Abriss oder Modernisierung – Eine sachliche Einordnung von Bauprojekten von Dr. Ulrik Schlenz

Bezirksarbeitsgemeinschaft im vnw fordert angesichts aktueller Diskussion zu einem Bauvorhaben der WOGE Kiel eine ehrliche öffentliche und mediale Aufbereitung bei geplanten Bauprojekten.

„Wir sehen uns andauernd mit dem Wunsch nach mehr Wohnraum im Land konfrontiert und ebenfalls mit der gesellschaftlichen Forderung nach weiterer energetischer Optimierung für den Klimaschutz“, so Ulrik Schlenz, Vorsitzender der Bezirksarbeitsgemeinschaft Mitte im Verband Norddeutscher Wohnungsunternehmen (vnw).

- Anzeige -

Die Unternehmen im Verband stellen sich dieser Aufgabe gerne. Gerade die Genossenschaften, die als satzungsmäßigen Auftrag die sozial verantwortbare Versorgung ihrer Mitglieder mit Wohnraum sehr langfristig verfolgen. Wir haben Mitgliedsunternehmen, die das schon seit mehr als einem Jahrhundert machen.“

Dabei ist es auch notwendig den bestehenden Wohnungsbestand zu ertüchtigen. „Irgendwann ist jedes Gebäude einmal dran“, so Schlenz. „Wenn die Substanz in Ordnung ist, Wohnungen und Verkehrsflächen noch zeitgemäß sind oder so ertüchtigt werden können und die dabei entstehenden Kosten im vernünftigen Verhältnis zu dem erreichten Ziel steht, dann wird saniert – ansonsten gibt es einen Ersatzneubau. So erhalten wir den Wohnraum und das Vermögen unserer Mitglieder.“

Abriss – Chance und Last zugleich

„Wenn bestehender Wohnraum für neuen weichen muss, ist das Chance und Last zugleich“, führt Schlenz, der selbst im Vorstand bei der Wankendorfer Baugenossenschaft laufend vor diesen Entscheidungen steht, weiter aus. „Neuer Wohnraum kann häufig moderner, barriereärmer und im Betrieb des Gebäudes klimafreundlicher errichtet werden und teilweise gibt es die Möglichkeit beim Ersatz auch mehr zu schaffen, als vorher am gleichen Platz war.

Aber es wird auch neue Bausubstanz nötig, die einen klimatischen Fußabdruck beim Bau hat und vor allem: In den Wohnungen leben Menschen, einige sehr lange, teilweise verwurzelt in ihrem unmittelbaren Umfeld.

Für die Betroffenen ist das zum Teil eine extreme Belastung. Das darf uns aber im Sinne der Gemeinschaft nicht davon abhalten notwendige Entscheidungen zu treffen – aber natürlich mit Augenmaß. Jedes einzelne Projekt ist immer genau auf dem Prüfstand mit den genannten Kriterien. Im Übrigen haben wir auch bei großen Sanierungsvorhaben häufig die Situation, dass wir es den Menschen nicht zumuten können während der Bautätigkeiten in den Wohnungen zu leben.

Betroffene Menschen werden immer mit eingebunden

In praxi bedeutet dies für die genossenschaftlichen Wohnungsunternehmen sehr lange Planungsvorläufe bei Ersatzneubau und Großsanierungen, um den betroffenen Menschen Alternativen zu bieten.

„Das ist nicht immer leicht und hängt sehr stark von dem eigenen verfügbaren Wohnraum im Umfeld ab. Einige Menschen ziehen schon früh selbst aus – dann werden die Wohnungen nicht mehr neu vermietet und wir nehmen diese Mietausfälle in Kauf, bis wir für alle Betroffenen im Gebäude eine Lösung haben.

Das Spektrum der Unterstützung über die Suche nach einer alternativen Wohnung hinaus ist groß und unternehmensindividuell ausgeprägt. Es reicht von der Umzugshilfe, mögliche Rückkehr nach Fertigstellung bis hin zu individuellen Vereinbarungen zur zukünftigen Miete in Härtefällen.“

Gemeinwohlorientiertes Bemühen nicht ausreichend gewürdigt

Dieses gemeinwohlorientierte Bemühen der Genossenschaften sieht Schlenz in der öffentlichen und medialen Diskussion zu einzelnen Bauprojekten nicht ausreichend gewürdigt:

 „Angesichts der aktuellen Kommunikation zum Vorhaben der WOGE Kiel erwarte ich weniger Emotionalität und mehr sachliche Einordnung. In den Medien wird, aufgrund der Emotionalität der Nachricht, sehr die Sicht der – wie gesagt zweifelsfrei sehr belasteten – Mieter wiedergegeben und darüber hinaus werden die betroffenen Genossenschaften in die Ecke von gewinnorientierten Luxussanierern gestellt. Das ist vor dem dargestellten Hintergrund einseitig und unehrlich.

Unehrlich vor allem deshalb, weil kein Tag vergeht, an dem in medialer Vielstimmigkeit mehr Tempo beim Klimaschutz von uns allen verlangt wird. Das ist auch deshalb so besonders ärgerlich, weil wir, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter es sind, die die Auswirkungen der vielen gesellschaftlichen Ziele wie z.B. von Klima-, Umwelt- , Naturschutz auf unsere Planungen und am Ende auf die Wohnungsmieten den Menschen vor Ort, unseren Mitgliedern erläutern und diese rechtfertigen müssen.

Ein Blick in unsere öffentlich zugänglichen Satzungen und Jahresabschlüsse hilft darüber hinaus vielleicht bei der Einordnung des Handelns von Wohnungsgenossenschaften.

Veränderungen im ganz persönlichen Umfeld annehmen

„Wir haben insgesamt in der Gesellschaft große Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Wir tragen gerne mit hoher Professionalität und Leidenschaft unseren kleinen Anteil dazu bei, wenn es um das Wohnen von heute und morgen geht. Das wird aber nur gelingen, wenn wir uns alle gemeinsam darüber im Klaren sind, dass wir auch Veränderungen im ganz persönlichen Umfeld annehmen und gestalten müssen.“

Dr. Ulrik Schlenz ist Vorsitzender der Bezirksarbeitsgemeinschaft Mitte im Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen Schleswig-Holstein (vnw) und Mitglied des Vorstands der Wankendorfer Baugenossenschaft für Schleswig-Holstein eG.

Lesen Sie die nächsten Artikel dieser Ausgabe

Lesen Sie Artikel zum selben Thema