Droht die Gefahr des Greenwashings?

Anna Detzlhofer

„Das Spektrum zwischen klimarelevanten und dekorativen Maßnahmen ist sehr groß.“

Anna Detzlhofer

Die Überhitzung der Städte ist eine Tatsache und Tropennächte sind längst spürbar. Maßnahmen zu setzen ist das Gebot der Stunde. Als Landschaftsarchitekten nehmen wir die Zukunft vorweg, wir schaffen die Realitäten von morgen und planen dafür kühle und klimafitte Orte mit blau-grüner Infrastruktur, an denen ein angenehmer Aufenthalt für uns und für viele Generationen möglich ist.

Für einen angenehmen Aufenthalt in den Städten sind Bäume die beste Maßnahme, denn Bäume bewirken einiges: Ein gesunder und ausgewachsener Stadtbaum spendet 150 Quadratmeter Schatten und kühlt seine Umgebung um bis zu drei Grad. Aber sie brauchen Platz. Im engen Korsett der gewachsenen Stadt bleibt uns Planenden oft nur die Umgestaltung der Straßenräume oder die freien Fassaden und Dächer bestehender Bauten. Wo es der Platz im Untergrund erlaubt, hält mit der Schwammstadt eine Technologie Einzug, die Stadtbäumen mehr Wurzelraum zugesteht und nachhaltiges Wassermanagement ermöglicht. Das ist innovative, blaugrüne Infrastruktur, die langfristig gesündere Stadtbäume schafft und glücklicherweise immer mehr zum State of the Art der urbanen Landschaftsplanung wird.

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In dichter bebauten Räumen muss mit effizienter Bauwerksbegrünung gekühlt werden. Gut gemachte Bauwerksbegrünung reduziert den Energiebedarf und senkt die Temperaturspitzen sowohl im Winter als auch im Sommer: Während sich versiegelte Oberflächen im Sommer bis auf 40 bis 70 Grad aufheizen, behalten Gründächer und -Fassaden auch im Hochsommer eine Oberflächentemperatur von 30 Grad. Auf Straßenniveau entstehen in Gassen ohne Bäume sommerliche Temperaturen von 41 bis 45 Grad. Würde dieselbe Gasse radikal begrünt, hätte sie im Sommer eine Aufenthaltstemperatur von 30 bis 35 Grad.

Das Spektrum zwischen klimarelevanten und dekorativen Maßnahmen ist sehr groß – besonders bei der Fassadenbegrünung. Grüne Wände sind optisch schnell wirksam, aber leider auch pflegeanfällig. Bei der Dachbegrünung bedeutet effiziente Begrünung zum Beispiel nicht nur Mindestaufbauten zu wählen, sondern mit stärkeren Aufbauten eine intensivere Begrünung zu ermöglichen. Fakt ist: Es besteht Handlungsbedarf und Lösungen sind vorhanden. Was heute getan – oder versäumt wird – spüren nicht erst unsere Kinder, das werden wir im nächsten Sommer schon merken.

Dipl.-Ing. Anna Detzlhofer gründete in den 1990er-Jahren das Büro Detzlhofer in Wien, das 2012 gemeinsam mit Sabine Dessovic zu DND Landschaftsplanung wurde. Sie ist Ingenieurkonsulentin für Landschaftspflege und Landschaftsgestaltung.

Heinrich Kugler

„Greenwashing ist ein Thema, das man ernst nehmen muss.“

Heinrich Kugler
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Beim Bau entstehen Kosten, welche allerdings bei einer Betrachtung der Lebenszykluskosten ausgeglichen werden können. Greenwashing verzerrt das Bild. Aber die Lösung gibt es: eine seriöse Gebäudezertifizierung. Schon wieder ein neues Bürogebäude mit durchgehender Glasfassade und schon wieder ein großzügiger Dachausbau mit riesigen Glasflächen ohne entsprechenden Sonnenschutz. Man wundert sich immer wieder, dass solche Gebäude heute noch errichtet und auch noch mit diversen Umweltzertifizierungen vermarktet werden.

Greenwashing ist also ein Thema, das man leider ernst nehmen muss. Ansonsten werden die seriösen und notwendigen Umweltzertifizierungen weiterhin unterlaufen und Konsumenten wie Investoren in die Irre geführt. In der Seestadt haben wir uns dem Thema Gebäudezertifizierung gestellt, ein bewährtes System aufgesetzt und gemeinsam mit der ÖGNB einen eigenen TQB-Monitor* entwickelt. Viele Gebäude sind zusätzlich klimaaktiv zertifiziert. Seestadt-Gebäude werden nicht nur in der Planungsphase, sondern auch nach Fertigstellung und im Betrieb bewertet…

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