Thüringens Digitalminister Steffen Schütz – Digitalisierung als Schlüssel zur Energiewende im Gebäudesektor

Auf der Fachmesse HEIKOM – Plattform für digitales Energie- und Gebäudemanagement sprach Thüringens Minister für Digitales und Infrastruktur, Steffen Schütz, über den aktuellen Stand und die Perspektiven der Digitalisierung im Gebäudesektor.

In seiner Rede machte er deutlich, dass die Energiewende im Gebäudebereich nur gelingen kann, wenn Verwaltung, Wirtschaft und Wohnungsunternehmen konsequent auf digitale Werkzeuge setzen und zugleich neue Formen der Zusammenarbeit entwickeln.

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Daten als Grundlage für Energieeffizienz

Schütz betonte, dass der Gebäudesektor in Deutschland rund ein Drittel der energiebedingten Treibhausgasemissionen verursacht. Um die Klimaziele bis 2045 zu erreichen, sei eine datenbasierte und praxistaugliche Energie- und Gebäudestrategie notwendig. Digitale Lösungen zur Erfassung und Auswertung von Verbrauchsdaten seien dabei ein zentraler Baustein. Sie ermöglichten nicht nur gezieltere Sanierungsstrategien, sondern auch effizientere Abläufe und bessere Entscheidungen jenseits ideologischer Debatten.

Für die Wohnungswirtschaft bedeuten diese Aussagen vor allem eines: mehr Verantwortung in der digitalen Transformation. Viele Unternehmen stehen vor der Aufgabe, ihre Bestände energetisch zu modernisieren und gleichzeitig Mietbelastungen sozialverträglich zu halten. Digitale Gebäudedaten und intelligente Steuerungssysteme könnten hier helfen, Prozesse zu vereinfachen und Investitionen planbarer zu machen, vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen sind praktikabel und rechtssicher.

Verwaltung im Wandel – von Genehmigungen bis Glasfaser

Mit Blick auf die öffentliche Verwaltung kündigte Schütz konkrete Schritte an. Gemeinsam mit der Berliner Roombing GmbH hat Thüringen ein Pilotprojekt gestartet, das KI-basierte Baugenehmigungsverfahren erprobt. Ziel sei es, Genehmigungsprozesse zu beschleunigen und Planern, Architekten und Wohnungsunternehmen mehr Verlässlichkeit zu geben.

Gleichzeitig setzt das Land auf den Ausbau einer flächendeckenden Glasfaserinfrastruktur. Rund acht Milliarden Euro sollen in den kommenden Jahren in den digitalen Netzausbau fließen – eine Grundvoraussetzung für datengetriebene Energielösungen, Smart-Meter-Systeme und cloudbasierte Anwendungen im Gebäudemanagement.

Kommunale Praxisbeispiele als Impulsgeber

Als Beispiel für gelungene Digitalisierung im ländlichen Raum nannte der Minister das Projekt „Smart Village Martinsfeld“ im Eichsfeld. Dort vernetzen sich Sensorik, Gebäudemanagement und kommunale Energieversorgung in einem Pilotprojekt, das zeigt, wie Digitalisierung zur Effizienzsteigerung und CO₂-Reduktion beitragen kann.

Solche Beispiele könnten auch für die Wohnungswirtschaft relevant sein – etwa bei der Planung und Umsetzung smarter Quartierslösungen. Doch viele Bestände in Thüringen bestehen aus älteren Gebäuden mit heterogener Infrastruktur. Hier bleibt die Herausforderung, wie sich digitale Komponenten sinnvoll integrieren lassen, ohne die Wirtschaftlichkeit zu gefährden.

Einheitliche Standards und Datensouveränität

Ein wiederkehrendes Thema in Schütz’ Rede war die Notwendigkeit offener Datenstrukturen und interoperabler Systeme. Die Landesverwaltung wolle mit einem landesweiten Datentreuhandmodell den sicheren und diskriminierungsfreien Zugriff auf Gebäudedaten ermöglichen – auch für private Unternehmen und Dienstleister. Damit sollen kommunale und wohnungswirtschaftliche Akteure künftig schneller auf Informationen zugreifen können, etwa bei der Angebotserstellung oder Planung energetischer Maßnahmen.

Für die Branche wäre das ein wichtiger Schritt hin zu mehr Transparenz, Standardisierung und Datensouveränität. Noch bleibt offen, wie Datenschutz, Verantwortlichkeiten und Zugriffsrechte in der Praxis geregelt werden.

Die Rede des Thüringer Digitalministers machte deutlich: Die Digitalisierung des Gebäudesektors ist kein Zukunftsthema mehr, sondern eine Voraussetzung für Klimaschutz und Wirtschaftlichkeit. Für die Wohnungswirtschaft bedeutet das, digitale Lösungen nicht nur als technologische Erweiterung zu betrachten, sondern als integralen Bestandteil ihrer Modernisierungsstrategien.

Gleichzeitig zeigte sich, dass der Weg dorthin anspruchsvoll bleibt – zwischen politischen Zielvorgaben, begrenzten Investitionsspielräumen und dem Anspruch, Mieterinnen und Mieter bezahlbar wohnen zu lassen. Die HEIKOM machte deutlich, dass viele Akteure aus Industrie, Verwaltung und Wohnungswirtschaft bereit sind, diesen Weg gemeinsam zu gehen aber auch, dass der Bedarf an klaren Rahmenbedingungen, interoperablen Lösungen und realistischer Förderung groß bleibt.


Autor: Redaktion Wohnungswirtschaft Heute – HEIKOM-Sonderausgabe 2025
Foto: Wohnungswirtschaft heute. Gerd Warda

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