Liebe Leserinnen, liebe Leser!

Meine ersten unmittelbaren Berührungspunkte mit LED-Leuchtmitteln, Fahrzeugen mit PV-Modulen am Dach und komplett autarken Energiesystemen sowie Mikro-Anergienetzen innerhalb eines Gebäudeverbunds hatte ich bei den Amischen in den USA, irgendwann Ende der 2000er-Jahre.

Insgesamt leben in den USA rund 300.000 Amische, viele davon mögen unserem Klischeebild entsprechen: Sie heißen Yoder, tragen weiße Bärte und fahren mit klapprigen Pferdekutschen durch die Landschaft. Doch im Norden von Indiana, an der Staatsgrenze zu Michigan, wo die Dörfer so klingende Namen haben wie Goshen, Nappanee und Shipshewana, ist eine besonders liberale, fortschrittliche, ja sogar innovationsaufgeschlossene Gemeinde zu Hause.

„Wir sind nicht so altmodisch wie alle glauben“, sagte mir damals ein gewisser Steven Yoder, 46 Jahre alt zu diesem Zeitpunkt, als wir uns über seine Amisch-Gemeinde unterhielten. „Nur weil wir uns für ein einfaches Leben im Geiste von Gott und Familie entschieden haben, heißt das noch lange nicht, dass wir hinterm Mond wohnen.“

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Um sich nicht von öffentlichen und privatwirtschaftlichen Energie-Infrastrukturen abhängig zu machen, haben sich die Amische in Indiana ihre eigenen Netze geschaffen: Sie produzieren Strom über Photovoltaik, die auf ihren Häusern und Kutschendächern installiert ist, sie kaufen moderne Buggies aus Fiberglas und Carbonfaser, damit die Gäule weniger Kilos hinter sich herziehen müssen, und sie setzen auf LEDBirnen und LED-Scheinwerfer, um mit der selbst produzierten Energie länger auszukommen.

Die Amische, man glaubt es kaum, sind uns 10, 15 Jahre zuvorgekommen. Allmählich kommen die Themen Sparsamkeit und Energieautarkie sowie ganzheitliche Wohn- und Mobilitätskonzepte auch im mitteleuropäischen Wohnbau an. Und wir brauchen uns nichts vormachen: Angetrieben wird diese Entwicklung nur in seltenen Fällen von Visionen und innovativen, selbstwirksam entwickelten Lebensmodellen wie bei den Amischen. In den meisten Fällen sind es Zwänge und verdammt unbequeme Rahmenbedingungen wie etwa Gesetze, Förderrichtlinien, drastische EU-Maßnahmen und dramatisch steigende Bau- und Energiekosten, die uns zum Umdenken bewegen.

Doch es gibt sie – die Pioniere, die Vordenker und Vormacher, diejenigen, die eine Mission im Herzen ihres Unternehmens tragen und mit gutem Beispiel vorangehen, die Projekte in die Welt setzen, die vieles gut machen und an denen wir uns orientieren können. Genau diesen Protagonisten und ihrem Werk ist das vorliegende Heft gewidmet.

Dank den einen, eine gute und inspirierende Lektüre den anderen!

Ihr Wojciech Czaja

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