Klimafit bauen mit Beton

Leistbarer Wohnraum ist dringender als je zuvor erforderlich – die explodierenden Energiepreise und die endlich in Schwung kommenden Klimaschutzbemühungen forcieren das klimafitte Bauen. Beton ist Teil der Lösung – und das für Generationen.

Der gemeinnützige Bauträger Neues Leben hat es in Kooperation mit M2plus Immobilien gewagt: Er hat den ersten mehrgeschoßigen sozialen Wohnbau, MGG22, Mühlgrundgasse im 22. Bezirk in Wien, mit 160 Einheiten errichtet, der ohne fossile Energie auskommt. Die schlaue Ausnützung der Speichermasse Beton zum Heizen und Kühlen, das viele Grün und die klugen Grundrisse führten zu einem Run auf die Wohnungen.

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Die Vereinigung der Österreichischen Zementindustrie, VÖZ, ist Mieter einer Wohnung und beobachtet die Temperaturentwicklung penibel. Bauträger und Architekten kommen vorbei, um sich von den positiven Effekten der Nutzung der Speichermasse von Beton vor Ort überzeugen zu können. Das Interesse an dem Wohnbau war gewaltig – klar, denn Wohnungen mit nahezu null Energiekosten, das wünscht sich jeder, in der aktuellen Energiekrise nun ein zusätzliches Plus für die Bewohner.

Am dreigeteilten Bauplatz stehen zehn Häuser, alle wurden als Niedrigenergiegebäude mit Bauteilaktivierung und Nutzung alternativer Energie errichtet. Beton ist der dominante Baustoff, geheizt und gekühlt wird über die Decken. Harald Kuster von FIN – Future is Now plante das Energiekonzept. Er ist einer der Pioniere der Bauteilaktivierung und erkannte schon früh das Potenzial der Technologie.

Gebäude, die heute gebaut werden, legen den Grundstein für kommende Generationen, denn die Reduktion von CO₂ wird das bestimmende Zukunftsthema sein. Das betrifft die gesamte Baustoffindustrie und die nachgelagerte Wertschöpfungskette. Heizen und Kühlen ist für 30 bis 40 Prozent des Energieverbrauchs in Europa samt zugehörigem CO₂-Ausstoß verantwortlich. Bis 2040 muss der Gebäudebestand CO₂-neutral werden.

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Das gelingt nur mit der Verringerung des Gesamtenergieverbrauchs durch eine gute Gebäudehülle wie auch mit dem Einsatz von erneuerbaren Energieträgern. Beton bietet sich aufgrund seiner Speicherfähigkeit perfekt an, die Technologie der Bauteilaktivierung funktioniert ganz simpel wie eine Fußbodenheizung, hat besondere Vorteile beim Kühlen und die zahlreichen Referenzprojekte versprechen eine starke Zukunft.

Fossilfrei heizen und kühlen

„Beton ist Teil der Lösung“, ist Anton Glasmaier, Vorstandsvorsitzender von Beton Dialog Österreich, BDÖ, überzeugt, „egal, ob die Speicherfähigkeit von Beton genützt wird oder ob Fertigteile zum Einsatz kommen: Beton leistet Beiträge zum Klimaschutz, zum Ressourcen-Sparen und ist die beste Investition für eine langfristige und nachhaltige Immobilie.“

„Ohne die thermische Masse von Beton wäre ein Plus-Energie-Quartier nicht realisierbar.“

Anton Glasmaier
Bauteilaktivierung
Die thermische Bauteilaktivierung ist ein Begriff aus der Haus- und Klimatechnik und bezeichnet Systeme, welche die Gebäudemassen zur Temperaturregulierung nutzen und zur alleinigen oder ergänzenden Raumheizung oder wahlweise Kühlung verwenden. Beton ist aufgrund seiner thermischen Masse der perfekte Baustoff, der mittels Bauteilaktivierung als Energiespeicher genützt werden kann. Die Bauteilaktivierung wird vom Klima- und Energiefonds unterstützt, in Salzburg wurde die Technologie mittlerweile in die Wohnbauförderung aufgenommen.

In der Seestadt Aspern findet sich das nächste Projekt, das die Klimaschutzleistungen von Beton unter Beweis stellt. „Dass Beton ein Multitalent ist, weiß ich aufgrund meiner langjährigen Berufserfahrung schon lange – doch beim Bildungscampus Liselotte-Hansen- Schmidt werden alle Eigenschaften des Baustoffs auf vorbildliche Weise genützt. Fazit: Wenn Baustoffe gemäß den Ansprüchen an ein Projekt sowie an den Klimaschutz sinnvoll eingesetzt werden, können herausragende Ergebnisse erzielt werden.“

Mit rund zwei Euro Energiekosten pro Quadratmeter im Jahr erweist sich der Bildungscampus mit mehr als 11.000 Quadratmeter Nutzfläche nicht nur als Sparmeisterprojekt, sondern zeigt, dass auch bei großvolumigen Gebäuden beeindruckende Energiesparpotenziale – und eine Versorgung völlig ohne fossile Energie – realisierbar sind. Der „Trick“: Alle Decken sind bauteilaktiviert und werden von der Technik dahinter – Wärmepumpen, Erdsonden und Photovoltaik – mit Kälte oder Wärme versorgt.

Volkshilfe Hafen „Frauen-Wohnen der Generationen“ stellt das System der Bauteilaktivierung für den sozialen Wohnbau unter Beweis. Foto: Treberspurg

Das Projekt Volkshilfe Hafen, geplant von Treberspurg & Partner Architekten ZT GmbH, ist ein soeben fertiggestelltes Bauvorhaben, das unter Beweis stellt, dass das System der Bauteilaktivierung duplizierbar für den sozialen Wohnbau ist. Volkshilfe Hafen ist das zweite Projekt von Treberspurg & Partner Architekten, in dem – bis auf Geothermie, aufgrund der Bodenbeschaffung – alle Innovationen der fossilfreien Energie genützt werden. Die Bauteilaktivierung steht wie auch beim ersten Projekt, einem Doppelwohnhaus in Purkersdorf, im Zentrum. Dort gibt es ebenso eine prädiktive Steuerung.

Anton Glasmaier, der Vorstandsvorsitzende von Beton Dialog Österreich, BDÖ. Foto: Stefan Seelig/BDÖ
Österreichischer Betonpreis 2023 
Der Österreichische Betonpreis 2023 prämiert die besten Bauten aus Beton. Nachhaltigkeit, Funktionalität, Ausführungsleistung, Innovation und Design sind die ausschlaggebenden Kriterien. 
Eingeladen sind Architekturbüros, Planungsbüros, ausführende Unternehmen, Bauherren, Bauträger, Zement-, Transportbeton- und Betonfertigteil- Lieferanten mit Sitz in Österreich. 
Eingereicht werden können von 2020 bis 2023 in Österreich fertiggestellte Bauprojekte – Neubau, Nachverdichtung und Sanierung (Wohnbau, Verwaltungs-, Kultur- und Bildungsbau, Gewerbe- und Industriebau, Infrastrukturbau sowie Tiefbau). 
Einreichfrist: 3. April 2023 
Jurysitzung: Mai 2023 
Preisverleihung: 22. Juni 2023 
www.betondialog.at/betonpreis

Das dritte Projekt, Campo Breitenlee, ein gemeinnütziger Wohnbau in der Podhagskygasse in Wien-Donaustadt mit mehr als 320 Wohneinheiten in Zusammenarbeit mit Synn Architekten, ist in Bau (Bauträger: ÖVW/Mischek). Auch hier kommt die Bauteilaktivierung zur Anwendung, zudem qualifizierte sich das Projekt im Programm „Stadt der Zukunft“ zur Umsetzung als Plus-Energie-Quartier.

Leistbarer Wohnraum

Der soeben übergebene Wohnbau des gemeinnützige Bauträgers WBV-GPA am Areal um die Käthe-Dorsch-Gasse im 14. Bezirk in Wien ist ein Plus-Energie- Quartier. Gemeinsam mit den Architektenteams Christoph Lechner & Partner ZT GmbH und Berger + Parkkinen Architekten entwickelte die WBVGPA differenzierte Grundrisslösungen der Wohnungen und nutzte dabei Möglichkeiten zur Partizipation, auch bei der Organisation der Gemeinschaftsbereiche.

Das Energiekonzept basiert auf Niedrigstenergiehaus-Standard, mit einer von fossilen Brennstoffen unabhängigen Wärme-/Kälteversorgung, mit Bauteilaktivierung, Erdsonden, Photovoltaik, Wärmepumpen wie auch einer Abwasser-Wärmerückgewinnungsanlage.

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