Den Bestand verstehen

Bei der Wien-Süd hat man eine Leidenschaft für das Sanieren. Das Spektrum der Anforderungen ist dabei höchst vielfältig.
FRANZISKA LEEB

Von Arbeiterhäusern aus der Gründerzeit über Großsiedlungen aus den 1970er-Jahren bis hin zu ehemaligen Industriebauten aus dem 19. Jahrhundert – bei der 1910 gegründeten Gemeinnützigen Bau- u. Wohnungsgenossenschaft „Wien-Süd“ hat sich im Lauf der Zeit viel Sanierungsexpertise angesammelt. In den 1980er-Jahren war sie eine der ersten Genossenschaften in Österreich, die eine eigene Sanierungsabteilung einrichtete. Bei einer derzeitigen Bestandsnutzfläche von ca. anderthalb Millionen Quadratmetern wurden bereits 560.000 saniert.

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Sanierung …

Dass Denkmalschutz und geförderter Wohnbau kein Widerspruch sein müssen, zeigt sich an der im Mittelalter begründeten Burg in Bruck an der Leitha, deren Generalsanierung und Verwandlung in ein Wohnhaus mit Arztpraxis und Kindergarten der Tochtergesellschaft „Gewog Arthur Krupp“ den Niederösterreichischen Wohnbaupreis 2021 einbrachte. Hier galt es, sich mit historischen Kalkputztechniken und Freskomalereien zu befassen, die zarten Profile von Kastenfenstern zu erhalten oder eine adäquate Beleuchtung für Räume mit Kreuzgratgewölben zu finden.

Die imposante Anlage war Kloster, Kaserne, Kadettenschule und zuletzt gemeindeeigenes Wohnhaus, kurzum ein Musterbeispiel an Wandlungsfähigkeit. Mit der Übernahme der ruinösen Gemäuer ins Baurecht und vertrauensvoller Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt gelang es, Denkmalschutz und leistbares Wohnen unter einen Hut zu bringen.

… ist nicht gleich Sanierung

Ganz anderes die Aufgabe in der Porschesiedlung in Wiener Neustadt mit 800 Wohnungen in 28 Wohnblöcken, die in mehreren Etappen ab Ende der 1970er-Jahre unter Federführung der Architektin Jutta Müller errichtet wurde. Die frühen Bauten unterliefen bereits eine Sanierung, aktuell sind zwei Häuser aus den 1990er-Jahren an der Reihe. Nicht anders als bei einem geschützten Bau ist es auch hier wichtig, den Bestand zu verstehen und die richtige Strategie für den notwendigen Austausch des Heizsystems, thermische Ertüchtigung und Modernisierung zu finden.

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Die bestehenden Gas-Einzelthermen werden durch Wärmepumpenanlagen ersetzt, die durch Photovoltaik auf den Carports ergänzt werden. Im Inneren der Wohnungen geht das mit einer Umrüstung auf eine Fußbodenheizung einher, was den Abtrag des derzeit vorhandenen Estrichs und einen neuen Fußbodenaufbau erfordert. Flankierend werden die Elektroleitungen erneuert, die Fenster ausgetauscht, die Vollwärmeschutzfassade aufgedoppelt, die Kellerdecke gedämmt und ein neuer, besser gedämmter, begrünter Dachaufbau hergestellt. Um für diese Rundum- Erneuerung gute Voraussetzungen zu schaffen, wurden in den beiden Blöcken leer stehende Wohnungen in den letzten Jahren nicht mehr neu vergeben und den bestehenden Mieter:innen Ersatzwohnungen oder Umzugshilfe bereitgestellt.

„Diese zukunftsweisende Totalsanierung mit dem Austausch des Heizsystems in Kombination mit einer thermischen Sanierung ermöglicht nicht nur eine effiziente Energieausnutzung, sondern trägt auch aktiv zum Umweltschutz bei“, so Projektleiter Roland Windpassinger. Viele stünden angesichts steigender Baupreise in Kombination mit hoher Zinslage vor finanziellen Herausforderungen, daher sei es wichtig, Anreize zu schaffen und weiterhin ausreichend Unterstützung bereitzustellen, damit Gebäudeeigentümer: innen die notwendigen umfassenden Sanierungen in Angriff nehmen.

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