Steinmetz auf Umwegen

In einem ehemaligen Industriegebäude in Wien, in dem viele Architekten wie in einem Bienenstock versammelt sind, findet man auch das Wiener Büro von Architekt Juri Troy.
— PETER REISCHER

Wenn man Ihre Website studiert, kann man eine eindeutige Formensprache in der Architektur erkennen: Klare Volumina, präzise geschnittene Öffnungen, glatte Flächen – kommt das aus Ihrer Steinmetzausbildung?

Ich glaube schon, nachgedacht habe ich darüber schon öfters. Die Arbeit mit dem Stein, auch mit Ton, Plastilin und Gips hat mich schon sehr geprägt. Damit erzeugt man natürlich ein gewisses Verständnis von Volumen und Raum.

Juri Troy
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Neben dem Stein ist aber ein scheinbares Lieblingsmaterial in der Architektur für Sie das Holz. Was sagen Sie – Bezug nehmend auf den Kontrast Holz und Stein – zu dem Begriff Hassliebe?

Am Anfang kam ich eher aus dem mineralischen Bereich, eigentlich zufällig habe ich mein erstes Holzhaus gebaut und schnell gemerkt, welche immensen Vorteile das Holz mit sich bringt und so habe ich meine Liebe zu diesem Material entdeckt. Im Prozess der Bearbeitung sind beide gar nicht so unterschiedlich. Handwerklich benötigen sie dieselbe Präzision und Liebe.

Welches sind die Vorteile von Holz beim Bauen?

Holz ist ein Baustoff, der konstruktiv wie auch wärmetechnisch verwendet werden kann. Außerdem ist es ein Material, das CO2 speichert und damit eine Strategie bietet, mit der man heutzutage noch mit gutem Gewissen bauen kann.

Wie wichtig ist Ihnen der Kontext bei Ihrer Architektur?

Sehr wichtig, ich schaue mir jedes Grundstück, Witterung, Sonneneinstrahlung vorher genau an.

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Kann es auch passieren, dass Sie sagen: Da baue ich nicht!

Ja, kann auch passieren. Die Frage ist ja immer, wie gehen wir mit dem Kontext, mit dem Bestand um. Heute ist ja in vielen Gemeinden die Herangehensweise so: „Es muss zu dem passen, was schon da ist.“ Zu 90 Prozent ist das aber Schrott. Da muss ein anderer Standpunkt her, da muss man gegensteuern.

Bedeutet Kontext in diesem Zusammenhang auch Kriterien wie Klimaveränderung, Nachhaltigkeit, allgemeine Krisen miteinzubeziehen?

Auf jeden Fall. In allen Diskussionen – egal, ob Hochschule oder Büro – die wir führen, sind das wesentliche Kriterien. Bestand, Hanglage, Erdbewegungen, Versiegelung, Energiebedarf beim Bau und beim Betrieb und die Frage: Muss man überhaupt bauen?

Warum bauen Sie dann Einfamilienhäuser? Ist doch eigentlich ein No-Go für jeden verantwortungsvollen Architekten?

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