Welcher Baustoff ist der beste?

Andreas Pfeiler

Es darf nur einen Maßstab für die Baustoffentscheidung geben, nämlich, ob die Anforderungen an die Nachhaltigkeit erfüllt sind.

Gleich eines vorweg: Den besten Baustoff gibt es nicht – der beste Baustoff ist jeweils der, der klug, seine Stärken ausnützend und alle nachhaltigen Parameter berücksichtigend eingesetzt wird. Seit 2013 untersuchen Massivbaubranche und Forschung die Bedingungen für ein zukunftssicheres Bauen. Dabei geht es um nachhaltige Bauprodukte und Bauweisen, die sicherstellen sollen, dass neue Gebäude nicht Hypothek, sondern Asset für die nächsten Jahrzehnte sind.

Die Ergebnisse von 2019 bis 2021 zeigen, dass der Weg zur Nachhaltigkeit über die rasche Umsetzbarkeit von Innovationen führt. Ein aktuelles Praxisbeispiel ist der Wohnpark Wolfsbrunn mit 14 Reihenhäusern und einem mehrgeschoßigen Gebäude mit 22 Wohnungen im niederösterreichischen Sommerein. Die Speichermasse massiver Baustoffe wird optimal genutzt. Die Forschungsergebnisse zeigen die Notwendigkeit, bei der Errichtung und Sanierung von Gebäuden und Wohneinheiten die günstigen Eigenschaften von Baustoffen technologieneutral einzusetzen.

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Einseitige Förderungspolitik muss aufhören – es darf nur einen Maßstab für die Baustoffentscheidung geben, nämlich ob die Anforderungen an die Nachhaltigkeit erfüllt sind. Fördervorgaben müssen ohne Fokus auf bestimmte Produkte erfolgen. Zudem müssen die Nachhaltigkeitskriterien bundesweit vereinheitlicht werden, die Themen Langlebigkeit, Ressourceneffizienz und Kreislauffähigkeit von Baustoffen müssen in die Vorgaben der Wohnbauförderung einbezogen werden. Wichtig wäre allerdings ebenso eine Aufwertung der heimischen Baustoffe durch eine Herkunftskennzeichnung.

Energieeffiziente Gebäude leisten einen wesentlichen Beitrag, um Maßnahmen gegen den Klimawandel umzusetzen. Bauen – von der Planung bis zum Rezyklieren von Baumaterial – muss als Gesamtlösung zu den dringend nötigen Veränderungen beitragen. Der Dialog zwischen Wissenschaft und Praxis zu zentralen Fragen der Energieeffizienz und erneuerbaren Energien, der Ressourcenschonung und der Kreislaufführung in der Bauwirtschaft muss forciert werden – unabhängig von der Baustoffwahl.

Dr. Andreas Pfeiler hat Bauingenieurwesen an der TU Wien studiert und ist Geschäftsführer Fachverband Steine-Keramik

Foto: OFI / Michael Pyerin

Michael Balak

Welcher Baustoff der beste ist, muss für das jeweilige Projekt entschieden werden. Um die Bauwirtschaft langfristig nachhaltiger zu gestalten, sind individuelle Lösungen gefragt.

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Wie in allen anderen Industriezweigen, ist man sich auch im Baubereich einig, dass der Aspekt Nachhaltigkeit verstärkt Einzug halten soll in die Projektentwicklung. Gefragt sind daher aktuell vor allem Baustoffe, die aus nachwachsenden Rohstoffen gefertigt werden, als gut recyclebar gelten und bei denen idealerweise nur geringe Umweltbelastungen bei der Herstellung entstehen. Ob dann im Einzelfall tatsächlich Holz, Hanf, Kunststoff oder eine Kombination unterschiedlicher Materialien eingesetzt wird, kann nicht pauschal entschieden werden. Denn so verschieden wie die Baustoffe sind, sind auch die konkreten Anforderungen von Bauvorhaben. Als Prüfstelle für Baustoffe und -produkte kennen wir am OFI die Eigenschaften unterschiedlicher Werkstoffe, die jeweiligen Vorteile, aber auch die Grenzen.

Um nachhaltige, energieeffiziente und ressourcenschonende Projekte umzusetzen, ist daher eine materialgerechte Planung unerlässlich. Dazu gehört auch, Bauprodukte nicht einzeln zu bewerten, sondern im Gebäudekontext zu betrachten. Macht man das klug, vertraut auf die Erfahrungen der Werkstoffanalyse und setzt Materialien den Vorgaben entsprechend ein, können Gebäude auch über Jahrhunderte hinweg genutzt werden. Damit das funktioniert, sind freilich Wartungsarbeiten und Sanierungsmaßnahmen unabdingbar. Wenn es darum geht, ressourcenschonend zu gestalten, darf die Pflege von Bestandsbauten nicht vernachlässigt werden.

Sich besser um die Baustoffe zu kümmern, die bereits im Einsatz sind – auch das kann eine nachhaltige, ressourcenschonende Bauwirtschaft leisten. Denn der beste Baustoff ist der, der möglichst lange seinen Zweck erfüllt. Im Idealfall kann er, wenn er ausgedient hat, wiederverwertet werden und findet einen neuen Einsatzort. Damit das in Zukunft noch besser gelingt, forscht das OFI an innovativen Lösungen, aktuell z . B. im Projekt „Bau-Cycle“ gemeinsam mit anderen Instituten der ACR (Austrian Cooperative Research) an nachhaltigen Baustoff-Kreisläufen.

Baurat h.c. Dr. Michael Balak ist Experte für Bauwerkserneuerung und Geschäftsführer des unabhängigen Prüf- und Forschungsinstituts OFI, das sich u. a. mit dem nachhaltigen Einsatz von Werkstoffen auseinandersetzt.

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