Volksentscheid in Hamburg erfolgreich: Klimaneutralität kommt fünf Jahre früher

Von VNW-Direktor Andreas Breitner

Knapp 25 Prozent der Hamburger Wahlberechtigten haben entschieden. Die Stadt muss Klimaneutralität bereits im Jahr 2040 – also fünf Jahre früher als bislang geplant – erreichen. Bei einem Volksentscheid am 12. Oktober entschieden sich mehr als 300.000 Bürgerinnen und Bürger für strengere Klimaschutzziele. Mehr als 267.000 votierten dagegen. Die Abstimmungsbeteiligung lag bei 43,6 Prozent. Das teilte das Landeswahlamt mit.

Das Abstimmungsergebnis ist aus Sicht der sozialen Vermieter enttäuschend. Wir befürchten, dass durch ideologisch motivierte Regelungen der Klimaschutz an sich Schaden nimmt. Gut gemeint ist leider nicht gut. Neben der Hansestadt stehen jetzt die Bundesregierung und die Europäische Union (EU) in der Pflicht, entsprechende Voraussetzungen für Klimaneutralität 2040 zu schaffen.

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So stellen der Volksentscheid und der Hamburger Senat das Vorziehen von Klimaneutralität um fünf Jahre ausdrücklich unter den Vorbehalt bundes- und europarechtlicher Regelungen. Mit anderen Worten: Wenn die Bundesregierung und die EU nicht liefern, werden die Gesetzesvorgaben in Hamburg nicht umzusetzen sein.

Klimaschutz und Bezahlbarkeit sind eine Einheit

Klimaschutz und die Bezahlbarkeit von Wohnungen gehören zusammen. Das aber zu gewährleisten, setzt gesetzliche Regelungen voraus, die nicht in der Kompetenz der Hansestadt liegen. Dieser Umstand ist ausgesprochen wichtig, weil angesichts der langwierigen Prozesse in Berlin und Brüssel unsere Wohnungsunternehmen über Jahre hinaus keine verlässliche Planungsgrundlage haben werden.

Deshalb ist das Versprechen der Initiatoren des Volksentscheids, nun gebe es „endlich“ Planbarkeit, schlichtweg irreführend gewesen. Einen Plan, nämlich Klimaneutralität bis zum Jahr 2045 zu erreichen, gab es bereits. Auf den hatten sich Wohnungsunternehmen bei ihren Investitionsplanungen verlassen. Jetzt müssen sie umplanen, ohne dass sie wissen, was denn ab 2040 wirklich Gesetz sein wird.

Mieten werden stärker als geplant steigen

Zugleich ist es nicht so, dass sich unsere auf Fakten beruhenden Rechnungen durch das Abstimmungsergebnis in Luft auflösen. ‚Follow the facts!‘ bleibt für uns auch weiterhin Handlungsmaxime. Deshalb fürchten wir weiterhin, dass die Mieten durch das Vorziehen von Klimaneutralität im Durchschnitt um einen Euro pro Quadratmeter Wohnfläche stärker steigen werden als ohnehin geplant.

Die Verschärfung des Hamburger Klimaschutzgesetzes wird vor allem für Menschen mit mittlerem und geringem Einkommen eine große finanzielle Belastung werden. Auch wenn der Vorsitzende des Hamburger Mietervereins nicht müde wird, einfachste ökonomische Regeln zu ignorieren, führt an einer Erkenntnis kein Weg vorbei: Wenn sich der Zeitraum für Investitionen verkürzt, steigen die Kosten.

Während wohlhabende Haushalte diese Mehrkosten werden tragen können, gilt das für Menschen, die schon heute jeden Euro zwei Mal umdrehen müssen, eher nicht. „Ihnen werden jene, die wider besseres Wissen die finanziellen Folgen klein geredet haben, künftig einiges erklären müssen.“

Zivilisierte Debatte in den vergangenen Wochen

Allerdings hat die Debatte der vergangenen Wochen auch gezeigt, dass die demokratische Mitte selbst eine hoch strittige Frage ernsthaft und zivilisiert diskutieren kann. Die politischen Ränder haben in der Debatte kaum eine Rolle gespielt. Das lässt mich hoffen, dass wir auch bei anderen Herausforderungen, vor denen unser Land steht, Lösungen in der demokratischen Mitte finden können.

Andreas Breitner
Vorstand und Verbandsdirektor Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW)

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