Den Gebäuden einen Auftritt bereiten

Geprägt von den Kindheitseindrücken in der Natur der schottischen Highlands und der Auseinandersetzung mit den Bedingungen einer Wüstenlandschaft hat der Landschaftsarchitekt Kieran Fraser auch für die Verletzlichkeit des Grüns im Dschungel der Großstadt ein feines Sensorium.
FRANZISKA LEEB

In komplexen Zusammenhängen zu arbeiten, hat Kieran Fraser früh gelernt. Landschaftsarchitekt zu werden, war für den gebürtigen Schotten das Selbstverständlichste auf der Welt, ohne zunächst eine Vorstellung zu haben, welche Vielfalt an Fragestellungen damit verbunden ist. Nach dem Landschaftsdesign- Studium bei Prof. Mario Terzic an der Universität für Angewandte Kunst in Wien übersiedelte er 2009 nach Ägypten, wo er die Chance bekam, seine Diplomarbeit umzusetzen.

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Ibrahim Abouleish, Träger des Alternativen Nobelpreises, engagierte ihn im Rahmen der Initiative Sekem als Creative Landscape Director für ein Projekt zur Erschließung von Neuland zwecks Entwicklung einer nachhaltigen Stadt in der Wüste Sinai. Die ägyptische Revolution brachte das Projekt zum Erliegen und den jungen Landschaftsarchitekten zurück nach Österreich, wo mit der Einbettung des Shoppingcenters G3 in Gerasdorf und seinen enormen Verkehrs- und Parkplatzflächen in eine neu gestaltete Landschaft gleich ein neues Großprojekt auf ihn wartete. Seit 2014 betreibt er sein Büro Kieran Fraser Landscape Design in einem Gassenlokal in der Wiener Reindorfgasse mit derzeit sechs Mitarbeitern.

Wie prägend war die Zeit in Ägypten?

Ich habe gelernt, dass es darum geht, wie man an einen Ort herangeht und wie wesentlich es ist, verschiedene Komponenten und Akteure zu orchestrieren. Die Dinge können sehr komplex werden.

Kieran Fraser

Begrünung gilt heute als Zaubermittel zur Anpassung an den Klimawandel. Wo liegen hier die größten Herausforderungen?

Es überlagern sich im Freiraum so viele Nutzungen, dass es nicht einfach ist, alles unterzubringen. Grün ist immer verletzlich und ich möchte es nur planen, wenn es eine Überlebenschance hat. Die erste Frage ist immer, worauf bauen wir auf? Solange wir Boden darunter haben, fühle ich mich wohl und da pflanzen wir, was das Zeug hält. Ein Baum ist für mich wesentlich attraktiver als eine grüne Fassade. Aber im Boden zu sein, gelingt im urbanen Raum immer seltener. Wir kämpfen um jeden Zentimeter Aufbau. Wir haben Baufelder, die komplett unterbaut sind.

Kieran Fraser
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Deshalb weicht man zusehends auf die vertikalen Flächen aus.

Ja, wobei ich hier ein Missverständnis orte. Es gibt zwei Arten von grünen Gebäuden: Jene, die per se aus ökologischer Sicht grün sind, und jene, zu deren Nachhaltigkeit Begrünungen zusätzlich beitragen. Oft geht es aber darum, ein Gebäude, das aus ökologischer Sicht eigentlich ein Dinosaurier ist, mit Pflanzen einen grünen Anstrich zu geben. Das ist nicht ganz verkehrt, aber Selbstläufer ist das keiner.

Das sind oft Intensivstationen für Pflanzen mit einem hohen Energie- und Pflegeaufwand, was ich nicht immer für sinnvoll halte. Zu dem kommt hier an den Schnittstellen zu Architektur, Statik, Bauphysik, Haustechnik und Brandschutz einiges zusammen, was die Planung mühsam macht. Freude macht mir das nur dann, wenn die Begrünung integraler Bestandteil des architektonischen Konzepts ist und aus Gebäude und Pflanzen eine stimmige Einheit entsteht.

Wie z. B. bei uns im Hof der Veitschi: Der wächst aus einem kleinen Loch in der Erde raus und begrünt die ganze Hausmauer ohne Seile, Schienen und all das Zeug. Was wir am liebsten haben, ist eine bodengebundene Begrünung, sofern die Fassade es zulässt. Aber natürlich kann man auch anders kühlende Effekte, Verschattung und eine angenehme Atmosphäre erzeugen. Wichtig ist auch, was nach innen entsteht. Die Schönheit der Pflanze, die Farbe, die Textur, der Duft – man kann viel machen, aber das erfordert auch echte Expertise und die ist in Sachen Fassadenbegrünung trotz vieler Akteure sehr dünn.

Kieran Fraser

Im Wohnbau ist der Kostenrahmen oft eng. Was ist wichtig, damit das populäre Thema „Urban Gardening“ nicht nur ein Schlagwort bleibt?

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