises den aktuellen Bodenrichtwert zu Grunde legt, den der Gutachterausschusses auf Basis tatsächlich abgeschlossener Grundstücksverkäufe ableitet. In den vergangenen Jahren sind aber die Grundstückspreise in Hamburg überdurchschnittlich stark gestiegen. Diese ungebrochene Entwicklung wird vor allem durch die Gewinnfantasien von privaten Verkäufern und Käufern angetrieben.
Die VNW-Wohnungsunternehmen sind an diesen Grundstücksgeschäften aber gar nicht beteiligt, weil sie als sogenannten Bestandshalter ihre Grundstücke oder Erbbaurechte nicht verkaufen, sondern bebauen und die Wohnungen über Jahrzehnte zu bezahlbaren Preisen vermieten. Deshalb profitieren sie auch nicht von der damit verbundenen Marktentwicklung und den steigenden Immobilienpreisen.
Wenn die Stadt Hamburg jetzt auch im Wohnungsbau verstärkt auf Erbbaurecht setzen will, benötigt sie für die Fortsetzung ihres ambitionierten Wohnungsbauprogramms Partner, die sich darauf verlassen können, dass am langen Ende der Vertragslaufzeit nicht unlösbare Probleme drohen. Um dieses Vertrauen in neue Verträge zu gewinnen, müssen zunächst die problematischen Altfälle einvernehmlich gelöst werden. Für den VNW gilt hier: alt vor neu!
Im Fall des Grundstücksankaufs – der von den Wohnungsunternehmen am Ende der Laufzeit des Erbbaurechts priorisiert wird – belasten die am Grundstücksmarkt gezahlten und auch von der Finanzbehörde geforderten hohen Grundstückspreise die VNW-Unternehmen direkt. Als Unternehmen, die „nur“ bezahlbare Mieten erheben, sind sie nicht in der Lage‚ überteuerte Marktpreise zu bezahlen.
Die Problematik lässt sich lösen, indem die Stadt bei der Ermittlung des Kaufpreises für den Grundstücksankauf einen – gegenüber dem aktuellen Bodenrichtwert – deutlich reduzierten Wert zu Grunde legt. Eine solche Regelung galt in Hamburg bereits während des sogenannten Aktionsmodells von 2003 bis 2005.
Im Gegenzug können sich die Wohnungsunternehmen auf wohnungspolitisch gewünschte Leistungen verpflichten, die sich insbesondere auf die Begrenzung der Mietentwicklung, einen freiwilligen Veräußerungsverzicht, die Übernahme von Sozialbindungen, den Erhalt der sozialen Durchmischung und die Weiterentwicklung des Wohnungsbestandes z.B. durch Nachverdichtung richten können.
Mieten steigen
Weil die Preisbildung der Finanzbehörde bei Verlängerung des Erbbaurechtsvertrags und beim Grundstücksankauf durch das Wohnungsunternehmen maßgeblich auf dem jeweils aktuellen Bodenrichtwert beruht, profitiert die Stadt von der Immobilienspekulation der tatsächlich am Grundstückshandel beteiligten Akteure und der daraus resultierenden galoppierenden Wertentwicklung am Immobilienmarkt. Das aber geht zu Lasten der ‚kleinen Leute‘, die diese Gewinne über höhere Mieten bezahlen müssen.
Drei aktuelle Beispiele zeigen, wie dramatisch die Situation ist.
Die Vereinigte Hamburger Wohnungsbaugenossenschaft eG soll für den Ankauf von zwölf Erbbaurechtsgrundstücken in Eimsbüttel rund 52 Millionen Euro bezahlen. Im Jahr 2005 lag der Preis noch bei rund neun Millionen Euro. Das ist eine Steigerung innerhalb von zwölf Jahren um 577 Prozent. Derzeit liegt die durchschnittliche Kaltmiete pro Quadratmeter bei 7,10 Euro. Würde die Genossenschaft die aufgerufene Summe für den Ankauf des Grundstücks akzeptieren, würde die Kaltmiete um rund fünf Euro auf 13 Euro pro Quadratmeter steigen.
Die Wichern Baugesellschaft mbh führt seit drei Jahren die Verhandlungen über den Ankauf eines Grundstücks in Winterhude. In den drei Verhandlungsjahren Jahren ist der ‚Preis‘ von 3,5 Millionen Euro auf 5,23 Millionen Euro gestiegen. Auf dem Grundstück stehen rund 250 Wohnungen. In der Wohnanlage liegt die Netto-Kaltmiete pro Quadratmeter derzeit zwischen 6,10 Euro und 8,40 Euro. Die Durchschnittskaltmiete beträgt 7,19 Euro pro Quadratmeter…