Durch Kooperation zu urbanen Qualitäten

Wie sehr die Widmung „Gemischtes Baugebiet-Geschäftsviertel“ – noch dazu an einer Hauptverkehrsader – die Bauträger fordern kann, zeigte sich beim Praxis-Check der Wohnen Plus Akademie in Kooperation mit WohnenPlus, in der Triester Straße 40. Aber auch, dass mit guter Kooperation komplexe Angelegenheiten zu einem befriedigenden Ende zu bringen sind.
FRANZISKA LEEB

Triester Straße – das klingt verheißungsvoll nach dem Weg ans Meer. Der Wiener Abschnitt der ehemaligen Bundesstraße B17 zählt allerdings nicht zu den Sehnsuchtsorten, man kennt ihn hauptsächlich vom Durchfahren.

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Um die 55.000 Kraftfahrzeuge bewegen oder stauen sich täglich zwischen Matzleinsdorfer Platz und der südlichen Stadtgrenze. Die gotische Bildsäule der Spinnerin am Kreuz und Karl Schwanzers kühnes Philipps-Hochhaus waren lang die einzigen erfreulichen Anblicke entlang einer Hauptverkehrsader, die man nicht zu den Top-Adressen zählt.

Doch längst macht sich ein Umbruch bemerkbar, der eine neue Ära der Straße in den Süden einläutet. Seit zwei Jahren begleitet den Straßenzug vor der Kreuzung mit der Kundratstraße auf einer Länge von 150 Metern ein Gebäude mit einer vorgeblendeten gewellten Streckmetallfassade. Was sich dahinter verbirgt, erschließt sich schwer.

Das liegt auch daran, dass die Stadtgestaltung es untersagte, einen zwölf Meter hohen Pylon zu errichten, der die entsprechenden Informationen liefern hätte können. Aber das ist nur eine kleine Fußnote in der langwierigen, komplexen und ereignisreichen Entwicklungsgeschichte.

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Kompetenzen bündeln

Ihren Anfang nahm sie 1991 mit einem Städtebaulichen Gutachterverfahren, dem weitere Studien folgten. 2012 erwarben BWS-Gruppe, Neues Leben und WBV-GPA das Grundstück und beauftragten die Architekten, deren Vorschlag Jahre zuvor zur Weiterbearbeitung empfohlen wurde – Otto Häuselmayer sowie Europroject – mit der konkreten Planung.

„Jeder der drei Bauträger hätte die Kapazitäten gehabt, das Grundstück zu kaufen und zu bebauen“, betont WBV-GPA-Chef Michael Gehbauer. Da aber die die WBV-GPA auf dem Nachbargrundstück bereits das Hochhaus K6 errichtet hatte, die BWS-Gruppe nicht weit entfernt eine große Anlage besitzt und zudem damals am Margaretengürtel residierte, kam es in einer Mischung aus emotionaler Nähe zum Ort und dem Bestreben, Kompetenzen zu bündeln, zur Kooperation der drei Partner.

Diese schildern sie heute als äußerst harmonisch, wenngleich es in der Planungs- und Bauphase etliche Imponderabilien zu meistern galt, die eine eigene Geschichte wert wären.

Schwierige Mieterfindung

Heute sind ein Drogeriemarkt und ein Lebensmitteldiscounter im Erdgeschoß eingemietet, die Zentrale der BWS-Gruppe nimmt drei Geschosse ein, weiters liegt straßenseitig auf vier Etagen ein Stuwo- Studentenheim, dazu Wohnen in verschiedenen Formen und ein Kindergarten.

Siegfried Igler, Prokurist bei Neues Leben, berichtet von tage- und nächtelangen Beratungen über sinnvolle Nutzungen: „Am Anfang wollten wir die Gewerbeflächen verkaufen, damit wir dann nicht mehr damit zu tun haben.“ Prompt fand sich ein großer österreichischer Hypermarkt-Betreiber, der darauf einstieg.

Einen Tag vor dem Spatenstich ist er abgesprungen und man musste – nachdem schon viel Zeit verbraucht wurde, um eine Umweltverträglichkeitsprüfung zu vermeiden – wieder bei potenziellen Mietern, denen man zuvor schon abgesagt hat, Klinkenputzen gehen. Auch die Frage, wie die straßenseitigen Obergeschoße sinnvoll bespielt werden, bereitete Kopfzerbrechen.

Wohnen an der Triester Straße war nicht gestattet, „gewerbliches Wohnen“ – also zum Beispiel ein Studentenheim – hingegen schon. Als Geschäftsmieter fanden sich ein großer Drogeriemarkt und ein deutscher Discounter. Immer wieder änderten sich Anforderungen. Auch ein Fitnesscenter war im Gespräch, kam dann doch nicht, also nahm die BWS-Gruppe Flächen dazu und vermietet nun eine ihrer Büroetagen an die Gewerkschaft Vida.

Anstatt des ursprünglich für vier Gruppen geplanten Kindergartens musste ein doppelt so großer her, nachdem ein neuer Betreiber auf den Plan trat. „Das Schlimmste war die Verortung und Entflechtung der verschiedenen Funktionen“, erinnert sich Siegfried Igler. Und das Schönste?

„Dass es drei Gemeinnützige waren, die den anderen gegenübersaßen.“ Igler will gar nicht daran denken, wie es mit privaten Wohnbauträgern gelaufen wäre, mit denen die Abstimmung weniger leichtgefallen wäre.

Freundliche Stimmung

Auch die Planer waren gefordert, umso mehr, als Europroject-Chef Anton Müller während der Bauphase verstorben ist. Die gewellte Streckmetallfassade ist ein Kompromiss zwischen der im Wettbewerb vorgeschlagenen Schallschutz- und Klimafassade aus Glas und einem preiswerten „Hasenstallgitter“, wie Alexander Trippel von Europroject berichtet.

Eine Begrünung war wegen der Brandschutzvorschriften nicht möglich. Die gibt es dafür in üppiger Form im Inneren in der von Gerner Gerner plus geplanten BWSG-Zentrale. „Wir sind kein Wohnungshändler, sondern eine bestandhaltende Genossenschaft“, daher sei der Ort des Firmensitzes für das Unternehmen identitätsstiftend, so BWS-Vorstand Jürgen Dumpelnik…

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