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Gebäudetyp E: Das Wesentliche beim Bauen

Gebäudetyp E: Das Wesentliche beim Bauen
Im Neubau erschließt der Gebäudetyp E gezielte Spielräume. Wer digital plant, kann Einsparpotenziale modellbasiert ausloten und technisch sauber dokumentieren. Abweichungen lassen sich direkt im BIM-Modell bauteilgenau simulieren, etwa alternative Deckenaufbauten, reduzierte Dämmstärken oder vereinfachte Installationsführungen. Foto: Nemetschek Group

Was, wenn Planende endlich so bauen dürften, wie es sinnvoll wäre – nicht, wie es die Normen verlangen? Der Gebäudetyp E verspricht einen Paradigmenwechsel hin zu leistungsorientierter Innovation in der Bauplanung. Der Gesetzgeber hat dafür die Spielräume geschaffen, doch nur mit modellbasierten, digitalen Prozessen lassen sich die neuen Freiräume effizient, rechtssicher und sowohl ökologisch als auch ökonomisch nachhaltig nutzen. So ermöglichen es der Building Information Modeling-Ansatz sowie digitale Zwillinge, die Potenziale des Gebäudetyps E zu heben.

Seit Jahren ächzt die Bauwirtschaft unter Kostendruck und Überregulierung. Hier setzt der „Gebäudetyp E“ an – als Planungsansatz für einfacheres, suffizientes Bauen. Was 2023 in Bayern mit dem „Recht auf Abweichung“ (§ 63 BayBO) begann, hat inzwischen den Sprung auf Bundesebene geschafft: Am 6. November 2024 beschloss das Bundeskabinett den Gesetzesentwurf zur zivilrechtlichen Umsetzung des Gebäudetyp-E-Modells im Bauvertragsrecht.

Das neue Gesetz schafft erstmals eine klare rechtliche Grundlage dafür, auf technische Normen zu verzichten, wenn sie ausschließlich Komfort- oder Ausstattungsmerkmale betreffen – etwa bei Trittschallschutz oder Gebäudetechnik. Künftig gilt: Nur was ausdrücklich vertraglich vereinbart wurde, ist geschuldet. Damit entlastet das Gesetz Planungsverantwortliche und Bauausführende haftungsrechtlich. Vor allem öffnet es auch den Raum für neue, innovative Lösungen – die mit Blick auf ESG-Ziele und Kostendruck höchst willkommen sind.

10 Prozent Einsparung sind sehr konservativ geschätzt

Das Bundesjustizministerium geht von rund 10 Prozent Einsparpotenzial bei den Herstellungskosten aus – umgerechnet etwa 8 Milliarden Euro pro Jahr im Wohnungsbau. Je nach Maßnahme und Gebäudetyp sind sogar bis zu 25 Prozent Einsparung denkbar, etwa durch den Verzicht auf überdimensionierte technische Ausstattung oder hochpreisige Komfortdetails.

Empirische Projektauswertungen bestätigen diese politischen Annahmen – und übertreffen sie teils deutlich. Beispielrechnungen zeigen: Allein durch eine reduzierte Trittschalldämmung können rund 56 €/m² eingespart werden.

Besonders hohe Einsparpotenziale zeigen sich darüber hinaus:

  • bei optimierten Tragwerken und reduzierter technischer Erschließung (~200 €/m²),
  • bei der Rücknahme brandschutzbedingter Sonderlösungen (~150 €/m²) sowie beim Verzicht auf Zertifizierungen
  • oder überzogene Barrierefreiheitsanforderungen (jeweils 100–150 €/m²).

Diese Einzelmaßnahmen summieren sich zu einem belastbaren Maßnahmenbündel.

Hamburg liefert konkrete Beispielzahlen: Im Rahmen der „Initiative Kostenreduziertes Bauen“ identifizierte die Arbeitsgemeinschaft für zeitgemäßes Bauen (ARGE e. V.) im Auftrag der Stadt 65 Einzelmaßnahmen, deren kombinierter Effekt über 1.000 €/m² betragen kann – das entspricht über 20 Prozent Reduktion bezogen auf das aktuelle Median-Kostenniveau von ca. 4.600 €/m² Wohnfläche.

Diese Ersparnisse fordern jedoch an anderer Stelle ihren Preis: durch komplexere Nachweispflichten. Wer von Standards abweicht, muss die Einhaltung der Schutzziele detailliert belegen. Also noch mehr Formulare? Das würde den Deregulierungsansatz der Novelle ad absurdum führen. Gefragt sind durchgängig digitale Planungs- und Modellierungsprozesse. Sie ermöglichen die Variantenbildung, Simulation und belastbare Dokumentation, um die Einsparpotenziale des Gebäudetyps E auszuschöpfen – ohne juristische Stolperfallen.

Neue Freiheit bei Neubauten

Im Neubau erschließt der Gebäudetyp E gezielte Spielräume – insbesondere bei Tragwerk, Ausbau und technischer Gebäudeausrüstung. Abweichungen sind dabei nicht nur von Normen, sondern auch von technischen Baubestimmungen möglich, solange die jeweiligen Schutzziele auf anderem Wege erreicht werden.

Ein praxisnahes Beispiel: Erhöhter Schallschutz wird oft durch massive Decken oder doppelte Wände umgesetzt – mit hohem Materialeinsatz, entsprechendem CO₂-Fußabdruck und erheblichen Mehrkosten. Mit suffizienzorientierter Planung lassen sich Bauteile hingegen auf das statisch erforderliche Maß begrenzen – funktional ausreichend, aber deutlich ressourcenschonender.

Wer digital plant, kann solche Einsparpotenziale modellbasiert ausloten und technisch sauber dokumentieren. Abweichungen lassen sich direkt im BIM-Modell bauteilgenau simulieren, etwa alternative Deckenaufbauten, reduzierte Dämmstärken oder vereinfachte Installationsführungen. Nachweise zur Statik, thermischen Hülle und Energieeffizienz können auf Basis semantischer Bauteildaten automatisiert erstellt werden. So entstehen verlässliche Aussagen zu Behaglichkeit, zur Dauerhaftigkeit, zur Wirtschaftlichkeit und zur CO₂-Bilanz einzelner Varianten.

Diese Planungstiefe überträgt sich direkt in den Ausschreibungsprozess: Unterschiedliche Ausführungsoptionen können in Leistungsverzeichnissen systematisch erfasst, kalkuliert und transparent gegenübergestellt werden – inklusive ökologischer Kennwerte wie Global Warming Potential (GWP) oder der nicht-erneuerbare Primärenergiebedarf (PENRT). Digitale AVA-Prozesse erleichtern dabei die präzise Kostenzuordnung nach DIN 276 und zeigen, wie sich vereinfachte Standards konkret auf Kosten und THG-Emissionen auswirken.

Gleichzeitig bildet das Modell die Grundlage für eine präzise Mengenermittlung und eine nachvollziehbare Dokumentation. Diese ist unverzichtbar, wenn Planende und Bauherrschaft gemeinsam von anerkannten Regeln der Technik abweichen. Komplexe Zusammenhänge lassen sich visuell auflösen, Entscheidungsoptionen leicht verständlich aufbereiten.

BIM und Gebäudetyp E: Neue Zukunftsfähigkeit für Bestandsgebäude

Im Bestand greifen Gebäudetyp E und BIM besonders wirkungsvoll ineinander. Altbauten wurden nicht nach den heute allgemein anerkannten Regeln der Technik (aaRdT) errichtet – und müssen es auch künftig nicht, sofern die bauordnungsrechtlichen Schutzziele erfüllt bleiben. Genau hier setzt das Gebäudetyp-E-Gesetz an: Statt bei Sanierungen, Umbauten oder Aufstockungen pauschal auf das heutige Regelwerk aufzurüsten, können Planende gezielt das technische Niveau des Bestands fortschreiben – funktional ausreichend, aber ressourcenschonend und wirtschaftlich tragfähig. Damit eröffnen sich im Bestand sogar größere Potenziale als im Neubau – insbesondere dort, wo gezielt auf überzogene Komfortnormen verzichtet werden kann.

Digitale Zwillinge auf Basis eines interaktiven BIM-Modells liefern die Grundlage, um Abweichungen von den aktuellen Vorgaben präzise zu dokumentieren, technisch zu validieren und vertraglich abzusichern. Punktwolken aus 3D-Scans der gebauten Realität werden dabei mit dem Planungsmodell kombiniert. Bauteilzustände, Materialkennwerte und Baualtersklassen können systematisch erfasst werden, um den digitalen Zwilling des Gebäudes anzureichern. Auf dieser Basis lassen sich Varianten von Sanierungsmaßnahmen simulieren, etwa unterschiedliche Dämmung, Fenstertypen oder Installationskonzepte.

Im Sanierungskontext können auch Regelungserleichterungen zur Anwendung kommen, etwa beim Dachgeschossausbau. Hier kann auf zusätzliche Stellplätze oder Aufzüge verzichtet werden, sofern die Schutzziele nicht berührt sind. Auch bei der Technischen Gebäudeausrüstung, lassen sich massive Einsparungen erzielen – etwa durch den Verzicht auf mechanische Lüftung oder überdimensionierte Heizlastauslegung. BIM ermöglicht, solche Vereinfachungen zu kalkulieren und technisch abzusichern.

 Entscheidend dabei: Eine Abweichung von den aaRdT gilt nur dann als wirksam vereinbart, wenn die Bauherrin den funktionalen Unterschied versteht und dem bewusst zustimmt. Ansonsten droht eine Mängelgewährleistung trotz formeller Einigung. BIM-basierte digitale Zwillinge erleichtern die rechtssichere Dokumentation und Kommunikation mit der Bauherrin, indem Varianten verständlich visualisiert, technische, wirtschaftliche und architektonische Konsequenzen nachvollziehbar festgehalten werden. So wird aus der formalen Zustimmung eine belastbare Vereinbarung.

Gebäudetyp E ist erst der Anfang: Digitale Resilienz dank BIM

BIM schafft nicht nur Projektklarheit im Hier und Jetzt – es sichert auch die Anschlussfähigkeit an kommende regulatorische Anforderungen. Und hier zeichnet sich bereits einiges am Horizont ab: Mit der überarbeiteten EU-Gebäuderichtlinie (EPBD 2024) rücken erstmals CO₂-Grenzwerte für den gesamten Lebenszyklus in den Fokus, die ab 2028 für Neubauten gelten sollen. Zugleich wurde das Gebäudeenergiegesetz (GEG) 2024 auf nationaler Ebene novelliert – mit verschärften Effizienzanforderungen und weiterreichenden Nachweispflichten, etwa für den Einsatz erneuerbarer Energien. Weitere Anpassungen des GEG sind absehbar, sobald die EU-Vorgaben in deutsches Recht umgesetzt werden.

BIM schafft die nötige Datenbasis, um beide Stränge frühzeitig und konsistent zu adressieren. Energetische Kennwerte, Materialverbräuche und Emissionen lassen sich bereits im Entwurf modellgestützt erfassen und auswerten. Gebäude werden auf Lebenszykluskosten, Primärenergiebedarf oder GWP durchleuchtet – nicht erst im Betrieb, sondern direkt in der Planungs- oder Sanierungsphase. CO₂-reduzierte Varianten können belastbar verglichen, Optimierungspotenziale identifiziert und regulatorische Schwellenwerte plausibel belegt werden.

Auch während der Bauausführung bringt der digitale Zwilling konkrete Vorteile: Punktwolken aus 3D-Scans ermöglichen den Abgleich mit dem Planungsmodell – zur geometrischen Qualitätskontrolle, zur Dokumentation der Ausführung oder zur präzisen Abweichungsanalyse. Nachbesserungen lassen sich frühzeitig vermeiden, Abfall und Bauzeiten reduzieren, Qualität verbessern. Gleichzeitig erleichtert der modellgestützte Ansatz die ortsunabhängige Kollaboration der Projektteams – was sich positiv auf Fahrtkosten, Ressourcenverbrauch und CO₂-Bilanz auswirkt.

 So wird BIM zum strategischen Hebel digitaler Resilienz – gegenüber technischen, wirtschaftlichen und regulatorischen Veränderungen im gesamten Gebäudelebenszyklus. Für den Gebäudetyp E bildet es ein Planungsinstrument, das Suffizienz, Innovation und Zukunftsfähigkeit vereint: reduziert auf das funktional Wesentliche, gezielt erweitert, wo es energetisch, wirtschaftlich oder architektonisch sinnvoll ist.

Maria Richtsfeld

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Das Ettersburger Gespräch 2025:  Zehn Hinweise für eine gute Zusammenarbeit beim Bauen

Das Ettersburger Gespräch 2025:  Zusammenarbeit beim Bauen
Ein Gruppenfoto mit Teilnehmenden des Ettersburger Gesprächs 2025, © Axel Clemens

Unter dem Titel „Zusammenarbeiten.“ definierte das diesjährige Ettersburger Gespräch zehn Rahmenbedingungen für Konzeption, Planung, Entwicklung und Umsetzung von Bauprojekten – mit dem Ziel, durch Kooperation Effizienz zu steigern, Innovation zu fördern und die Bauwirtschaft zukunftsfähig zu machen.

Expertinnen und Experten aus Planung, Politik, Bau-, Immobilien- und Wohnungswirtschaft diskutierten am 18. und 19. September 2025 beim 17. Ettersburger Gespräch unter dem Titel „Zusammenarbeiten.“ aktuelle Herausforderungen der Bauwirtschaft. Fazit: Traditionelle Modelle des Planens und Bauens stoßen an ihre Grenzen, wenn es darum geht, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, unsere Verkehrsnetze zu modernisieren, Energieinfrastrukturen zu errichten oder eine Kreislaufwirtschaft zu etablieren.

Integrierte Kooperationsmodelle hingegen gewinnen an Bedeutung: Eine frühe Zusammenarbeit, Verlässlichkeit und Planbarkeit sind notwendige Voraussetzungen für Investitionen und ausschlaggebend für den Projekterfolg.

Verantwortung und Kooperation

Verantwortung für die Baukultur bedeutet, die unterschiedlichen Interessen in einer kooperativen Haltung zu bündeln, um durch geteilte Ressourcen und Wissen, Effizienz, Innovation und nachhaltige Wettbewerbsfähigkeit zu schaffen. Dies gelingt durch:

1. Frühe Integration: klare Regeln für die Zusammenarbeit bereits in der vorbereitenden Planungsphase Null vereinbaren

2. Offene und klare Kommunikation: Qualitäten frühzeitig festlegen, klare Absprachen zur Arbeitsteilung und verbindliche Entscheidungen treffen

3. Faire und transparente Verträge: gute Zusammenarbeit durch knappe und zielführende Verträge abbilden

Regulatorische Hemmnisse und Bürokratie

Durch eine paradigmatisch lösungsorientierte Neuaufstellung von Bauordnungen, technischen Normen und Bauverwaltungen wird ein bedarfsgerechtes Planen und Bauen möglich.

4. Komplexität reduzieren und Verfahren beschleunigen: Doppel- oder Mehrfachabfragen vermeiden

5. Bürokratieabbau: neue Regulierungen hinterfragen, Praxis stärker einbeziehen

6. Effiziente Verwaltungsprozesse: Handlungsfähigkeit zurückgewinnen

Digitalisierung

Eine gemeinsame Datenumgebung ermöglicht standortunabhängig eine engere Zusammenarbeit über den gesamten Lebenszyklus eines Bauwerks.

7. Digitale Tools nutzen: Planung und Ausführung durch digitale Werkzeuge optimieren – auch in Phase Zehn zur Qualifizierung des Betriebs

8. Einheitliche Standards schaffen: modellbasiertes Planen und Bauen auf Basis einheitlicher, standardisierter Datenformate und Schnittstellen etablieren

9. Erfolge skalieren: mehr Transparenz und eine höhere Effizienz in allen Phasen eines Bauprojekts erreichen

Werte und Haltung

Neue Formen der Zusammenarbeit im Bauwesen beinhalten eine werkbezogene Grundhaltung und die Anwendung neuer Partnerschaftsmodelle. Zentral ist die Vertrauensbasis.

10. Baukultur ins Werk setzen: hochwertig gestaltete Bauprojekte in bautechnisch und handwerklich überzeugender Qualität umsetzen

Das Ettersburger Gespräch steht für eine fachübergreifende, lösungsorientierte und aktive Zusammenarbeit aller Projektbeteiligten im Sinne des Projekterfolgs. Dabei sind baukulturelle Werte und gesellschaftliche Akzeptanz Basis für den wirtschaftlichen Erfolg.Das vollständige Strategiepapier finden Sie hier

Sabrina Ginter //  Claudia Rudisch

Das jährliche Ettersburger Gespräch der Bundesstiftung Baukultur, des Fördervereins und ihrer Partner ist ein exklusiver, branchenübergreifender Erfahrungsaustausch zwischen Entscheidungsträgern der Bau-, Wohnungs- und Immobilienwirtschaft, der Architektur, des Ingenieurwesens, der Kommunalverwaltung und Politik zu aktuellen Herausforderungen der Branche. Das Ettersburger Gespräch bietet Raum für den Austausch zu konkreten Praxisbeispielen aus den verschiedenen Perspektiven der Planung und Ausführung, der Bauherrinnen und Bauherren und formuliert Handlungsempfehlungen. Es fand in diesem Jahr am 18. und 19. September auf Einladung der Bundesstiftung Baukultur und ihres Fördervereins auf Schloss Ettersburg bei Weimar statt.

Die Bundesstiftung Baukultur ist eine unabhängige Einrichtung und arbeitet mit dem Ziel, die gebaute Umwelt als wesentlichen Faktor für Lebensqualität zu einem gemeinschaftlichen Anliegen zu machen. Durch Veranstaltungen, Publikationen und Kooperationen fördert die Stiftung den öffentlichen Diskurs über Baukultur und vernetzt Akteure miteinander. Alle zwei Jahre legt die Bundesstiftung Baukultur dem Bundeskabinett und dem Bundesparlament einen Bericht zur Lage der Baukultur in Deutschland vor.

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Die Tücken des Baurechts – Einige Urteile zu einem überaus heiklen Thema

Tücken des Baurechts: Urteile zu einem überaus heiklen Thema

Das Baurecht hat es mit vielen Fallkonstellationen zu tun. Das Spektrum reicht von dem Verbot „wilden“ Bauens über den Denkmal- und Umweltschutz bis hin zur Erteilung bzw. Verweigerung von Baugenehmigungen. Häufig geht es für die Betroffenen dabei um vieles – schlimmstenfalls um den Abriss eines bereits gebauten Gebäudes. Der Infodienst Recht und Steuern der LBS stellt in seiner Extra-Ausgabe einige Baurechtsurteile vor.

Nutzungsuntersagung, aber gesetzliche Kündigungsfrist beachten

Es kommt immer wieder vor, dass die Baubehörde eine Nutzungsuntersagung für eine bestimmte Immobilie ausspricht. Im konkreten Fall wurde dies gegenüber Mietern einer Wohnung getan, weil ein Grenzabstandsverstoß vorlag.

Das Oberverwaltungsgericht Niedersachsen (Aktenzeichen 1 ME 158/24) entschied, dass den Mietern allerdings eine Frist zur Befolgung eingeräumt werden müsse, die der gesetzlichen Kündigungsfrist entspreche.

Sisha-Bar im Wohngebiet

Bevor in einem allgemeinen Wohngebiet eine Baugenehmigung für eine Sisha-Bar erteilt wird, muss von der Baugenehmigungsbehörde geprüft werden, ob dieses Vorhaben dem Gebot der Rücksichtnahme auf die Nachbarschaft gerecht wird.

Unter anderem kann dazu nach Ansicht des hessischen Verwaltungsgerichtshofes (Aktenzeichen 4 B 1729/24) ein Prognosegutachten über den möglichen Lärm erstellt werden. Auch Vorgaben und Auflagen sind denkbar, die den zu erwartenden Lärm mindern.

Wer zuerst kommt….

Im Baurecht spielt es bei der Genehmigung von Bauvorhaben durchaus eine Rolle, wer zuerst da war und deswegen auf die älteren Ansprüche verweisen kann. So hob das Verwaltungsgericht Düsseldorf (Aktenzeichen 4 K 8859/22) eine Baugenehmigung für ein Wohngebäude auf, weil etwaige Lärmkonflikte mit dem bereits seit Langem bestehenden Biergarten nicht geprüft wurden.

(Weiterer Hinweis: Da das Urteil vom 26.08.2024 stammt und als „Nachfolgeinstanz“ das Oberverwaltungsgericht NRW, Aktenzeichen 10 A 2039/24 angegeben ist, gehen wir davon aus, dass das VG-Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Dies konnten wir aber nicht verifizieren.)

Wenn Schiffe stören..

Manche Nachbarschaften sind von ganz bestimmten äußeren Umständen geprägt. Von einer Anlegestelle für Fahrgastschiffe etwa gehen erfahrungsgemäß gewisse Licht- und Lärm-Emissionen aus. Ein Anlieger wandte sich gegen die Planungsgenehmigung.

Das Verwaltungsgericht Trier (Aktenzeichen 9 K 3716/24) entschied, das sei umgebungsbedingt hinzunehmen. Die Gesamtbelastung sei „als nicht relevant anzusehen“, da die Umgebung in der sich das Wohnhaus befindet, seit Jahren durch den intensiven Schiffsverkehr und Publikumsandrang geprägt sei.

Baurecht und Nachbarschaft

Wer ist eigentlich ein Nachbar? Das ist eine Frage, die sich im Baurecht immer wieder stellt. Der Verwaltungsgerichtshof München (Aktenzeichen 1 ZB 23.2316) stellte klar, dass nicht nur unmittelbar an ein Baugrundstück grenzende Anwesen dafür in Frage kommen, sondern auch andere Grundstücke, die in relevanter Weise im Einwirkungsbereich des Vorhabens liegen. Wichtig ist, ob belastende Auswirkungen auf die Nachbarn zu befürchten sind.

Genehmigung nur bei vollständigen Bauunterlagen

Für das Erteilen einer Baugenehmigung sind gewisse Voraussetzungen unabdingbar. Wenn Bauvorlagen fehlen oder unvollständig sind, so dass Gegenstand und Umfang des Vorhabens gar nicht genau zu bestimmen sind, dann ist die Genehmigung aufzuheben.

Das Verwaltungsgericht München (Aktenzeichen M 1 SN 25.993) befand, aufgrund der Unvollständigkeit der Unterlagen könne die Verletzung von Nachbarrechten nicht ausgeschlossen werden.

Barrierefrei gilt auch für Türschwellen

In einer alternden Gesellschaft spielt die Barrierefreiheit von Immobilien eine zunehmend größere Rolle. Wenn eine Baubeschreibung vorsieht, dass eine Wohnung im Erdgeschoss barrierefrei errichtet werden soll, dann betrifft das selbstverständlich auch die Höhe der Türschwellen einer zum Gemeinschaftseigentum gehörenden Terrasse.

Acht Zentimeter seien zu hoch, urteilte das Oberlandesgericht Brandenburg (Aktenzeichen 10 U 54/24).

Wenn „gewichtige Gründe“ vorliegen

Bei anerkannten Baudenkmälern ist planungsrechtlich dem Grundsatz nach von einem Erhaltungsinteresse auszugehen. Regelmäßig liegen demnach „gewichtige Gründe“ vor, den bisherigen Zustand beizubehalten.

Das Verwaltungsgericht Augsburg (Aktenzeichen 5 K 23.933) stellte fest, lediglich bei unbedeutenden Baudenkmälern oder bei minimalen Beeinträchtigungen seien solche gewichtigen Gründe zu verneinen. Der Einschätzungen des Landesamts für Denkmalpflege komme dabei erhebliche Bedeutung dazu.

Dr. Ivonn Kappel

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IZB-Preis 2025 an Johann Karatajew, Absolventen der TU Berlin, verliehen

Der glückliche Preisträger mit Andreas Hartmann, IZB-Vorstandsmitglied (rechts) und Sören Sommer-feld, Wiss. Mitarbeiter, Fachgebiet Bauwirtschaft und Baubetrieb der TU Berlin (links). Foto: IZB

Der IZB-Preis wurde in diesem Jahr zum zweiten Mal verliehen. Den Rahmen bot die Akademische Feier an der TU Berlin zur Ehrung der Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs Wirtschaftsingenieurwesen. Mit dem Examenspreis in der Studienrichtung Bauingenieurwesen wurde Johann Karatajew für seine hervorragende Arbeit „Integration von Lebenszyklusansätzen in die integrierte Projektabwicklung (IPA)“ ausgezeichnet!

Die Masterarbeit entwickelt Lösungsansätze zur Erweiterung der IPA auf den Lebenszyklusansatz (IPALa). Zudem werden die Herausforderungen und Potenziale des IPALa-Modells sowie geeignete Rahmenbedingungen, insbesondere in Abgrenzung zu Öffentlich-Privaten Partnerschaften (ÖPP), diskutiert. Es wird gezeigt, dass sich die IPA durch die Anpassung einiger Modellelemente auf den Lebenszyklus ausweiten lässt. Die Erweiterung führt zunächst zur Integration zusätzlicher Betriebskompetenzen. Die Erarbeitung der Realisierungslösung und die Zielkostenermittlung soll lebenszyklusorientiert und gemeinsam mit allen Partnern erfolgen.

Das entwickelte Modell zeichnet sich im Vergleich zu ÖPPs durch eine höhere Flexibilität und Transparenz und durch eine stärkere Förderung partnerschaftlicher Zusammenarbeit aus. Es bietet damit einen geeigneteren Rahmen für Projekte mit einem komplexen Risikoprofil und bei denen eine intensive Zusammenarbeit mehrerer Fachdisziplinen erforderlich ist. Die IPALa bietet damit das Potenzial, die Vorteile der IPA auch auf die Betriebsphase auszuweiten und Bauprojekte nachhaltiger und effizienter zu errichten und zu betreiben. Die Masterarbeit wurde vom Fachgebiet Bauwirtschaft und Baubetrieb, Universitätsprof. Dr.-Ing. Matthias Sundermeier, Institut für Bauingenieurwesen
Technische Universität Berlin, betreut.

Der IZB e.V. hat diese Arbeit ausgezeichnet, da sie in besonderem Maße zu Innovationen organisatorischer Art beiträgt. Sie enthält und ein hohes Innovationspotenzial mit Praxisrelevanz!

Der im Jahr 1997 gegründete Verein IZB InnovationsZentrum Bau Berlin Brandenburg e.V. fördert Innovationen im Bauwesen. Nach einer Satzungsänderung im Jahr 2025 verfolgt der Verein gemeinnützig „die Förderung von Wissenschaft, Forschung und Lehre“ insbesondere auf dem Gebiet der Bauwirtschaft und des Baubetriebs. Er fördert und unterstützt wissenschaftliche Veranstaltungen und wissenschaftliche Leistungen und der wissenschaftlichen Arbeit dienende Tätigkeiten zur Förderung der Forschung und Lehre auf dem Gebiet der Bauwirtschaft und des Baubetriebs an der Technischen Universität Berlin.

Siegfried Rehberg


Im „Berliner Innovationsdialog Bau“ unterstützt der IZB e.V. das Fachgebiet Bauwirtschaft und Baubetrieb der TU Berlin, Univ.-Prof. Dr.-Ing. Matthias Sundermeier, bei dem „Berliner Innovationsdialog Bau“ bei Veranstaltungen und seit 2018 bei einer jährlichen Ringvorlesung.

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Baurechtsreport 2025 offenbart Schwächen der technischen Gebäudeausrüstung

Baurechtsreport 2025: Schwächen der Gebäudeausrüstung
Titel — © Dylan Leagh via Unsplash

Notstromanlagen, die im Ernstfall sicherheitsrelevante Einrichtungen wie Brandmelde- und Feuerlöschanlagen oder die Notbeleuchtung mit Energie versorgen, sind immer häufiger mangelhaft. Bei den wiederkehrenden Prüfungen im Jahr 2024 war laut „TÜV Baurechtsreport“ nur noch jede vierte Sicherheitsstromversorgungsanlage mängelfrei (25,1 Prozent), im Vorjahr lag der Wert noch bei 34,6 Prozent. Gleichzeitig stieg der Anteil „wesentlicher Mängel“ um knapp 5 Prozentpunkte auf 30,0 Prozent (2023: 25, 1 Prozent).

„Fällt im Notfall die Sicherheitsstromversorgung aus, stehen wichtige Schutzsysteme der Gebäudeausrüstung still“, sagt Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. „Unsere Gebäude müssen krisenfester werden. Resilienz muss gerade mit Blick auf Stromausfälle, Cyberangriffe oder hybriden Bedrohungen zum Leitprinzip werden.“ Das gelte besonders für sogenannte Sonderbauten wie Schulen, Krankenhäuser, Hotels, Veranstaltungsstätten oder Hochhäuser – also Gebäude, die für die öffentliche Versorgung und Sicherheit von zentraler Bedeutung sind. Bühler: „Neben der physischen Sicherheit müssen die Eigentümer und Betreiber der Gebäude die Cybergefahren im Blick haben, denn mit der zunehmenden Digitalisierung und Vernetzung der Sicherheitstechnik wächst hier die nächste große Herausforderung.“

Laut TÜV Baurechtsreport zeigte fast jede zweite Notstromanlage bei den wiederkehrenden Prüfungen „geringfügige Mängel“ (44,9 Prozent). Insgesamt wurden in diesem Bereich 3.585 Anlagen geprüft. Auch die Erstprüfungen vor Inbetriebnahme bestätigen dieses Bild: Von 942 geprüften Anlagen waren lediglich 38 Prozent mängelfrei, bei 22 Prozent wurden erhebliche und bei 40 Prozent geringfügige Mängel festgestellt.

Technologiewandel erhöht Mängelquote bei Sicherheitsstromversorgung

Für die hohe Mängelquote gibt es verschiedene Ursachen. Im Gegensatz zu anderen Bereichen der Gebäudetechnik existieren für Sicherheitsstromanlagen bisher keine verbindlichen Anforderungen an die Qualifizierung von Fachkräften. Verstärkt durch den Fachkräftemangel und den Generationenwechsel fehlt es in vielen Betrieben an spezialisierter Expertise. Hinzu kommt der technologische Wandel.

Immer häufiger ersetzen batteriegestützte Systeme klassische Dieselaggregate. Solche Anlagen gelten als kostengünstiger und umweltfreundlicher, erfordern aber aufgrund ihrer komplexen Planung, Einrichtung und Wartung spezifisches Know-how. „Moderne Notstromanlagen sind oft mit weiteren Komponenten der Gebäudetechnik vernetzt. Wenn die Abstimmung zwischen den Gewerken oder die Dokumentation nicht lückenlos funktioniert, steigt das Risiko für Mängel“, sagt Bühler.

Brandmeldeanlagen anfällig durch Wartungs- und Dokumentationsmängel

Auch andere Sicherheitseinrichtungen weisen hohe Mängelquoten auf, wie der „TÜV Baurechtsreport“ zeigt: Bei den wiederkehrenden Prüfungen von Brandmeldeanlagen haben die Sachverständigen im Jahr 2024 bei 20,5 Prozent der Systeme wesentliche Mängel festgestellt – ein Rückgang um 0,8 Punkte im Vergleich zum Vorjahr. Rund 50,8 Prozent der Anlagen hatten geringfügige Mängel, während nur 28,7 Prozent mängelfrei waren. „Nach Einschätzung der Sachverständigen liegt vielen erheblichen Mängeln eine lückenhafte Dokumentation zugrunde. Daneben spielen Versäumnisse im Betrieb der Systeme – etwa fehlende Anpassungen nach Umbaumaßnahmen – eine zentrale Rolle“, erläutert Bühler. Zudem fallen in der Praxis immer wieder Mängel auf, die bereits auf die Planung und Errichtung der Anlagen zurückzuführen sind, was sich unter anderem in einer Fehl-Anordnung von Brandmeldern oder Mängeln in der Leitungsanlage zeigt.

„Rein technische Defekte spielen dagegen eher selten eine Rolle, da moderne Systeme Fehler meist automatisch erkennen und beheben“, sagt Bühler. „Vor allem äußere Faktoren erhöhen die Anfälligkeit. Besondere Umgebungsbedingungen wie heiße Temperaturen, Staub oder Schmutz erhöhen das Risiko für Defekte.“

Gebäudetechnik verantwortungsvoll betreiben, warten und prüfen

Auch insgesamt bleibt die sicherheitsrelevante Gebäudetechnik in Deutschland anfällig: Im vergangenen Jahr prüften TÜV-Sachverständige 70.447 Anlagen. Rund 27 Prozent der Anlagen wiesen wesentliche Mängel auf, weitere 44 Prozent hatten geringfügige Mängel. Lediglich 29 Prozent der geprüften Anlagen wurden nicht beanstandet. Auffällig ist zudem, dass die Quote wesentlicher Mängel bei den erstmaligen Prüfungen vor Inbetriebnahme erneut leicht gestiegen ist, von 18,7 im Jahr 2023 auf 19,7 Prozent 2024.

Prüfungen müssen konsequent genutzt werden

Deutliche Unterschiede zeigen sich zwischen den Anlagentypen: Während Lüftungsanlagen mit 34,8 Prozent wesentlichen Mängeln die höchsten Mängelquoten in dieser Kategorie aufwiesen, schnitten CO-Warnanlagen vergleichsweise gut ab. Bei ihnen waren 57,7 Prozent mängelfrei, der höchste Wert unter allen geprüften Systemen. „Wenn fast drei Viertel der geprüften Anlagen nicht mängelfrei sind, ist das ein ernstes Sicherheitsrisiko. Prüfungen müssen konsequent genutzt werden, um Schwachstellen frühzeitig zu erkennen“, sagt Bühler. „Die Eigentümer und Betreiber der Gebäude sind in der Pflicht, Verantwortung zu übernehmen und für eine regelmäßige technische Wartung und Instandhaltung zu sorgen. Nur aus einer Kombination aus regelmäßiger Wartung und unabhängiger Prüfung können wir sicherstellen, dass sicherheitsrelevante Systeme im Ernstfall zuverlässig funktionieren.“

Maurice Shahd

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Investitionsoffensive muss Realität werden – ohne Planungssicherheit keine heimische Rohstoffgewinnung, Beschäftigungssicherung und Konjunkturimpulse

Faire und tarifvertraglich abgesicherte Arbeitsbedingungen müssen wieder mehr zum Standard werden. Foto: Wohnungswirtschaft heute. / Gerd Warda

Deutschland steckt im größten Sanierungsstau seiner Geschichte: marode Brücken, veraltete Schienennetze, überlastete Straßen sowie baufällige Schulen und Kitas. In den anstehenden Haushaltsberatungen kommt es nun darauf an, den Worten Taten folgen zu lassen und eine echte Investitionsoffensive am Bau zu beschließen. Drei Spitzenverbände der Bau- und Rohstoffwirtschaft warnen jetzt: die Mittel des Sondervermögens dürfen nicht zur Haushaltskonsolidierung genutzt werden. Gleichzeitig müssen die Probleme der gesamten Wertschöpfungskette mehr Beachtung finden.

Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz im Haus der Bundespressekonferenz in Berlin machten die Präsidenten Christian Strunk (MIRO – Bundesverband Mineralische Rohstoffe), Peter Hübner (Hauptverband der Deutschen Bauindustrie) und der stellvertretende Bundesvorsitzende der IG BAU – Industriegewerkschaft Bauen-Agrar-Umwelt, Carsten Burckhardt, deutlich: Bauen braucht Rohstoffe, schnelle Verfahren, verlässliche Rahmenbedingungen und gute tarifvertraglich abgesicherte Arbeitsplätze.

MIRO: „Scheine ohne Steine – das darf nicht passieren“

Christian Strunk, Präsident von MIRO, betonte die Dramatik der Lage: „Deutschland braucht jedes Jahr über 500 Millionen Tonnen Gesteinskörnungen – Kies, Sand, Splitte und Schotter. Das ist nach Trinkwasser der zweitgrößte Stoffstrom des Landes. Wir können uns derzeit noch vollständig selbst versorgen. Aber immer mehr Gewinnungsbetriebe müssen schließen, weil Gewinnungsgenehmigungen fehlen. Schon heute drohen regionale Engpässe.“

Strunk forderte: „Die Gewinnung der Gesteinsrohstoffe ist Daseinsvorsorge. Sie muss – wie die Energieversorgung – ins überragende öffentliche Interesse aufgenommen werden. Sonst bleibt der Widerspruch: Milliarden für Bauprojekte, aber keine Steine zum Bauen. Was nützen Scheine ohne Steine?“

HDB: „Es gibt die Zusätzlichkeit nicht. Kein Lerneffekt aus dem Brückeneinsturz“

Peter Hübner, Präsident des Hauptverbandes der Deutschen Bauindustrie, kritisierte, dass das Sondervermögen zum Stopfen der Haushaltslöcher genutzt wird. „Ich sag es deutlich: Es gibt die versprochene Zusätzlichkeit des Sondervermögens nicht. Stattdessen sehen wir einen Verschiebe-Bahnhof von Investitionsmitteln aus dem Kernhaushalt in andere Bereiche. Der normale Etat schrumpft, die Lücke wird mit dem Sondervermögen aufgefüllt. Die Kassen der Kommunen bleiben klamm, es wird weiterhin zu wenig gebaut, auch um Daseinsvorsorge vor Ort zu gewährleisten. Die Verantwortlichen haben aus dem Dresdner Brückeneinsturz offensichtlich nichts gelernt. Das war anders besprochen, liebe Bundesregierung.“

Hübner weiter: „Wir bauen in Deutschland zu kompliziert, wir bauen zu langsam, wir bauen zu ineffizient. Öffentliche Auftraggeber brauchen deshalb mehr Flexibilität in der Auftragsvergabe, um der Vielfalt an unterschiedlichen Bauvorhaben gerecht zu werden. Und nur so können die Mittel des Sondervermögens sowie alle öffentlichen Investitionen effizient eingesetzt werden. Mit weniger Aufwand, weniger Bürokratie und höherer Kostengenauigkeit.“

Wenn dann endlich gebaut werde, brauche die Branche schnelle Verfahren auch in der Gewinnung der Rohstoffe, damit die Versorgungssicherheit mit heimischen Rohstoffen unkompliziert gewährleistet bleibt.

IG BAU: „Ohne Akzeptanz, Fachkräfte und faire Bedingungen bleibt das Sondervermögen wirkungslos“

Carsten Burckhardt, stellvertretender Bundesvorsitzender der IG BAU, verwies auf die Beschäftigten, die hinter der Rohstoffgewinnung und Bauwirtschaft stehen: „Es reicht nicht, Milliarden zu beschließen, wenn gleichzeitig die Akzeptanz von Industrie vor Ort fehlt und die notwendigen Rohstoffe nicht genehmigt werden. Corona hat gezeigt: Deutschland ist zu sehr auf Importe angewiesen. Bei Gesteinsrohstoffen sind wir aber resilient aufgestellt. Deutschland kann sich mit Kies, Schotter und Splitt selbst versorgen – wenn die Genehmigungen für die Rohstoffgewinnung umweltgerecht erteilt werden.“

Burckhardt ergänzte: „Wichtig ist zudem, dass die Beschäftigten ordentlich bezahlt werden, deshalb unterstützen wir das Vorhaben der Bundesregierung, ein Bundestariftreuegesetz einzuführen. Dies sollte ohne Wenn und Aber von statten gehen. Für Fachkräfte, die aus dem Ausland gewonnen werden, muss der Gesetzgeber sicherstellen, dass sie in tarifgebundenen Betrieben angestellt werden. Und die Beschäftigten brauchen faire Arbeitsbedingungen, das heißt, verträgliche Arbeitszeiten mit ausreichenden Ruhepausen. Eine Win-Win-Situation für Arbeitgeber wie Arbeitnehmer würde schließlich auch die flächendeckende Einführung eines digitalen Zeiterfassungssystems schaffen. Unternehmer wie Beschäftigte hätten optimale Kontrolle über die geleisteten Arbeitsstunden.“

Gemeinsame Forderungen

Alle drei Verbände sind sich einig: Ohne ausreichende Bauinvestitionen, schnelle Verfahren, eine verlässliche Rohstoffversorgung sowie Investitionen in unsere Beschäftigten wird die Infrastrukturmodernisierung ins Leere laufen. Die Verbände fordern den Deutschen Bundestag daher auf:

  • Eine überjährige, verlässliche Finanzierung öffentlicher Infrastrukturvorhaben einzuführen, die versprochene Zusätzlichkeit des Sondervermögens Infrastruktur und Klimaschutz in den Gesetzen, auch für die Bundesländer, abzusichern.    
  • die regionale Versorgungssicherheit mit Baurohstoffen durch heimische Gewinnung auch weiterhin zu gewährleisten und diese als Teil der Daseinsvorsorge anzuerkennen,
  • Planungs- und Genehmigungsverfahren für Infrastrukturprojekte und die Rohstoffgewinnung drastisch zu beschleunigen,
  • dass faire und tarifvertraglich abgesicherte Arbeitsbedingungen wieder mehr zum Standard werden und
  • dass Fachkräfte, die aus dem Ausland gewonnen werden, zu den geltenden tariflichen Arbeitsbedingungen beschäftigt werden.

Die Verbände fordern die Bundesregierung weiterhin dazu auf, eine konsistente Infrastrukturstrategie vorzulegen, die alle Aspekte der Wertschöpfungskette, von der Rohstoffgewinnung, über Planung und Bau bis zur Fachkräftesicherung umfasst.

Britta Frischemeyer

Hauptverband der Deutschen Bauindustrie e.V.

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Daniel Riedl verlässt den Vorstand der Vonovia SE

Daniel Riedl verlässt nach acht Jahren den Vorstand der Vonovia SE. Foto: BUWOG

Daniel Riedl verlässt zum 31. Mai 2026 im besten gegenseitigen Einvernehmen den Vorstand der Vonovia SE, um sich neuen beruflichen Herausforderungen zu widmen. Daniel Riedl wird seinen Vertrag als Chief Development Officer bis 31. Mai 2026 erfüllen, strebt darüber hinaus jedoch keine Verlängerung an.

Clara C. Streit sagt zum Ausscheiden von Daniel Riedl: „Im Namen aller Aufsichtsratsmitglieder danke ich Daniel Riedl sehr herzlich für seine Arbeit in den vergangenen acht Jahren. Als Chief Development Officer hat er maßgeblichen Anteil an der erfolgreichen Entwicklung des Unternehmens. Er hat das Development sicher durch die Integration und die Baukrise geführt. Wir wünschen ihm weiterhin viel Erfolg für seine per-sönliche und berufliche Zukunft. Das Development ist seit 2018 ein zentraler Baustein für das Wachstum von Vonovia, und der Aufsichtsrat wird sich nun rechtzeitig um eine geeignete Nachfolge von Daniel Riedl bemühen.“

Daniel Riedl sagt: „Als ich vor fast acht Jahren mit der Übernahme der BUWOG in den Vorstand der Vonovia berufen wurde, habe ich nicht damit gerechnet, so lang hier meinen Beitrag leisten zu können. Nun ist es an der Zeit für eine neue berufliche Phase, in der ich meine gesammelten Erfahrungen als DAX- und ATX5-Vorstand in der Beratung und in der Übernahme diverser Mandate einbringen werde.“

„Nach acht intensiven Jahren bei Vonovia verlasse ich das Unternehmen mit einem Gefühl der Wehmut und der Vorfreude. Gemeinsam haben wir immens viel erreicht und können sehr stolz auf unsere Erfolge sein. Ich danke dem Vorstand sowie allen Kolleginnen und Kollegen herzlich für die vertrauensvolle Zusammenarbeit – ganz speziell natürlich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der BUWOG in Deutschland und Österreich. Zugleich freue ich mich auf die spannenden neuen Aufgaben, die nun vor mir liegen“, so Daniel Riedl weiter. 

Im Auftrag des Vorstands der Vonovia SE wird Daniel Riedl über die Laufzeit seines Vorstandsvertrags hinaus Aufsichtsratsmandate bei Unternehmen wie Gropyus und Quarterback wahrnehmen. Damit bleibt er Vonovia weiterhin verbunden.

Rolf Buch: „Mit großem Bedauern habe ich die Entscheidung von Daniel Riedl aufgenommen. Im Namen des gesamten Vorstands und auch persönlich danke ich ihm schon jetzt herzlich für die stets professionelle und engagierte Zusammenarbeit. Seit seinem Eintritt in den Vorstand hat unser Unternehmen bedeutende Fortschritte gemacht, insgesamt mehr als 18.000 neue Wohnungen gebaut und ist sogar in den seriellen Neubau eingestiegen. Der Neubau ist auch künftig ein wichtiger Teil unserer Wachstumsstrategie. Für seine künftigen beruflichen Herausforderungen wünsche ich Daniel Riedl viel Erfolg und alles Gute.“

Daniel Riedl ist studierter Handelswissenschaftler und Fellow der Royal Institution of Chartered Surveyors. Bereits in den Jahren 2004 bis 2011 stand Daniel Riedl an der Spitze der BUWOG, von 2008 bis 2014 war er Mitglied des Vorstands der IMMOFINANZ AG. Von Anfang 2012 bis Oktober 2013 war er als Vorsitzender des BUWOG-Aufsichtsrats tätig. Im November 2013 wurde Daniel Riedl zum CEO der BUWOG Group ernannt. Er führte die BUWOG über die Abspaltung von der IMMOFINANZ AG erfolgreich an die Börse und war bis zum Delisting Ende 2018 deren Vorstandsvorsitzender. Mit Auslaufen seines Mandats im Mai 2026 wird er acht Jahre im Vorstand der Vonovia SE tätig gewesen sein.

Über Vonovia

Die Vonovia SE ist Europas führendes Wohnungsunternehmen. Mit 533.000 Wohnungseinheiten in Deutschland, Schweden und Österreich liegt der Fokus auf der Entwicklung und Vermietung moderner und energieeffizienter Wohnräume. Vonovia setzt auf Nachhaltigkeit als Kern ihrer Wachstumspolitik und bietet Mieterinnen und Mietern ein Zuhause mit hoher Wohnqualität und ausgezeichnetem Service. Im Rahmen ihrer Wachstumsstrategie 2028 wird Vonovia die Segmente Value-add, Development und Recurring Sales stärken, innovative Technologien mit dem Fokus auf serieller Modernisierung, modularen Neubau und moderner Wärmeinfrastruktur vorantreiben und ihr skalierbares Modell auch dem Markt anbieten.

Seit 2013 ist das in Bochum ansässige Unternehmen börsennotiert. Im September 2015 wurde die Aktie in den DAX aufgenommen. Außerdem gehört die Aktie der Vonovia SE zahlreichen weiteren nationalen und internationalen Indizes an, darunter DAX 50 ESG, Dow Jones Best-in-Class Europe Index, STOXX Global ESG Leaders, EURO STOXX ESG Leaders 50, FTSE EPRA/NAREIT Developed Europe und GPR 250 World. Vonovia beschäftigt rund 12.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

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Glasfaser mit Zwang droht – Deshalb jetzt für verlässliche Rahmenbedingungen, Planungs- und Investitionssicherheit handeln

Glasfaser mit Zwang droht – jetzt verlässliche Rahmenbedingungen
Dietmar Schickel, Experte in Sachen Glasfaserausbau: Eine eigene Glasfaser-Strategie und ein selbstbestimmter Ausbau, ist auf jeden Fall gesetzlicher Gängelei vorzuziehen. Foto: DSC

Von Dietmar Schickel

Aktuell hat das Bundesministerium für Digitales und Staatsmodernisierung einen Überblick über die Ausbausituation der Glasfasernetze in Deutschland veröffentlicht. Parallel wurde ein Eckpunktepapier des BMDS bekanntgegeben, in dem Maßnahmen zur weiteren Beschleunigung des Ausbaus, insbesondere der Netzebene 4 („Hausverteilanlagen“), festgelegt werden sollen. Allerdings mit weitreichenden Zugeständnissen für die Glasfaser-Anbieter – Ärger mit der Wohnungswirtschaft ist vorprogrammiert.

Der Bericht zeigt auf, dass der Glasfaserausbau in Deutschland deutlich an Geschwindigkeit gewonnen hat. Bis Mitte 2024 wurde die mögliche Versorgung der privaten Haushalte innerhalb von zwei Jahren auf rund 35,7 Prozent nahezu verdoppelt. Das entspricht einem Zuwachs von 1,8 Millionen Haushalten pro Halbjahr.

Der Großteil der Haushalte ohne Glasfaserversorgung liegt nach wie vor in städtischen (15,1 Mio.) und halbstädtischen Gemeinden (8,9 Mio.). In ländlichen Gebieten sind noch 2,9 Millionen Haushalte unversorgt. Dort soll ein großer Teil der noch nicht angeschlossenen Adressen in absehbarer Zeit weiterhin durch Förderung erschlossen werden.

Ausbau und Mitnutzung gebäudeinterner Infrastruktur

Die gleichzeitig angestrebte Anpassung des Telekommunikationsgesetzes rückt den Ausbau der gebäudeinternen Netze, die sogenannte Netzebene 4 (NE4), in den Vordergrund. Klares Ziel der Bundesregierung ist, dass Mehrfamilienhäuser mit einem Glasfaseranschluss bis in jede Wohnung ausgestattet werden (FTTH „Fiber-To-The-Home“).

Um alle Anschlussziele zu erreichen, beabsichtigt man allerdings den gesetzlichen Rahmen für den Glasfaserausbau in Gebäuden zu erweitern und zudem weiterhin einen offenen Zugang zur NE4 zu forcieren.

Einen anderen Beschleuniger für den Netzausbau hat der Gesetzgeber dagegen bereits realisiert. Um zumindest den Ausbau in Städten und in der Fläche mit weniger verwaltungstechnischen Hemmnissen zu belasten, hat die Bundesregierung beschlossen, dass der Ausbau von Glasfasernetzen künftig „im überragenden öffentlichen Interesse“ liegt. Kurz nach der Verabschiedung ist das Gesetz bereits am 30. Juli 2025 in Kraft getreten.

Das drei Netze Haus

Bisher sind in der Regel zwei Infrastrukturen im Gebäude vorzufinden – die Telefonleitung („Kupfer-Doppelader“) und das koaxiale Kabel. Beide Infrastrukturen führen in die meisten Wohnungen und sind geeignet für Telefon, Internet und TV und auch zur Übertragung schmalbandiger Daten für die Gebäudetechnik. Bei der Installation der dritten Infrastruktur in Glasfaser ergibt sich damit häufig das Problem, dass eine direkte Nutzung dieser Glasfaser eher zögerlich angenommen wird. Trotzdem sollte der Ausbau auch in diesen Fällen forciert und die Voraussetzungen für einen Wohnungsanschluss mit Glasfaser geschaffen werden. Kupfer-Doppelader und koaxiale Infrastruktur werden bei entsprechendem Bandbreitenbedarf an ihre physikalischen Grenzen stoßen.

Ein jetzt vorgenommener Ausbau mit Glasfaser erfolgt dagegen häufig kostenfrei und sichert auch zukünftig die Versorgung aller Teilnehmer im Haus mit hohen Bandbreiten. Zudem kann durch einen eigenbestimmten Ausbau ein möglicher „Wildwuchs“ der Installation durch unterschiedliche Glasfaser-Anbieter verhindert werden.

Die Zukunft “Glasfaser-Only“

Zurzeit drängen viele neue Anbieter in die Gebäude und bieten einen Glasfaserausbau bis zum Gebäude oder bis in die Wohnungen an. Tatsächlich besteht für Immobilieneigentümer gegenüber allen Anbietern eine Duldungspflicht für den Hausanschluss (§ 134 TKG), und zwar für einen Anschluss der Gebäude an „Netze mit sehr hoher Kapazität“.

  • Hier sind Wohnungsunternehmen häufig unsicher, ob ein solcher Anschluss zu gestatten sei. Allerdings gibt es kaum ein Argument, um einen solchen Anschluss zu verweigern.
  • Hier beabsichtigt der Gesetzgeber zudem eine weitere Verschärfung des TKG, der über die Gestattung des Gebäudeanschluss hinausgeht und faktisch jedem Anbieter, der einen Anschluss realisieren möchte, die Möglichkeit eröffnet einen Vollausbau jeder Wohnung mit Glasfaser vorzunehmen. Ein Eingriff in die Rechte von Eigentümer, die von den wohnungs-wirtschaftlichen Verbänden klar abgelehnt wird!

Der Status Quo

Wie ist dies aber aktuell zu bewerten, wenn ein vorhandener Gestattungsvertrag mit einem klassischen Kabelnetz-Betreiber die Installation eines weiteren „Breitbandnetzes“ untersagt und eine entsprechende Exklusivitätsklausel aufgenommen wurde.

Hier ist auf jeden Fall eine sachgerechte Prüfung vorzunehmen – zumal diese Exklusivität häufig durch einen Hinweis auf die bereits heute geltenden Gesetzeslagen aufgehoben wird. Das heißt, dass sich die Exklusivität faktisch nur auf die koaxiale Infrastruktur bezieht und die Errichtung einer Glasfaser-Infrastruktur bis in die Wohnungen davon nicht tangiert wird, da es jetzt schon jedem Anbieter freisteht, bei Vorliegen eines Teilnehmervertrages seine Leistung in den Räumen des Teilnehmers abzuschließen (§ 77k Abs. 1 a. „Wohnungsstich“).

Das bedeutet, dass der Netzbetreiber eigentlich sein Netz ohne Gestattung des Eigentümers in den Räumen des Teilnehmers abschließen darf – dass dies Irritationen und Unverständnis auf Seiten vieler Eigentümer hervorruft, ist nachvollziehbar, auch wenn sich dies nur auf einen einzelnen Wohnungsanschluss bezieht. Eine gesetzliche Regelung, die bei Vorliegen nur eines Vertrags bereits einen Vollausbau gestattet, ist schlichtweg eine Unmöglichkeit!

Hier hilft eine sachgerechte Beratung, dies zu verhindern oder in die richtigen Bahnen zu lenken. Der Anschluss eines einzelnen Teilnehmers macht eigentlich keinen Sinn, da der Aufwand, sich regelmäßig mit einer solchen Installationsfreigabe zu beschäftigen, dauerhaft zu einer höheren Belastung führt und eigentlich mit sonstigen Aufgaben genug zu tun ist. Also wäre ein sofortiger Komplettausbau auf jeden Fall sinnvoller als ein regelmäßig bedarfsgetriebener Ausbau, der zudem mit einem Glasfaser-Anbieter vereinbart werden kann – zumal jetzt noch attraktive Konditionen und Vertragsbedingungen vereinbart werden können, und zwar unabhängig von bereits bestehender Infrastruktur.

Eine eigene Glasfaser-Strategie und ein selbstbestimmter Ausbau, ist auf jeden Fall gesetzlicher Gängelei vorzuziehen.

Schwarze Schafe im Glasfaser-Haustürvertrieb

Wo Licht ist, ist auch Schatten – manche Netzbetreiber gehen derzeit sehr aggressiv bei der Vermarktung von Glasfaser vor. Viele Wohnungsunternehmen stehen dann vor der Herausforderung, wie man die eigenen Mieter und das Unternehmen vor solchen dubiosen Methoden schützt. Experten empfehlen: Setzen Sie klare Spielregeln für den Haustürvertrieb und informieren Sie Ihre Mieter rechtzeitig!

Die TK-Branche schaut dem Treiben nicht tatenlos zu. Ein branchenweiter Haustürkodex sorgt für Transparenz und Vertrauen und sortiert sehr schnell die schwarzen Schafe im Vertrieb aus. Das Interesse von vielen Mietern ist zudem unabhängig von Vertriebsmaßnahmen gegeben und sorgt für Entscheidungsdruck, sodass der Glasfaserausbau sowieso auf der Tagesordnung vieler Immobilien-unternehmen steht.

Zeit zu handeln

Es ist davon auszugehen, dass neben dem spürbaren „Mieterdruck“ auch die avisierten gesetzlichen Vorhaben zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes weitgehend umgesetzt werden. Inwiefern die an das Ministerium versandten Brandbriefe der Verbände eine positive Anpassung zu Gunsten der Wohnungswirtschaft bewirken, bleibt abzuwarten.

Sicher ist nur, dass selbstbestimmtes Handeln aktuell die beste Option darstellt einen Glasfaseranschluss für die eigenen Liegenschaften zu realisieren, statt abzuwarten. Ausgehandelte verlässliche Rahmenbedingungen, Planungs- und Investitionssicherheit sind auf jeden Fall einem Regulierungszwang vorzuziehen.

Dietmar Schickel, Jahrgang 55, gehört zu den Männern der ersten Stunde im deutschen Kabel-TV-Geschäft.  Nach seiner langjährigen Geschäftsführung beim Kabelnetzbetreiber Tele Columbus feiert er mit seinem Beratungsunternehmen DSC Dietmar Schickel Consulting bereits letztes Jahr 10jähriges Firmenjubiläum. Mit mittlerweile 20 Partnern bietet man für Immobilienunternehmen aller Art unter anderem in Sachen Glasfaserausbau und Klima & Energie Themen Beratungsleistungen bei Angebotsabfragen und Ausschreibungen an (www.schickel.de).

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„Doppelter“ Volksentscheid in Hamburg – Klimaneutralität schon 2040 bedeutet rund 57.000 Euro Mehrkosten pro Wohnung

„Doppelter“ Volksentscheid in Hamburg - Klimaneutralität 2040
VNW-Verbandsdirektor Andreas Breitner. Foto: VNW, Bertold Fabricius, Hamburg

Von Andreas Breitner

Am 12. Oktober werden viele Menschen in Norddeutschland auf Hamburg schauen. Die Hamburgerinnen und Hamburger entscheiden an diesem Tag in einem Volksentscheid, ob die Hansestadt Klimaneutralität bereits im Jahr 2040 – also fünf Jahre früher als bislang vom Senat geplant – erreichen soll.

Die Europäische Union hat sich mit dem „Europäischen Green Deal“ und dem EU-Klimagesetz verpflichtet, Netto-Null-Treibhausgasemissionen sogar erst bis zum Jahr 2050 zu erreichen. Klimaneutralität bedeutet, dass nicht mehr klimaschädliche Gase ausgestoßen werden, als durch Maßnahmen wie Aufforstung oder Technologien gebunden werden können.

Der Schutz unserer Umwelt ist zweifelsohne eine der großen Herausforderungen dieser Zeit. Soziale Vermieter, die in Jahrzehnten statt in Wahlperioden denken, gehören seit vielen Jahren zu jenen, die mit Hilfe aufwändiger energetischer Sanierungen ihre Bestände zukunftsfest machen.

Sie tun das stets mit dem Blick darauf, das Notwendige mit dem Machbaren zu verbinden. Machbarkeit bedeutet bei VNW-Unternehmen in erster Linie, Investitionsentscheidungen im Lichte der Bezahlbarkeit von Wohnungen zu treffen. Das heißt auch: Was Mietpreise unnötig in die Höhe treibt, wird nicht gemacht. So einfach ist das.

Das Hannoveraner Pestel Institut hat nun in einer Studie bestätigt, was wissenschaftliche Studien bereits seit mehreren Jahren postulieren: ein großer Teil der Wohngebäude in Hamburg wird energetisch saniert werden müssen, wenn sie bis zum Jahr 2045 klimaneutral sein sollen.

Das Pestel-Institut beziffert die Investitionen für die Sanierung von 700.000 Wohnungen mit rund 54 Milliarden Euro. Das deckt sich mit Ergebnissen der vor einigen Jahren vorgestellten acht Studien, wonach mindestens – und das war als absolute Untergrenze zu verstehen – 40 Milliarden Euro notwendig sind.

40 Milliarden Euro bei 700.000 Wohnungen – das sind rund 57.000 Euro für jede Wohnung, die zusätzlich zu Instandhaltung und Modernisierung aufgewendet werden müssen. Das in 20 Jahren zu schaffen, ist schon kein Pappenstiel. Die Verkürzung der Zeitspanne auf 15 Jahre dürfte Grenze des Machbaren überschreiten.

Ich will jetzt gar nicht fragen, woher die vielen Handwerker, Planer und Ingenieure kommen sollen, um die Aufgabe zu meistern. Zumal wir tagtäglich erleben (müssen), wie schwer Politik und Behörden sich mit dem Abbau von bürokratischen Regelungen tun.

Man muss nicht Mathematik studiert haben, um zu erkennen, dass ein Aufbringen von 54 Milliarden Euro innerhalb von 15 statt von 20 Jahren einen erheblichen Anstieg von Mieten voraussetzt. Am Gemeinwohl orientierte Vermieter haben keinen Rücklagen, die dafür zur Verfügung stünden.

Wenn der Hamburger Mieterverein fast schon schadenfroh darauf hinweist, dass (energetische) Sanierungskosten innerhalb von sechs Jahren lediglich in Höhe von zwei bzw. drei Euro pro Quadratmeter umgelegt werden dürfen, stellt sich natürlich die Frage: Wer soll das zusätzliche Geld aufbringen?

Um die Dimension der „Lücke“ deutlich zu machen, hier ein Rechenbeispiel. Die mittlere Wohnfläche je Wohnung liegt in Hamburg derzeit bei 76,4 Quadratmetern. Wenn im Durchschnitt pro Quadratmeter maximal 2,50 Euro pro Monat umgelegt werden dürfen und das zwölf Mal im Jahr, kommen innerhalb von 15 Jahren bei 700.000 Wohnungen rund 24,1 Milliarden Euro zusammen.

Die Kosten liegen aber mindestens bei 40 Milliarden, laut Pestel sogar bei 54 Milliarden Euro. Woher also sollen die fehlenden 30 Milliarden Euro kommen? Aus dem Hamburger Haushalt? Sicher nicht. Für das Jahr 2025 plant die Hansestadt Ausgaben in Höhe von 21,4 Milliarden Euro – wobei die meisten Ausgaben gesetzlich festgelegt sind, beispielsweise für Bildung und Soziales.

Dann also die Wohnungswirtschaft? Wie schon gesagt: am Gemeinwohl orientierte Vermieter wirtschaften so, dass sie mit den Mieteinahmen ihre Kosten decken. Riesige Rücklagen bilden gehört nicht zu ihrem Auftrag, und Wohnungen teuer zu verkaufen, verbietet sich ebenfalls. Also noch mal die Frage: Woher sollen die fehlenden 30 Milliarden Euro kommen?

Interessant wird das Rechenbeispiel, wenn man die Zeitschiene verlängert. Klimaneutralität im Jahr 2045 würde dann „Einnahmen“ für eine energetische Sanierung in Höhe von 32,1 Milliarden Euro bedeuten. Setzt man den Zeitpunkt auf 2050, kämen 40,1 Milliarden Euro zusammen.

Mit anderen Worten: Je weniger Zeit ich habe, Klimaneutralität zu erreichen, desto mehr Geld muss ich am Anfang ausgeben – und um so mehr muss ich die Mieten erhöhen.

Nun kann man einwenden: „Ja aber, wir tun ja etwas für den Klimaschutz!“. Der Anteil Deutschlands am weltweiten CO2-Ausstoß liegt bei 1,8 Prozent. Der Anteil von Hamburg, Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern dürfte da kaum ins Gewicht fallen.

Andreas Breitner

Vorstand und Verbandsdirektor Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW)

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FRK zum Glasfaserausbau: mehr Markt, weniger Staat

FRK zum Glasfaserausbau: mehr Markt, weniger Staat
„Unsere Mitglieder werden jetzt schon mit Vorschriften und Pflichten aus dem Telekommunikations- und Medienrecht überfrachtet“, sagt Ralf Berger, Vorsitzender des FRK.

Der Fachverband Rundfunk- und BreitbandKommunikation (FRK), Lauchhammer, begrüßt den im Eckpunktepapier zur Anpassung des Telekommunikationsgesetzes erkennbaren Willen des Bundesministeriums für Digitales und Staatsmodernisierung (BMDS) zur Beschleunigung des Glasfaserausbaus, kritisiert aber dessen Vorschläge für neue Vorgaben und Pflichten.

Die Vereinfachung und Beschleunigung von Genehmigungsverfahren für den Glasfaserausbau sieht der FRK positiv, fordert aber gleichzeitig mehr Markt und weniger Staat – insbesondere für den FTTH-Ausbau in Gebäuden auf der Netzebene 4 (NE4).

Das Eckpunktepapier sieht neue Unsicherheiten für die Investitionen der NE4-ausbauenden Unternehmen vor.

„Unsere Mitglieder werden jetzt schon mit Vorschriften und Pflichten aus dem Telekommunikations- und Medienrecht überfrachtet“, sagt Ralf Berger, Vorsitzender des FRK. Viele Vorschläge aus dem Eckpunktepapier erhöhen den bürokratischen Aufwand wie etwa neue Transparenzvorgaben oder Veröffentlichungspflichten.

„Viele mittelständische Unternehmen bringt das an den Rand des Leistbaren“, kritisiert Berger und fordert: „Der Staat soll dem Markt mehr Vertrauen entgegenbringen und nicht alles bis ins kleinste Detail regulieren.“

Staat greift ein weiteres Mal in den Markt ein

Mit dem Wegfall der Umlagefähigkeit der Netzbetriebs- auf die Mietnebenkosten und dem damit verbundenen Sonderkündigungsrecht greift der Staat ein weiteres Mal in den Markt ein. Beim Nachfolger, das Glasfaserbereitstellungsentgelt, kritisierte der FRK von Anfang an die Festlegung eines konkreten Entgelts für einen Markt, der sich sehr dynamisch entwickelt. Die Erhöhung von 540 auf 960 Euro brutto ist folgerichtig, löst das Problem aber nicht – das kann nur der Markt.

Bereits jetzt muss jeder Netzbetreiber, der das Glasfaserbereitstellungsentgelt nutzt, Wettbewerbern Zugang zu einer freien Faser gewähren, wenn diese mit Glasfaser am Gebäude anliegen. Mit der angedachten Erweiterung der Duldungspflicht und dem Recht auf Vollausbau drohen weitere regulatorische Eingriffe, die den Markt behindern. Dadurch können Unternehmen Kunden im mehrgeschossigen Wohnungsbau akquirieren, ohne selbst in die NE4 investieren zu müssen. „Das stellt ein unzumutbares Risiko für den ausbauenden Mittelstand dar, hemmt dessen Investitionsbereitschaft und damit letztendlich den Glasfaserausbau auf der NE4“, verdeutlicht Berger.

Durch das Recht auf Vollausbau könnte ein Unternehmen sämtliche Wohnungen eines Gebäudes mit Glasfaser erschließen, wenn es nur einen einzigen Endkundenvertrag in diesem Gebäude besitzt.

„Damit kommt der gefürchtete strategische Glasfaserüberbau von der Straße in die Gebäude“, warnt Berger. Er betont, dass die Wohnungswirtschaft und ihre langjährigen Partnerunternehmen aus dem FRK den Vollausbau wollen und ohne den Staat in der Lage sind, zwischen Wohnungsunternehmen und Netzbetreibern tragfähige Lösungen für den Glasfaserausbau auf der NE4 zu finden.

Keinen Bedarf für Mitnutzungsentgelte, die von der BNetzA festgelegt werden

Des Weiteren sieht der FRK-Vorsitzende auch keinen Bedarf für Mitnutzungsentgelte, die von der BNetzA festgelegt werden. „Am grünen Tisch festgelegte Entgelte entsprechen selten der Marktrealität und torpedieren daher jede Kalkulation. So wird der Gasfaserausbau verhindert, statt gefördert“, sagt Berger.

Der FRK verfolgt ausschließlich gemeinnützige Zwecke. Der Verbandszweck ist die Vertretung der auf dem Gebiet der Empfangsantennen, Kabel- und Breitband Kommunikationsanlagen tätigen Fachbetriebe sowie von Unternehmen, die solche Anlagen unterhalten oder unterhalten lassen, und zwar im Sinne einer der Allgemeinheit dienenden Versorgung mit Ton- und Fernsehrundfunk sowie Breitbandkommunikationsdiensten. Der Verband dient weiter dem Informationsaustausch unter den Mitgliedern zur allgemeinen Verbesserung der Marktposition sowie der Sicherung berufsständischer Interessen der Mitglieder.

Dr. Peter Hitpaß / VNW Beauftragter für Partnermitglieder

Quelle: PM FRK

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