Auf der HEIKOM 2025 erläutert uns Wolfgang Esch (WEPTECH, Vorstand OMS-Group), wohin die Reise im offenen Zählerfunk geht: weg von Insellösungen, hin zu einem durchgängig standardisierten Stack vom Endgerät bis zum Gateway. Kern sind die neue Spezifikation OMS 5.0 mit eigenem LPWAN-Profil und ein Lizenzmodell, mit dem zertifizierte Geräte künftig ein OMS-Logo tragen dürfen.
Für Messdienste, Versorger und Wohnungsunternehmen ist das mehr als Technikdetail – es geht um Klarheit bei Einkauf, Funkplanung und Betrieb.
Herausforderungen
- Keine sichtbare Interoperabilität: Bislang durfte kein Gerät mit einem OMS-Logo gekennzeichnet werden, ob ein Zähler wirklich interoperabel ist, musste man im Datenblatt nachlesen oder testen.
- Reichweitenlimits von wM-Bus: Klassische OMS-Funkprofile auf Wireless M-Bus stoßen bei Kellerlagen und großen Liegenschaften an Grenzen; zusätzliche Repeater erhöhen Aufwand und Komplexität.
- Viele Funkwege, wenig Durchblick: wM-Bus, LoRaWAN, mioty, proprietäre LPWAN-Varianten – ohne gemeinsamen Anwendungsstandard drohen parallele Datenwelten.
- Schlüsselmanagement als Sicherheitsrisiko: Jeder Zähler hat einen individuellen Schlüssel; ohne standardisierten Key-Exchange wird die sichere Übergabe zwischen Hersteller, Messdienst und Backend schnell zum manuellen Prozess mit Fehlerpotenzial.
- Hoher Integrationsaufwand in SMGW-Umgebungen: Das BSI-Smart-Meter-Gateway ist gesetzt, die saubere Einbindung von Submeter-Daten (Strom, Gas, Wasser, Wärme) über die LMN-Schnittstelle braucht einheitliche Protokolle.
Der Ansatz
Strukturierte Standardisierung statt „jeder macht seins“
Die OMS-Group bündelt heute 82 Mitglieder aus Industrie und Messwesen (Stand 01.10.2025). In Arbeitsgruppen werden Profile, Testwerkzeuge und Schnittstellen definiert:
- AG 1 spezifiziert die OMS-Telegramme – hier sitzen insbesondere Zählerhersteller, die das Verhalten der Geräte im Feld prägen.
- AG 3 entwickelt das Konformitätstest-Tool, mit dem Produkte vor der Zertifizierung gegen die Spezifikation geprüft werden.
- AG 4 kümmert sich um den verkabelten M-Bus, AG 5 um Marketing, AG 6 um die Anbindung an externe Standards (CEN/TC 294, DIN, LoRa Alliance, mioty alliance, DLMS UA).
- Taskforces adressieren Spezialthemen wie Key-Exchange, also die sichere Übergabe der Zählerschlüssel.
OMS im Smart Metering verankern
OMS ist längst im regulierten Smart-Meter-Umfeld angekommen: Über die LMN-Schnittstelle des BSI-Smart-Meter-Gateways können Strom- und Gaszähler, perspektivisch auch Wasser und Wärme, drahtlos angebunden werden. Submeter-Gateways sprechen wM-Bus/OMS, sammeln die Daten und führen sie zur Abrechnung oder in Dashboards.
OMS 5.0: eigenes LPWAN-Profil
Mit OMS 5.0 geht die Gruppe den nächsten Schritt: Ein eigenes OMS-LPWAN-Profil erweitert die Spezifikation über klassischen wM-Bus hinaus. Laut Präsentation umfasst OMS 5.0:
- einen Burst Mode mit mehreren Betriebsarten für unterschiedliche Reichweiten und Datenraten
- einen Splitting Mode, der die Daten in Pakete aufteilt – konzeptionell vergleichbar mit mioty, aber vollständig im OMS-Rahmen definiert
- die Möglichkeit, OMS sowohl „over LoRaWAN“ als auch „over mioty“ zu fahren oder nativ als OMS-LPWAN
Ergebnis: Für das Backend sieht alles gleich aus. Ob die Daten per wM-Bus, LoRaWAN, mioty oder OMS-LPWAN kommen, das OMS-Anwendungsprofil bleibt identisch und kann mit einem Parser dekodiert werden.
Lizenz & Logo: sichtbares Qualitätszeichen
Parallel treibt die OMS-Group das Thema Lizenzierung:
- Zertifizierte Produkte können künftig einen Lizenzvertrag abschließen und das OMS-Logo auf dem Gerät führen.
- Laut Präsentation ist dies eine schlanke Vereinbarung; die Veröffentlichung des Modells ist für Anfang 2026 angekündigt.
Damit wird Interoperabilität erstmals sichtbar: Ein Logo zeigt, dass das Gerät die Tests bestanden hat und dem OMS-Profil entspricht.
Vom Sensor bis zum Rauchwarnmelder
Die Spezifikation ist nicht auf klassische Verbrauchszähler beschränkt. Esch verweist auf eigene Profile für Sensoren – etwa Rauchwarnmelder mit OMS-Telegramm. Damit lassen sich zusätzliche Felder wie Sicherheit und Monitoring über dieselbe Infrastruktur erschließen.
Warum das wichtig ist
Die Branche steht unter Druck: Fernablesbare Submeter-Technik ist bis 2026/27 Pflicht, gleichzeitig fehlen Fachkräfte, und Smart-Meter-Gateways werden zum zentralen Knoten für Strom, Wärme und Wasser. Lösungen, die Funkwege bündeln, Interoperabilität sichern und Schlüsselmanagement standardisieren, senken Integrationsrisiken, insbesondere, wenn sie bereits im regulierten SMGW-Umfeld verankert sind. OMS 5.0 zielt genau darauf: Ein gemeinsamer Stack für mobile Auslesung, feste Netze und SMGW-Anbindung, ergänzt um ein Lizenzmodell, das geprüfte Produkte klar kennzeichnet.
Einordnung für die Wohnungswirtschaft
Wo passt das?
- In Beständen, in denen mehrere Sparten (Heizung, Wasser, ggf. Strom) über eine gemeinsame Funkinfrastruktur erfasst werden sollen.
- In Projekten, die bereits ein BSI-Smart-Meter-Gateway als zentrale Drehscheibe nutzen oder planen.
- In größeren Liegenschaften, in denen wM-Bus-Reichweite nicht mehr ausreicht und LPWAN-Optionen (LoRaWAN, mioty, OMS-LPWAN) gefragt sind.
Welche Abhängigkeiten?
- Geräte müssen das passende OMS-Profil unterstützen, idealerweise bereits in Richtung OMS 5.0.
- Messdienst- und Backend-Systeme brauchen Parser für die entsprechenden OMS-Telegramme und Schnittstellen für Key-Exchange und Zertifikatsverwaltung.
- Funkplanung bleibt Pflicht: OMS löst nicht jedes Kellerproblem, aber es schafft Klarheit, welche Technologien zusammenspielen dürfen.
Grenzen & Risiken
- Nicht jeder Hersteller wird zeitgleich auf OMS 5.0 umstellen; Übergangsphasen mit gemischten Profilen sind realistisch.
- LPWAN-Betrieb unterliegt regulatorischen Rahmenbedingungen (Duty-Cycle, Frequenznutzung), die in der Planung berücksichtigt werden müssen.
- Die praktische Wirkung des OMS-Logos hängt davon ab, wie konsequent Beschaffung und Messdienste es als Kriterium nutzen.
Was jetzt zu tun ist
- Zähltechnik-Roadmap prüfen: Wo sind bereits heute OMS-fähige Geräte im Einsatz?
- Ausschreibungen anpassen: OMS-Zertifizierung und perspektivisch OMS-Logo als Muss-Kriterium definieren.
- Mit Messdienst und IT klären, welche OMS-Profile (C1/T1, LPWAN) heute und künftig unterstützt werden.
- Key-Exchange-Prozesse mit Geräteherstellern standardisieren – möglichst entlang der OMS-Spezifikation.
- Bei neuen Funkprojekten (LoRaWAN/mioty) sicherstellen, dass die Lösung „OMS spricht“ und nicht in proprietären Protokollen endet.
Praxisnutzen
In der Präsentation zeigt Esch den OMS-Stack im Smart-Metering-Alltag: BSI-Smart-Meter-Gateway als zentrales Element, Submeter-Gateways für Wärme und Wasser, mobile Walk-by-Auslesung und LPWAN-Techniken wie mioty und LoRaWAN,alle berichten in OMS-Telegrammen. Für die Praxis heißt das:
- Ein Versorger kann mit einem OMS-basierten Setup mobil, festnetzgestützt und über das SMGW auslesen, ohne verschiedene Datenformate pflegen zu müssen.
- Wohnungsunternehmen können Sensoren (z. B. Rauchwarnmelder) an dieselbe Infrastruktur anbinden und im Backend über einheitliche Schnittstellen auswerten.
- Das geplante OMS-Logo hilft in der Beschaffung, Geräte unterschiedlicher Hersteller gezielt so auszuwählen, dass sie im Multi-Vendor-Umfeld zusammenspielen.
Fazit
OMS 5.0 und das neue Lizenzmodell sind kein radikaler Bruch, sondern die logische Weiterentwicklung eines offenen Standards: mehr Reichweite durch LPWAN, mehr Transparenz durch Logo und Lizenz, mehr Sicherheit durch standardisierten Key-Exchange. Für Messdienste und Wohnungsunternehmen ist jetzt der Zeitpunkt, OMS-Fähigkeit und OMS 5.0-Readiness in der Zähltechnik-Strategie fest zu verankern, vom nächsten Gateway bis zur langfristigen Funkarchitektur.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Offene OMS-Spezifikation verbindet Zähler und Sensoren medienneutral über verschiedene Funktechnologien.
- OMS 5.0 bringt eigenes LPWAN-Profil mit Burst- und Splitting-Mode.
- Energieversorger gewinnen Reichweite, Interoperabilität und Investitionssicherheit bei Funk-Auslesung.
- Neues Lizenzmodell erlaubt zertifizierten Produkten, das OMS-Logo sichtbar zu tragen.
- Arbeitsgruppen und Taskforces definieren Profile, Test-Tool und sicheren Schlüsseltransfer.
- Wohnungsunternehmen sollten OMS 5.0 bei Neuanschaffungen und Funkkonzepten konsequent mitdenken.
Glossar
wM-Bus / OMS
wM-Bus ist der etablierte Funkstandard für Submetering. OMS definiert darauf aufbauende Profile, die Geräte unterschiedlicher Hersteller interoperabel machen.
OMS 5.0 / OMS-LPWAN
Version 5.0 der OMS-Spezifikation ergänzt wM-Bus um ein eigenes LPWAN-Profil mit Burst- und Splitting-Mode für größere Reichweiten und robustere Übertragung.
LoRaWAN
Weitreichendes Low-Power-Funknetz, das kleine Datenpakete über mehrere Kilometer übertragen kann. In Kombination mit OMS können Zählerdaten standardisiert transportiert und dekodiert werden.
mioty
LPWAN-Technologie mit besonderem Fokus auf robuste Übertragung durch Paket-Splitting. In OMS-Szenarien läuft OMS als Anwendungsschicht über dem mioty-Netz.
M-Bus (verkabelt)
Klassischer drahtgebundener Bus für Zählerkommunikation im Gebäude; eignet sich als „Backbone“, an den OMS-fähige Gateways und Zähler angebunden werden können.
Edge-Gateway
Gerät vor Ort, das Zählerdaten einsammelt, in OMS-Telegramme übersetzt und zur Abrechnung oder in die Cloud weiterleitet – oft mit lokalen Funktionen wie Pufferung oder Protokoll-Konvertierung.
Key-Exchange
Standardisierter Austausch der Zählerschlüssel zwischen Hersteller, Messdienst und Backend. Ziel ist, Funktelegramme Ende-zu-Ende verschlüsselt, aber trotzdem auswertbar zu halten.
LMN-Schnittstelle / BSI-Smart-Meter-Gateway
Die LMN-Schnittstelle des Smart-Meter-Gateways bindet externe Zähler (Strom, Gas, Wasser, Wärme) an. OMS definiert, wie diese Geräte über wM-Bus oder LPWAN angebunden und ausgelesen werden.


