Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) kann nicht ausschließen, dass einige Hausbesitzer und Mieter künftig mehr Grundsteuer zahlen müssen als bisher. Die nötige Steuerreform solle zwar nicht dazu genutzt werden, die Einnahmen der Kommunen zu steigern, versicherte er am 23. Mai bei einer Diskussion mit dem Eigentümerverband Haus und Grund. Wer aber in einem Haus wohne, das derzeit unterbewertet sei, müsse voraussichtlich mehr zahlen.
Oliver Schirg
Dazu erklärt Andreas Breitner, Direktor des Verbands norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW):
„Dann lasst halt die Länder entscheiden! Bundesfinanzminister Olaf Scholz hat nun zugegeben: die neue Grundsteuer wird teuer – zumindest für einige. Und zwar für jene, die in Hamburg, Kiel, Lübeck, im Hamburger Rand, Rostock oder Schwerin in einem angesagten Viertel wohnen. Damit tritt das ein, was die Wohnungswirtschaft im Norden seit langem befürchtet: in begehrte Stadtquartieren wird bezahlbares Wohnen unbezahlbar. Wenn der Bundesfinanzminister nicht die politische Kraft oder den Willen hat, das Flächenmodell als eine Lösung im Sinne des bezahlbaren Wohnens durchzusetzen, dann sollten die Länder entscheiden dürfen und die Verantwortung übernehmen.
Wohlhabende und gut Verdienende werden sich – wenn auch zähneknirschend – die höhere Grundsteuer leisten können. Menschen mit normalem oder geringem Einkommen aber laufen Gefahr, ihre Wohnungen aufgeben zu müssen, weil sie die höheren Wohnkosen nicht mehr bezahlen können. Und das: weil die Städte sie durch ein Steuer dazu zwingen. Es ist geradezu ein Treppenwitz der Geschichte, dass die Politiker, die landauf und landab steigende Wohnkosten beklagen, jetzt selbst dazu beitragen. Das verstehe, wer will.
Keine soziale Spaltung
In Mecklenburg-Vorpommern hat Ministerpräsidentin Manuela Schwesig erst am letzten Mittwoch im Landtag erklärt, ihre Regierung wolle die soziale Spaltung in den Städten verhindern, indem vier Modellregionen gebildet werden, um dort wieder zu einer besseren Durchmischung in den Wohngebieten zu kommen. Und einen Tag später kommt Olaf Scholz, um zu erklären, dass die Grundsteuer die sogenannte Segregation eher fördern werde.
Kritik verkniffen
Genauso ist es in Hamburg zu erwarten, wo Finanzsenator Andreas Dressel sich öffentliche Kritik an dem aus Hamburg stammenden Bundesfinanzminister verkneift, sich aber alle Experten einig darin sind, dass eine auf Grundstückswerten basierende Grundsteuer die seit einigen Jahren zu beobachtende Entmischung der Wohnquartiere beschleunigen wird. Eimsbüttel, Winterhude, Ottensen – all das sind Wohnviertel, die sich künftig nur noch Besserverdienende werden leisten können.
Für Bayerns Vorschlag
In Schleswig-Holstein wiederum war Finanzministerin Monika Heinold vor einigen Tagen von ihrer kompromisslosen Haltung abgerückt und hatte ihre Bereitschaft für den Vorschlag Bayerns signalisiert, wonach die Bundesländer selbst bestimmen können, auf welcher Basis die Grundsteuer berechnen wird: auf Grundlage des Grundstückswerts oder der Grundstücksfläche…