Angesichts der explodierenden Heiz- und Energiekosten sollten wir bei Atomenergie und Kohle die vorhandene und damit gesicherte Kraftwerksleistung übergangsweise weiter nutzen. Ziel muss es sein, die Energie- und Versorgungssicherheit zu gewährleisten und für bezahlbare Kilowattstundenpreise zu sorgen.
Wir stehen vor einer Preiserhöhungswelle, deren Ausmaß den allermeisten Menschen noch nicht bewusst ist. Nun gilt es, die Lage durch selbst auferlegte Verbote zum Fracking, zur Atomkraft und zur Kohle nicht noch künstlich zu verschlechtern.
Das würde bedeuten, dass auch das Ende vergangenen Jahres vom Netz genommene Atomkraftwerk Brokdorf erneut anzufahren und eine gewisse Zeit wieder Strom liefern zu lassen. Wir stehen vor einer Versorgungskrise unbekannten Ausmaßes und müssen in der Zeitenwende auch Denkverbote aufheben.
Ferner geht es darum, zu prüfen, ob das Kohlekraftwerk Moorburg in Hamburg für eine gewisse Zeit wieder ans Netz gebracht werden kann. Moorburg ist erst 2015 als Europas modernstes Kohlekraftwerk ans Netz gegangen, um es 2021 wieder abzuschalten. Aus heutiger Sicht war das ein Riesenfehler, für dessen Korrektur es nicht zu spät ist.
So schwer es fällt: Atom und Kohleenergie sind derzeit übergangsweise ein gangbarer Weg, für die Menschen die Heiz- und Stromkosten bezahlbar zu halten. Nur wenn innerhalb kurzer Zeit mehr günstig erzeugte Energie auf dem Markt ist, lässt sich der dramatische Preisanstieg dämpfen und die Abhängigkeit von russischem Gas begrenzen.
Es geht um Fragen der Versorgungssicherheit und der Bezahlbarkeit von Energie. Wir müssen verhindern, wirtschaftliche Verwerfungen und massive soziale Folgen zu vermeiden, die letztlich nur Russland in die Hände spielen. Auch Deutschland braucht Stabilität.
Das bedeutet allerdings keine Abkehr vom Klimaschutz. Vielmehr bleibt der Klimaschutz das zentrale Thema der kommenden Jahre. Wir brauchen einen zügigen Aufbau einer von fossilen Energieträgern unabhängigen Energielandschaft.
Zudem sollte der CO2-Preis im europäischen Handel zeitweise festgeschrieben und so vorübergehend der massiv spekulationsgetriebenen Preisbildung im Börsenhandel entzogen werden.
Steuern auf Energie sollten so weit gesenkt werden, dass das absolute Aufkommen bezogen auf einen Zeitpunkt unmittelbar vor der Corona-Pandemie nicht unterschritten wird. Die Abschaffung der EEG-Umlage ist ein erster Schritt, reicht aber nicht.
Zu guter Letzt ist die Vereinfachung der Eigenversorgung mit Strom und Heizenergie notwendig. Die Energieversorgung von Wohnungen muss weitgehend von der nicht mehr berechenbaren Preisbildung an der Energiebörse entkoppelt werden. Hier ist die Politik gefordert.
Andreas Breitner
Vorstand und Verbandsdirektor
Verband norddeutscher Wohnungsunternehmen (VNW)