Vom Software-Flickenteppich zum Cluster: Wie CEOS die digitale Infrastruktur der Wohnungswirtschaft denkt

Pantelis Radouniklis, Geschäftsführer CEOS Solution GmbH, nutzt seinen HEIKOM-Auftritt bewusst nicht als reine Produktshow: Er spricht über einen Strategiewechsel, den viele Wohnungs- und Serviceunternehmen bereits spüren: weg von vielen spezialisierten Einzellösungen, hin zu vernetzten Software-Ökosystemen.

Die zentrale These: Wer seine Prozesse der Zukunft mit der Logik von gestern plant, wird mittelfristig an Komplexität und Kosten scheitern. Stattdessen brauche es emergente Software, die sich mit verändernden Rahmenbedingungen mitentwickeln kann – ähnlich wie sich in der Evolution diejenigen anpassen, die bereit sind, sich zu verändern. Das Darwin-Zitat in der Präsentation ist entsprechend programmatisch gewählt.

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Herusforderungen: Wo es in der IT-Landschaft heute hakt

  1. Insellösungen und Medienbrüche
    • Abrechnung, Lager/ERP, Auftragssteuerung, Funkdatenverarbeitung, Portale und Finanzbuchhaltung laufen in vielen Häusern getrennt.
    • Folge: doppelte Datenerfassung, Schnittstellenprobleme, hoher Abstimmungsaufwand.
  2. Steigende Komplexität durch neue Aufgaben
    • Submetering, Smart Metering, Mieterstrom, E-Mobilität, CO₂-Reporting und ESG-Berichte erzeugen immer neue Anforderungen an Systeme und Datenmodelle.
    • Bestehende Software ist oft historisch gewachsen und nur begrenzt anpassbar.
  3. Klassische Softwareentwicklung mit Kostenkurve nach oben
    • Jede neue gesetzliche Vorgabe, jeder neue Prozessschritt braucht ein weiteres Release, ein weiteres Modul oder eine weitere Schnittstelle.
    • Die Präsentation zeigt das als Steilkurve: Mit der Zeit steigen die Kosten überproportional.
  4. Unsicherheit bei künftigen Anforderungen
    • Niemand kann heute sicher sagen, wie Regulierung, Technologien und Geschäftsmodelle in zehn Jahren aussehen.
    • Planung liefert – so Radouniklis – nur noch „eine Hypothese über die Zukunft“.

Der Ansatz von CEOS: Vom Produkt zur „emergenten“ Softwarelandschaft

1. Von Industrie 4.0 zu „Industrie 5.0“

Eine der Einstiegsfolien zeichnet den Weg von der Mechanisierung über Elektrifizierung, Digitalisierung und Vernetzung hin zu einer weiteren Stufe: Industrie 5.0, verstanden als enge Verbindung von Mensch und KI.

Kernbotschaft: Die Welt ist nicht mehr mechanisch und statisch, sondern dynamisch: Unternehmen müssen ihre Software entsprechend denken.

2. Klassische vs. emergente Softwareentwicklung

CEOS stellt zwei Modelle gegenüber:

  • Klassische Entwicklung
    • Planung und Releases folgen einem linearen Modell.
    • Zukünftige Anforderungen und Umweltbedingungen sind aber nicht vorhersehbar.
    • Technologie- und Umweltentwicklung lassen sich nicht steuern.
    • Ergebnis: Eine Kostenkurve, die mit der Zeit steil ansteigt.
  • Emergente Entwicklung
    • Software wird so gebaut, dass sie neben Automatisierung auch Selbstorganisation erlaubt.
    • Systeme können sich anpassen, ohne für jede Änderung von Grund auf neu programmiert werden zu müssen.

Auf einer weiteren Folie werden Automatisierung/KI und Selbstorganisation gegenübergestellt:

  • Automatisierung/KI: logisch, statisch, determiniert, kontrolliert, intelligent.
  • Selbstorganisation: assoziativ, dynamisch, emergent, adaptiv, kreativ und damit dem menschlichen Denken näher.

3. Stars Plus, Space, Universe – drei Stufen im CEOS-Kosmos

Radouniklis beschreibt drei Produktlinien als Bausteine des angestrebten Softwareclusters:

  • CEOS STARS PLUS
    • Weiterentwicklung der etablierten Abrechnungssoftware (Nebenkosten, Heizkosten).
    • „Mission Control Center“ für klassische Abrechnungsprozesse.
  • CEOS SPACE
    • Organisiert den „Immospace“ rund um Abrechnung: ERP-Funktionen, Lager, Bestellwesen, Liegenschafts- und Vertragsverwaltung, Planungs- und Abrechnungsmodule, Funkdatenverarbeitung, Portale.
    • Webbasierte Cloud-Anwendung mit Forecast- und KPI-Funktionen.
  • CEOS UNIVERSE
    • Zukünftige Plattform, die Abrechnung, Datenmanagement und Workflows in einem System bündelt, inklusive KI-gestützter Datenverarbeitung und umfassender Finanzfunktionen.

Die Bilder mit Planeten und Umlaufbahnen machen klar: Es geht CEOS um ein Ökosystem, nicht nur um eine einzelne Applikation.

4. Kooperation mit SAP, Fraunhofer & Vivawest

Auf den letzten Folien wird eine Zusammenarbeit mit SAP und dem Wohnungsunternehmen Vivawest hervorgehoben:

  • SAP und CEOS wollen gemeinsam „die Basis für den Weg zur emergenten Software schaffen“.
  • Bei Vivawest soll „das Fundament für die Zukunft“ gelegt werden als reales Anwendungsfeld für den Softwarecluster-Ansatz.
  • Ein Zitat von Prof. Dr. Lutz Heuser (SAP, Software-Cluster) unterstreicht das Potenzial emergenter Software für Unternehmen und Beschäftigte in Deutschland und Europa.

Warum das wichtig ist – gerade für die Wohnungswirtschaft

  • Digitalisierung wird nicht einfacher: Mit jeder neuen regulatorischen Vorgabe (HKVO, GEG, CO₂-Kostenaufteilungs­gesetz, ESG-Reporting) werden neue Funktionen nötig. Wer dafür jedes Mal neue Insellösungen anschafft, schafft sich langfristig ein Problem.
  • Kostenkontrolle und Flexibilität: Ein Cluster-Ansatz mit modularer, selbstorganisierender Software kann helfen, die Kostenkurve zu glätten – Updates und Erweiterungen werden eher zur Konfiguration als zum Großprojekt.
  • Rolle von Mensch & KI: Die Präsentation betont, dass KI und Automatisierung wichtig sind, aber nicht ausreichen. Entscheidungslogik, Ausnahmefälle und strategische Weichenstellungen bleiben menschliche Aufgaben, die Software soll diese Arbeit unterstützen, nicht ersetzen.

Einordnung für Entscheider:innen in der Wohnungs- und Immobilienwirtschaft

Was CEOS hier eigentlich sagt:

Nicht jedes Haus braucht CEOS-Produkte. Aber jedes Haus braucht eine klare Vorstellung davon, wie die eigene Softwarelandschaft in fünf bis zehn Jahren aussehen soll und wie sich neue Anforderungen integrieren lassen, ohne immer wieder bei Null anzufangen.

Leitfragen, die sich aus dem Vortrag ableiten lassen

  • Wie viele unterschiedliche Systeme setzen wir heute ein – und wo leiden wir unter Medienbrüchen?
  • Wo entstehen Mehrkosten durch doppelte Datenhaltung, manuelle Schnittstellen oder parallele Auswertungen?
  • Haben wir eine Plattformstrategie, oder kaufen wir Funktionen überwiegend „ad hoc“ zu?
  • Wie stellen wir sicher, dass unsere IT-Landschaft veränderungsfähig bleibt, technisch und organisatorisch?

Chancen einer Cluster-Logik

  • Standardisierte Datenmodelle und Workflows über Unternehmensbereiche hinweg.
  • Schnellere Reaktion auf Gesetzesänderungen, weil Anpassungen nur einmal im Kernsystem umgesetzt werden.
  • Bessere Basis für KI-Anwendungen, etwa bei Prognosen, Anomalieerkennung oder Prozessautomatisierung.

Was jetzt zu tun ist

  1. Software-Landkarte zeichnen
    • Alle wesentlichen Systeme und Tools erfassen (ERP, Abrechnung, DMS, Portale, Funkdaten, Controlling).
    • Schnittstellen und Medienbrüche markieren.
  2. Zielbild definieren
    • Wo möchten Sie in 5–7 Jahren stehen: monolithische Komplettlösung, modulare Plattform, Best-of-Breed mit starkem Integrationslayer?
  3. Cluster-Fähigkeit prüfen
    • Welche Ihrer heutigen Systeme sind offen und integrierbar?
    • Gibt es Anbieter, die sich an einen gemeinsamen Daten- und Prozesskern andocken lassen (z. B. CEOS, SAP, andere)?
  4. Pilotprojekte planen
    • Ein erster Schritt kann sein, einen Prozessende-zu-Ende in eine integrierte Lösung zu überführen (z. B. Heizkostenabrechnung inkl. Funkdaten, Auftragssteuerung, Lager und Fibu).
  5. Organisatorische Selbstorganisation fördern
    • Emergent arbeitende Software erfordert auch Teams, die iterativ arbeiten, Feedback nutzen und Prozesse laufend anpassen.

Der Vortrag von Pantelis Radouniklis ist weniger Produktdemo als Weckruf: Die Branche steht an einem Punkt, an dem weitere Insellösungen das Leben eher schwerer als leichter machen. Der vorgeschlagene „Softwarecluster“ ist ein Bild dafür, wie eine künftige IT-Landschaft aussehen könnte: vernetzt, modular, anpassungsfähig.

Für die Wohnungswirtschaft heißt das: Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, die eigene Digitalstrategie kritisch zu prüfen. Ob CEOS, SAP oder andere Anbieter: Entscheidend ist, ob die gewählte Lösung den Weg in eine emergente, veränderungsfähige Softwarewelt eröffnet – oder ob sie nur ein weiteres Stück im bestehenden Flickenteppich wird.


Das Wichtigste auf einen Blick

  • Viele Unternehmen arbeiten mit fragmentierten Insellösungen: Abrechnung, ERP, Funkdaten, Serviceportale – alles getrennt. Das kostet Zeit, Geld und Flexibilität.
  • CEOS plädiert für einen „Softwarecluster“: eine vernetzte, emergente Softwarelandschaft, in der Systeme zusammenspielen statt nebeneinanderher zu laufen.
  • Kernidee: Klassische Softwareentwicklung stößt angesichts sich schnell ändernder Anforderungen an Grenzen; gebraucht werden selbstorganisierende, adaptive Softwarearchitekturen.
  • CEOS positioniert drei Produktlinien als Schritte dorthin: STARS PLUS (heutige Abrechnungssoftware), SPACE (organisierter „Immospace“) und UNIVERSE (voll integriertes Abrechnungs- und Workflow-Ökosystem).
  • Gemeinsam mit SAP und dem Wohnungsunternehmen Vivawest soll bei einem Großkunden die Grundlage für diesen Softwarecluster gelegt werden.
  • Für die Wohnungswirtschaft geht es weniger um ein einzelnes Produkt, sondern um die Frage nach der eigenen Digitalstrategie: Weg vom Flickenteppich, hin zu integrierten, updatefähigen Plattformlandschaften.

Glossar

  • Softwarecluster
    Zusammenspiel mehrerer Anwendungen und Plattformen, die über gemeinsame Datenmodelle, Schnittstellen und Prozesse verbunden sind – im Unterschied zu einzelnen Insellösungen.
  • Emergente Software
    Software, die nicht nur automatisiert, sondern sich durch Selbstorganisation und Lernprozesse an veränderte Anforderungen anpassen kann, z. B. durch modulare Architekturen und KI-gestützte Konfiguration.
  • Selbstorganisation
    Fähigkeit eines Systems, Strukturen und Abläufe dynamisch aus sich heraus zu entwickeln, statt sie vollständig von außen vorzugeben – im Vortrag bewusst dem starren Automatisierungsverständnis gegenübergestellt.
  • CEOS STARS / SPACE / UNIVERSE
    Produktlinien der CEOS Solution GmbH: STARS als etablierte Abrechnungssoftware, SPACE als erweiterter Immo-Workflow-Layer, UNIVERSE als künftige, KI-gestützte Abrechnungs- und Datenplattform.

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Autor: Redaktion Wohnungswirtschaft Heute – HEIKOM-Sonderausgabe 2025

Fotos: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert

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