Bleiverbot in Trinkwasserleitungen: Was Wohnungsunternehmen jetzt tun müssen

Bleihaltige Bauteile im Trinkwasser stellen insbesondere für Kinder, Schwangere und Säuglinge ein Gesundheitsrisiko dar. Die Trinkwasserverordnung senkt deshalb den einzuhaltenden Grenzwert und schreibt bis Januar 2026 einen Austausch oder eine Stilllegung von betroffenen Leitungen vor. Dafür nimmt sie die Betreiber der Gebäude und damit Wohnungsunternehmen in die Pflicht. 

Nach Schätzungen des Umweltbundesamts, auf Basis von Umfragen bei den Bundesländern, Wasserversorgungsunternehmen und Installationsfirmen, gibt es in Deutschland noch rund 15.000 Gebäude mit Bleileitungen im Bereich des Hausanschlusses und weitere 38.000 mit Bleileitungen innerhalb der Trinkwasserinstallation.

- Anzeige -

Anteilig am stärksten betroffen sind die Städte Hamburg und Berlin sowie Regionen in Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen. In Hamburg, Berlin und Thüringen sind sogar in jedem 100. Gebäude Bleileitungen vorzufinden. Ein alarmierender Zustand, denn Bleileitungen in der Trinkwasserversorgung sind ein Eintragspfad für das wahrscheinlich kanzerogene, reproduktions- und neurotoxische Schwermetall Blei in das Trinkwasser.

Wohnungsunternehmen in der Pflicht

Deshalb müssen Trinkwasseranlagen, deren Leitungen oder Teilstücke davon noch aus Blei bestehen, bundesweit bis zum 12. Januar 2026 ausgetauscht oder stillgelegt werden. Das schreibt die im Juni 2023 überarbeitete Trinkwasserverordnung verbindlich vor. Der einzuhaltende Grenzwert sinkt dann von aktuell 10 µg/l (Mikrogramm pro Liter), auf 5 µg/l.

Bei Nichteinhaltung des Grenzwertes drohen Wohnungsunternehmen Bußgelder und hohe Folgekosten. Denn gemäß Trinkwasserverordnung ist der Betreiber dafür verantwortlich, dass das Trinkwasser frei von Krankheitserregern und schädlichen Stoffen ist. Weiter gilt eine Nachweispflicht auf Anfrage von Behörden oder Mietern sowie eine Meldepflicht bei nachgewiesenem Blei im Wasser.

- Anzeige -

Umsetzung des Bleiverbots

Die KEBOS Group, ein führender Spezialist  für Wasser- und Lufthygiene, begleitet Wohnungsunternehmen bundesweit und berät bei Grenzwertüberschreitung und auch bei der daraus resultierenden Umsetzung zur Beseitigung von Blei im Trinkwasser. Hier beantwortet das Unternehmen die wichtigsten Fragen von Wohnungsunternehmen zur Umsetzung des Bleiverbots.

Wie wird festgestellt, ob Blei in den Trinkwasserleitungen ist?

Ob Bleileitungen vorhanden sind, kann zunächst durch eine Sichtprüfung festgestellt werden. Vor allem Leitungen, die vor 1973 verbaut wurden, können aus Blei bestehen. Typische Hinweise sind weiches, leicht biegbares Material, eine dunkelgraue Farbe sowie die Möglichkeit, die Oberfläche mit einem Messer leicht zu ritzen.

Eine zuverlässige Bestätigung liefert jedoch nur eine Trinkwasseranalyse durch ein akkreditiertes Labor. Dazu müssen Wasserproben gemäß §28 Abs. 1 TrinkwV und den Vorgaben des Umweltbundesamt entnommen werden. Häufig handelt es sich dabei um eine Stagnationswasserprobe, also Wasser, das mindestens vier Stunden in der Leitung stand und dadurch die maximale Bleibelastung widerspiegeln kann. Manchmal wird zusätzlich eine Fließprobe untersucht, um Unterschiede zu erkennen. Im Labor wird der Bleigehalt in Mikrogramm pro Liter bestimmt.

Bei Unterschreitung des Grenzwerts besteht kein akuter Handlungsbedarf, regelmäßige Kontrollen sind jedoch empfohlen. Bei einer Überschreitung müssen Sanierungsmaßnahmen, insbesondere der Austausch der betroffenen Leitungen, eingeleitet werden. Zudem gilt eine Dokumentations- und Meldepflicht: Das Gesundheitsamt muss informiert und die Bewohner unverzüglich aufgeklärt werden.

Wie kommt man an die Pläne, um festzustellen, welche Leitungen betroffen sind?

Um festzustellen, wo genau sich möglicherweise Bleileitungen befinden, können zunächst vorhandene Hausunterlagen geprüft werden. Dazu zählen Baupläne, Installationspläne, Bestandspläne der Sanitärinstallation sowie Revisionsunterlagen nach Sanierungen. Auch Unterlagen von Bauträgern oder Installateuren sind hilfreich. In Altbauten sind solche Dokumente allerdings oft unvollständig oder gar nicht mehr vorhanden.

Bei Unterschreitung des Grenzwerts besteht kein akuter Handlungsbedarf, regelmäßige Kontrollen sind jedoch empfohlen. Bei einer Überschreitung müssen Sanierungsmaßnahmen, insbesondere der Austausch der betroffenen Leitungen, eingeleitet werden. Quelle: KEBOS Group GmbH

Eine weitere Möglichkeit ist die Einsicht in Bauakten beim zuständigen Bauamt oder im Stadtarchiv. Dort können Bauanträge, Genehmigungspläne und mitunter auch Leitungsschemata eingesehen werden. Antragsberechtigt sind in der Regel Eigentümer, bevollmächtigte Hausverwaltungen oder Architekten.

Zusätzlich kann der örtliche Wasserversorger Auskunft geben ob im öffentlichen Anschlussbereich bis zur Hauptabsperreinrichtung Bleileitungen bekannt sind. Manche Versorger verfügen über Karten mit dokumentierten Bleileitungen oder bieten Unterstützung bei Verdachtsfällen an.

Wie ist der Prozess, wenn Blei in den Trinkwasserleitungen festgestellt wird?

Wird in einer Analyse eine Überschreitung des Grenzwerts festgestellt, muss das Ergebnis sorgfältig dokumentiert werden. Der Prüfbericht des Labors dient als Nachweis und ist gegebenenfalls an das Gesundheitsamt weiterzuleiten, sofern das nicht durch das Labor erfolgt.

Anschließend besteht eine Informationspflicht gegenüber Mietern und Nutzern: Sie müssen unverzüglich schriftlich über den Befund aufgeklärt werden, einschließlich einer Erläuterung der Gesundheitsrisiken, insbesondere für Säuglinge und Schwangere, sowie konkreter Verhaltensempfehlungen, etwa die Nutzung von abgefülltem Wasser.

Darauf folgt die Ursachenklärung. Hierbei wird geprüft, welche Leitungen betroffen sind – entweder durch Sichtprüfung, Materialanalysen oder den Einsatz von Fachfirmen mit Leitungsortung. Dabei ist zu klären, ob nur Teilbereiche oder die gesamte Hausinstallation erneuert werden müssen.

Im nächsten Schritt wird ein Sanierungsplan erstellt, meist in Abstimmung mit Fachinstallateuren, Architekten oder Bauleitern. Der vollständige Austausch der Bleileitungen ist dabei die Regel. Übergangslösungen wie Filteranlagen dürfen nur kurzfristig und ausnahmsweise eingesetzt werden.

Nach der Sanierung erfolgt eine Nachkontrolle. Ein akkreditiertes Labor überprüft erneut den Bleigehalt im Trinkwasser. Erst wenn die Grenzwerte eingehalten sind, wird das Wasser wieder freigegeben. Die Ergebnisse werden dokumentiert und den Mietern sowie Behörden mitgeteilt.

Rechtlich gilt: Bleihaltige Leitungen stellen einen Sachmangel dar, der Eigentümer ist zur Sanierung verpflichtet. Unterlassene Informationen können Haftungsrisiken nach sich ziehen. Die Sanierung ist gesetzlich vorgeschrieben und keine freiwillige Maßnahme.

Ab wann ist der Versorger verantwortlich und ab wann das Wohnungsunternehmen?

Die Zuständigkeit richtet sich nach dem Verlauf der Leitung und ist in Deutschland in der Regel eindeutig geregelt. Der Übergabepunkt, meist am Wasserzähler, markiert die Grenze zwischen Wasserversorger und Eigentümer.

Der Wasserversorger ist verantwortlich für die Leitungen bis zum Hausanschluss beziehungsweise Wasserzähler. Er muss sicherstellen, dass das Trinkwasser an diesem Punkt den Anforderungen der Trinkwasserverordnung entspricht und darf keine Bleileitungen im öffentlichen Netz betreiben.

Ab dem Hausanschluss beziehungsweise Wasserzähler liegt die Verantwortung bei den Eigentümern, Hausverwaltungen oder Wohnungsunternehmen. Dazu gehört die gesamte Hausinstallation mit Steigleitungen, Wohnungsanschlüssen sowie Armaturen und Rohrleitungen in den Wohnungen. Treten hier Belastungen auf, sind die Eigentümer zur Sanierung verpflichtet.

In manchen Regionen kann die Übergabestelle auch an der Grundstücksgrenze liegen, was vom Versorgungsvertrag abhängt. Daher empfiehlt sich stets ein Blick in den jeweiligen Vertrag, um die genaue Zuständigkeitsgrenze zu klären. Grundsätzlich gilt: Für die öffentliche Hauptleitung und den Grundstücksanschluss ist der Versorger verantwortlich, für alles ab dem Wasserzähler hingegen der Eigentümer.

Maik Maecklenburg

Forum Leitungswasser erscheint in Kooperation mit der Initiative Schadenprävention und  der AVW Gruppe

Kommentar

Lesen Sie die nächsten Artikel dieser Ausgabe

Lesen Sie Artikel zum selben Thema