Wasser, Luft und Radwege

Schwammstadt, Raumordnung und smarte Mobilität: Es gibt viele Methoden, um die Vorherrschaft von Asphalt und Versiegelung zu beenden, das Klima zu schützen und den Menschen möglichst viel öffentlichen Raum zur Verfügung zu stellen.
MAIK NOVOTNY

Simone de Beauvoir bekommt ein Facelifting: Der nach ihr benannte Platz im Seeparkquartier der Seestadt Aspern wurde seit seiner Fertigstellung arg gezaust: zu viel Asphalt, zu wenig Grün, eine sengende Hitzeinsel im Sommer. Nicht ganz zu Unrecht, denn der siegreiche Wettbewerbsentwurf stammte aus einer Zeit, in der die Klimadebatte noch nicht die heutige Dringlichkeit angenommen hatte. Jetzt wird der noch neue Bodenbelag teilweise wieder aufgestemmt und die „große Hitzeinsel entschärft und begrünt“, wie es Anfang Februar aus dem Büro der zuständigen Stadträte hieß. 25 neue XXLBäume, 1.000 Quadratmeter neue Stauden- und Gräserbeete, ein großes Wasserspiel und 13 neue Wasserquellen werden das Mikroklima und die Optik auffrischen.

- Anzeige -

Dabei war die Seestadt Aspern eigentlich ein Musterschüler des städtischen Mikroklimas, denn hier wurde von Anfang an auf das Schwammstadtprinzip gesetzt (siehe Infokasten), das von den Landschaftsplanern 3:0 für Aspern maßgeschneidert wurde. Dieses Prinzip gibt den Stadtbäumen einen großen Wurzelraum, in dem Regenwasser gespeichert wird, damit sie sich auch bei großer Hitze und langer Trockenheit ausreichend mit Wasser versorgen können.

Gekühlte Hitzeinseln

Die Bodenversiegelung zu minimieren und Freiräume nicht mehr als Nebenschauplatz des Bauens zu betrachten: Dies ist heute nahezu selbstverständlich geworden. Auch bei hochverdichteten Projekten im geförderten Wohnbau. So wird der Lebenscampus Wolfganggasse auf dem Areal der ehemaligen Badner-Bahn-Remise in Wien- Meidling (Bauträger Neues Leben und WBV-GPA, Planung von Gerner Gerner Plus Architekten, M & S Architekten, Yewo Landschaftsarchitekten) eine „Remisenpromenade“ mit begrünten Gartenterrassen, Hochbeeten, Liegewiese und Kleinkinderspielplatz aufweisen, eine begrünte Fassade soll die urbane Hitzeinsel kühlen.

Nicht nur in Wien, auch in kleineren Gemeinden ist der Umgang mit der Ressource Boden inzwischen ganz oben auf der Agenda. In den Planungen für den öffentlichen Raum fließen neueste Erkenntnisse zur Mobilität und Ökologie ein. Die vier mit dem Land- Luft-Baukultur-Gemeindepreis 2021 ausgezeichneten Gemeinden Mödling, Feldkirch, Götzis und Thalgau verfolgen alle eine nachhaltige Ortsentwicklung, und auch die mit dem Sonderpreis „Boden g’scheit nutzen“ ausgezeichneten Initiativen haben clevere Methoden gegen den Flächenfraß gefunden.

- Anzeige -

Der Verein Bodenfreiheit in Vorarlberg kämpft mit dem Ankauf kleiner Grünlandstreifen gegen ausufernde Gewerbegebiete, die von mehreren Bürgermeistern gestartete Initiative vau | hoch | drei revolutionierte eigenhändig die Vorarlberger Raumplanung: Seit März 2019 hat neues Bauland ein Ablaufdatum, ein Bodenfonds und die Widmungskategorie „Vorbehaltsflächen für gemeinnützigen Wohnbau“ wurden eingerichtet. „Der Anlass war die zunehmende Bodenhortung durch einige Ländle-Oligarchen und ein zu geringes Maß an Mobilisierung von Bauflächen“, erklärt Raumplaner und V3-Mitglied Markus Aberer.

Flächenfraß stoppen

Dass diese Signale ganz oben angekommen sind, zeigt eine wichtige Weichenstellung auf Bundesebene, die im Oktober 2021 erfolgte. Die Österreichische Raumordnungskonferenz (ÖROK) beschloss das Raumordnungskonzept 2030, welches die Raumplanung der nächsten zehn Jahre definieren wird, wie auch die erste österreichweite Bodenschutzstrategie. Ziel ist, dass die Strategie binnen eines Jahres im Rahmen der ÖROK im Einvernehmen von Bund, Ländern, Städten und Gemeinden zur politischen Beschlussfassung vorgelegt wird…

Lesen Sie die nächsten Artikel dieser Ausgabe

Lesen Sie Artikel zum selben Thema