Ich wohne in einem gründerzeitlichen Haus zur Miete, ich könnte mir niemals vorstellen, keinen Gasherd mehr zu haben, und ich finde Induktionskochfelder ganz fürchterlich schrecklich. So wie all die anderen Performer, Expeditionisten und Bobo-Hedonisten, die die Sinus-Milieu-Kartoffelgrafik so faszinierend finden wie ich und sich – ebenfalls so wie ich – als große Feuer-und-Flamme-Connaisseure bezeichnen, bloß weil sie ein-, zweimal die Woche am Herd stehen und den Holzkochlöffel schwingen.
Und obwohl mir mein Gaskochfeld aus besagten, quasi-kulinarischen Gründen lieb und teuer ist, habe ich mir in den letzten Monaten immer wieder den Abschied von meiner fossilen Freudenquelle ausgemalt. Hoffentlich, dachte sich der egoistische Partikularinteressent tief in mir drinnen (ganz im Gegenteil zu meinem inneren Journalisten), lässt sich meine Vermieterin noch etwas Zeit, wenn es darum geht, im Keller in die Erde runterzubohren oder irgendwelche Luftwärmepumpen auf den Dachboden zu stellen.
Und dennoch: Als ich am 17. Oktober die ZIB 2 geschaut habe, in Vernehmung, dass vom geplanten Erneuerbare- Wärme-Gesetz, das die Bundesregierung vor rund einem Jahr beschlossen hatte, eigentlich nichts mehr übrig geblieben ist, außer ein fauler Kompromiss mit den drei Buchstaben E, W und G, habe ich ein bisschen den Glauben an meinen eigenen ökologischen Optimismus verloren. Jenen an unsere Verbrennungsmotor-Regierung unter der Leitung von UHBK Nehammer, einem Kolbenreiber der Vernunft, habe ich eh schon lange aufgegeben.
Bis 2040, das war der Plan, hätten die rund 500.000 Ölheizungen und 900.000 Gasheizungen in Österreich gegen erneuerbare Energiesysteme ausgetauscht werden müssen. Sicherlich, der Gesetzesentwurf war ein langes Hin und Her, alles irgendwie sehr komplex und unübersichtlich mit all den vielen Wartungs-, Reparatur- und Stilllegungsklauseln, mit all ihren tausend Ausnahmen darin, in der Branche wurde der EGW-Entwurf selbst von Postmateriellen und Sozialökologischen bisweilen belächelt und kritisch kommentiert, aber das wieder einmal typisch österreichische Zurückrudern an jenem Dienstag – 22:08 auf der einen Uhr, fünf Minuten nach 12 auf der anderen – war ein Schock.
Die nun vorliegende Ausgabe der Zeitschrift WohnenPlus, sehr geehrte Leserinnen und Leser, widmet sich einem weiteren, extrem wichtigen Fundament zur Dekarbonisierung unseres Bauens und Wohnens – und zwar dem Sanieren, dem Baustoff-Recycling, dem Nachverdichten bestehender Infrastrukturen, dem Reconstructing. Nach dem niederschmetternden 17. Oktober gewinnen diese Themen einmal mehr an Dringlichkeit. Lassen Sie uns diesen Weg in die Zukunft, bitte, nicht auch noch verlassen!
Viel Kraft und viel Inspiration wünscht
Wojciech Czaja