Smarte Thermostate: Erste Vermietererfahrungen

Smarte Thermostate versprechen auch in Mehrparteienhäusern deutlich spürbare Energieeinsparungen ohne Komfortverlust für Bewohner. Hoffnungen und Erfahrungen aus Vermietersicht sowie erste Ergebnisse schildert ein Mitglied des Genossenschaftsvorstands, deren Liegenschaften Teil eines deutschlandweiten Pilot-Projekts der noventic group-Unternehmen KALO und tado° sind.

Die steigenden Energie- und Betriebskosten, klimaschutzpolitische Vorgaben und Sanierungsanforderungen im Bereich Dämmung und Energietechnik setzen auch Vermieter zunehmend unter Druck. Dies gilt umso mehr, wenn man wie Steffen Karg, Vorstandsmitglied der Wohnungsgenossenschaft Letter eG, den ausdrücklichen Anspruch vertritt, „Wohnungen zu sozialen Preisen zu vermieten“.

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265 Wohnungen verteilt auf 36 Häuser zählen aktuell zum Bestand der Genossenschaft im niedersächsischen Seelze. „Viele Mieter wohnen schon sehr lange bei uns, 20, 30 oder sogar 50 Jahre“, erzählt Karg. Entsprechend niedrig sind die Mieten, denn die Genossenschaft verzichtet weitgehend auf Erhöhungen während eines laufenden Mietverhältnisses.

Der Quadratmeterpreis hat sich so bei durchschnittlich 6,50 Euro bei Neuvermietung und bei 5,30 Euro bei Altverträgen eingependelt. Viel Geld für aufwendige Sanierungen bleibt da nicht. „Wir stehen hier immer mehr vor einem Dilemma“, so Vorstandsmitglied Karg.

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Steffen Karg, Vorstandsmitglied der Wohnungsgenossenschaft Letter eG, hat den ausdrücklichen Anspruch: „Wohnungen zu sozialen Preisen zu vermieten.“ Quelle: noventic group

Der wesentlich durch die Energiekosten getriebene steigende Anteil der Wohnkosten am Nettoeinkommen wird in Deutschland für Mieter zu einem immer größeren Problem. 16 % aller zur Miete wohnenden Haushalte haben eine Mietbelastung von mehr als 40 %, eineinhalb Mio. Haushalte sogar von über 50 %. Damit hatten 3,1 Mio. Haushalte in Deutschland 2022 eine weit überdurchschnittliche Mietbelastung (Quelle DeStatis (2023).

Infolgedessen ist inzwischen jeder sechste deutsche Haushalt mit den Wohnkosten überlastet. Auch den finanziell stark belasteten Mieterhaushalten hilft jeder Euro, der gespart werden kann. In Seelze wurde nun auf smarte Heiztechnik gesetzt, um das Problem für alle Beteiligten zu entschärfen.

Ein Leuchtturmprojekt mit 14 Wohnungsunternehmen

Ein Messebesuch im vergangenen Jahr führte dazu, dass die Wohnungsgenossenschaft Letter eG Teil eines bundesweit angelegten Leuchtturmprojekts der Hamburger noventic group wurde. In dessen Rahmen statteten Monteure Liegenschaften von 14 Wohnungsunternehmen in Deutschland für die Heizperiode 2022/23 mit smarten Thermostaten von tado° aus, darunter auch ein Mehrparteienhaus der Genossenschaft im Seelzer Stadtteil Letter.

„Wir kamen auf der Real Estate Arena ins Gespräch und für mich stand schnell fest, dass wir das ausprobieren wollen“, erinnert sich Karg. Ein entscheidendes Kriterium für ihn war, dass die Einsparungen ohne Verzicht auf den für die Mieter gewohnten Wohnkomfort erzielt werden sollten.

In der Konsequenz führt die smarte Technik also nicht nur zu geringeren Energieverbräuchen und Heizkosten, sondern steigert so auch den Wert der Immobilie.

Steffen Karg, Vorstandsmitglied der Wohnungsgenossenschaft Letter eG

In Einfamilienhäusern kommen Lösungen von tado° bereits seit zehn Jahren erfolgreich zum Einsatz. In mehr als 400.000 Haushalten wurden bislang über drei Millionen ihrer smarten Thermostate installiert, mit dem Ziel, Heizenergie und CO2-Emissionen einzusparen, ohne den Wohnkomfort zu schmälern.

In den privaten Haushalten konnten so im Mittel Energieeinsparungen von rund 22 Prozent erzielt werden. Dieser Zahl soll künftig auch der Mehrparteiensektor nahekommen – mit einer neuen Generation smarter Thermostate, die speziell auf die Bedürfnisse der Wohnungswirtschaft zugeschnitten ist.

Das Leuchtturmprojekt in Seelze wird in der aktuellen Heizperiode 2022/2023 wissenschaftlich durch das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) begleitet, um die erreichten Energieeinsparungen wissenschaftlich zu validieren. Zusätzlich zu den quantitativen Einsparergebnissen will Karg qualitatives Feedback einholen und mit den Mietern noch einmal ins Gespräch gehen: „Was hat es aus Mietersicht gebracht, wo lagen die Einsparpotenziale, gab es möglicherweise Probleme?

Das sind Fragen, die wir beantwortet haben möchten, bevor wir den Piloten auf andere Objekte übertragen.“ Schon zum jetzigen Zeitpunkt ist klar, dass sich die Komplettlösungen der noventic group aus Verwaltersicht unkompliziert in bestehende wohnungswirtschaftliche Prozesse einbetten lässt.

„Die Energieeinsparungen können sich im Erfolgsfall für uns positiv auf die Energieeffizienzklasse und den CO2-Verteilungsschlüssel des Gebäudes auswirken“, sagt Vorstand Karg. Quelle: noventic group

Die Mieter ziehen mit

„Mit den smarten Heizkörperventilen geben wir unseren Mietern nun eine Möglichkeit, selbst etwas zu tun – zusätzlich zu dem, was wir als Vermieter leisten können“, so Karg.  Der studierte Bauingenieur selbst steht Technik und Innovationen grundsätzlich sehr aufgeschlossen gegenüber. Gleiches ist nicht selbstverständlich für die heterogene Mieterschaft, doch „ich habe den Eindruck, dass die Mieter mitziehen“, fasst Vorstandsmitglied Karg die bisherigen Erfahrungen in der Liegenschaft zusammen.

„Wir können und wollen unseren Mietern nichts überstülpen. Wer in der Nacht von der Schicht kommt, möchte es dann warm in der Wohnung haben. Da macht es keinen Sinn, für alle abends zentral die Heizung zu drosseln.“

Steffen Karg, Vorstandsmitglied der Wohnungsgenossenschaft Letter eG

Damit das Projekt zum Erfolg führt, ist es aus seiner Sicht besonders wichtig, die Mieter mitzunehmen und zu begleiten. „Das geht bei uns sehr gut, denn wie haben eine überschaubare Größe und unsere Mieter können uns bei Fragen direkt ansprechen“, sagt Karg. Der Beratungsbedarf ist recht unterschiedlich.

„Wir haben eine sehr gemischte Klientel mit jungen, digitalaffinen Mietern aber auch älteren Menschen, die wenig oder keine Erfahrung mit smarten Geräten besitzen. Daher war die Einführung vor Ort ein wichtiger Schritt“.  Bei der Montage der smarten Thermostate im November 2022 gehörte eine kleine Schulung für die Mieter im Stadtteil Letter direkt dazu. Das bisherige Feedback zeigt, dass größere Probleme mit der Bedienung nicht auftraten.

„Natürlich nutzen die Mieter entsprechend ihren Bedürfnissen und Kenntnissen die smarten Thermostate im unterschiedlichen Ausmaß. Das funktioniert für alle Nutzer gut, im laufenden Betrieb gab es keine/kaum Rückfragen“, berichtet Karg.

Vielfältige Lebensentwürfe erfordern individuelle Lösungen

Die Vielfalt der eigenen Mieterschaft – von Studierenden über Schichtarbeiter bis zu Rentnern – mit ganz unterschiedlichen Tagesabläufen ist für Steffen Karg ein weiteres starkes Argument für die smarte Technik, die individuelle, auf die jeweiligen Lebensumstände zugeschnittene Heizlösungen erlaubt.

„Wir können und wollen unseren Mietern nichts überstülpen. Wer in der Nacht von der Schicht kommt, möchte es dann warm in der Wohnung haben. Da macht es keinen Sinn, für alle abends zentral die Heizung zu drosseln.“ Auch wer im Homeoffice arbeite, habe andere Bedürfnisse als derjenige, der für die Arbeit das Haus verlassen müsse. „Es macht daher Sinn, die Raumtemperaturen individuell zu steuern.“

Optimale Steuerung mit und ohne App

Dass die smarten Thermostate, auch als Ergänzung zu energetischen Sanierungsmaßnahmen, für Vermieter künftig eine wichtige Rolle spielen werden, scheint für Karg ausgemacht: „Wir investieren als Genossenschaft in klimafreundliche und effiziente Technik.

Mit den smarten Thermostaten geben wir unseren Mietern nun ein Instrument an die Hand, mit dem sie ihren Verbrauch nach ihren individuellen Bedürfnissen per App optimal steuern können, ohne auf den gewohnten Komfort zu verzichten. Das ist ein echter Anreiz zum Energie- und damit Geldsparen“, ist er überzeugt.

Immobilienwert steigt

Noch offen ist die Frage, wer in Letter künftig die Kosten für die smarten Thermostate tragen soll. „Wir wollten die Mieter möglichst wenig belasten und neigen dazu, die Kosten für die Thermostate, Installation und Betrieb als Vermieter zu tragen. Nicht zuletzt profitieren wir von der Vermeidung von CO2-Steuer.

Die Energieeinsparungen können sich im Erfolgsfall für uns positiv auf die Energieeffizienzklasse und den CO2-Verteilungsschlüssel des Gebäudes auswirken“, gibt Vorstand Karg zu bedenken. In der Konsequenz führt die smarte Technik also nicht nur zu geringeren Energieverbräuchen und Heizkosten, sondern steigert so auch den Wert der Immobilie.

Thomas Ahlborn

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