WohnenPlus und die Wohnen Plus Akademie luden zum Praxischeck beim Pionier des Wiener Smart-Wohnbauprogramms im Sonnwendviertel, dem „Wohnregal“. Zwei Jahre ist das Projekt nun bewohnt – ein guter Zeitpunkt, um dem Smart-Konzept auf den Zahn zu fühlen.
MAIK NOVOTNY
Sechs Jahre ist es her, dass die Stadt Wien ihr Smart-Wohnbauprogramm ins Leben rief. Ziel der Initiative war „geförderter Wohnraum, der sich durch geringe Kosten und neue planerische Ansätze auszeichnet“, und das zu fixen Konditionen: ein niedriger Eigenmittelbeitrag von 60 Euro pro Quadratmeter und eine Miete von 7,50 Euro pro Quadratmeter. Inzwischen sind Smart-Wohnungen ein fixer Bestandteil des geförderten Wiener Wohnbaus geworden. Heute sind knapp 1.500 Wohneinheiten fertiggestellt, rund 3.000 in Bau, über 2.300 in Planung. Zeit also für eine erste Bilanz.
Welcher Ort wäre dafür besser geeignet als das „Wohnregal“ in der Alfred-Adler-Straße im Sonnwendviertel, Ergebnis jenes allerersten Bauträger-Wettbewerbs, bei dem Smart-Wohnungen ein Teil des Programms waren. Errichtet von der gemeinnützigen Wohnungsgenossenschaft Heimbau und geplant vom Büro Geiswinkler Architekten, umfasst das achtgeschossige Wohnregal 148 Wohneinheiten, davon 116 Smart-Typen sowie diverse gemeinschaftliche Flächen. Bei einer ausführlichen Begehung, einer Projektvorstellung durch Heimbau-Geschäftsführer Peter Roitner und die Architekten Markus Geiswinkler und Kinayeh Geiswinkler-Aziz sowie der abschließenden Podiumsdiskussion kamen die bisherigen Erkenntnisse aus dem Smart-Programm sehr konkret zur Sprache.
Neuland betreten
Die Teilnahme am ersten Smart-Bauträgerwettbewerb sei damals mit einem hohen Maß an Unsicherheit für den Bauträger verbunden gewesen, erinnerte sich Peter Roitner. „Ich war einer der wenigen, die anfangs sehr skeptisch waren.
Es gab finanziell nur wenig Luft für die Bauträger – und der Anteil von zwei Dritteln Smart-Wohnungen war enorm hoch. Es ist aber dann alles gutgegangen.“ Heute ist ein Smart-Anteil von einem Drittel die Regel. Man habe aber zum Start des Programms bewusst ein substanzielles Volumen in den Markt hineinbringen wollen, erklärte Dieter Groschopf, stellvertretender Geschäftsführer des wohnfonds_wien.
Das Wohnregal bewertete Groschopf durchwegs positiv: „Abgesehen von den Smart-Qualitäten ist es insgesamt ein erfreulicher Beitrag, auch was die Qualität der Ausführung betrifft.“ Die Erwartungen der Jury seien voll und ganz umgesetzt worden. Robert Korab, Geschäftsführer von raum&kommunikation, war Mitglied der Jury im Bauträgerwettbewerb und erinnerte sich an „heftige fachliche Diskussionen“, was die Definition von „smart Wohnen“ betraf: „Das Thema war damals definitiv Neuland.“
Erfolge und Risiken
Nicht wenige befürchteten zu Beginn des Smart-Programms, die kompakteren Grundrisse gingen auf Kosten der Qualität. Seitdem sind in den Bauträgerwettbewerben eine Vielzahl von Lösungsmöglichkeiten entwickelt worden. Mit unterschiedlichem Erfolg, laut dem Wohnbauexperten Joachim Brech. „Hier beim Wohnregal ist es mit großer Empathie gelungen. Man sieht keinen Qualitätsunterschied zu den anderen Wohnungen, vor allem, weil die Grundrisse beidseitig orientiert sind. Bei einer Mittelgang-Erschließung ist das schwieriger. Ich habe schon Grundrisse gesehen, bei denen die Grenzen der Qualität unterschritten wurden.“ Hier sehe man, dass an vielem eben nicht gespart wurde.
Qualität sichern
Allerdings bestätigte auch Peter Roitner die Vermutung, dass dieses Nicht-Sparen heute kaum noch finanzierbar sei. Robert Korab stellte die Frage in den Raum, ob Smart-Wohnungen heute außer über lange Finanzierungszeiträume noch leistbar seien, oder ob es andere Förderschienen und andere Konditionen brauche. Die Zielgruppe der Bedürftigen müsse genau angesprochen werden, ohne dass man in den Billigwohnbau verfalle. Dies werde sicher ein Thema der nächsten Jahre sein, bestätigte Dieter Groschopf – spätestens, wenn der erste smarte Zehn-Jahres-Zyklus zu Ende sei. Politisch sei es zwar schwierig, die Konditionen für Smart-Wohnungen zu verschärfen, ebenso schwierig sei es aber, sie über zehn Jahre „einzufrieren“…