Anlässlich der Verabschiedung des sogenannten „Bau-Turbos“ am 9. Oktober 2025 im Bundestag begrüßt die sozial orientierte Wohnungswirtschaft das Gesetz als wichtigen Schritt – weist aber darauf hin, dass es für eine echte Beschleunigung des Wohnungsbaus nicht ausreicht. „Es handelt sich hier nicht um einen ‚Bau-Turbo‘ als solchen, sondern vielmehr um einen ‚Bauland-Turbo‘. Das Gesetz sorgt in dieser Form lediglich dafür, dass Flächen schneller ausgewiesen werden. Gebaut ist damit noch lange nichts. Wir brauchen eine echte Beschleunigung: digitale und effizientere Verfahren, weniger Bürokratie, verbindliche Zeitpläne. Und vor allem müssen wir uns ehrlich machen: Wir brauchen einen gesellschaftlichen Konsens für mehr Wohnungsneubau, dessen Notwendigkeit in wirtschaftlicher und sozialer Hinsicht unbestritten ist“, sagte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft GdW.
Hinzu kommt ein zentraler Punkt:
Es sind die Kommunen, die die Schaffung von Wohnraum in der Hand haben. Sie haben den Schlüssel zum Bau-Turbo in der Tasche. Je nach politischer Stimmungslage vor Ort können sie entscheiden, ob sie den Turbo wirklich zünden – oder nicht. „Unser Appell geht an die Kommunen, den Bau-Turbo auch wirklich zu nutzen, um den grassierenden Wohnungsmangel endlich wirksam zu bekämpfen“, sagt Gedaschko.
Der GdW-Präsident weist im Kontext der notwendigen Baubeschleunigung und Kostenersparnissen auf die bundesweite Bedeutung des „Regelstandards Erleichtertes Bauen“ in Schleswig-Holstein und des sogenannten „Hamburg-Standards“ hin: „Diese Modelle zeigen, wie man hochwertige und bezahlbare Wohnungen schafft – sie sollten bundesweit Schule machen“, so Gedaschko.
„Fast Lane“ schaffen: Abwägungsvorrang zugunsten des Menschenrechts auf Wohnen
„Damit der Wohnungsbau aber ganz grundsätzlich beschleunigt wird, braucht es eine ‚Fast Lane fürs Wohnen‘ – mit einem rechtlichen Abwägungsvorrang zugunsten des Wohnungsbaus, ähnlich wie bei Windenergieprojekten. Zumindest für die Zeit des Mangels in den betroffenen Regionen muss Wohnen Vorrang haben. Nur so lässt sich das Menschenrecht auf Wohnen verwirklichen“, sagt Gedaschko.
„Mut zum Bauen“ – und klare Aufgaben an die Ministerien
„Wir brauchen jetzt Mut zum Bauen von allen Beteiligten“, sagt Gedaschko. Damit die Baukosten sinken können, muss das Justizministerium das einfache Bauen endlich rechtssicher ermöglichen. Das Bundesbauministerium muss von überzogenen Standards bei Förderprogrammen abrücken. Und von Seiten des Wirtschaftsministeriums ist ein Update des Vergaberechts notwendig, „damit serielles und modulares Bauen endlich auf die Schnellspur kommt“, so Gedaschko.
„Nur mit der ganzen Palette von Maßnahmen – einfaches Bauen, günstigere Kosten, schnellere Verfahren und gesellschaftlicher Rückhalt – kann das Menschenrecht auf Wohnen Wirklichkeit werden“, betonte der GdW-Präsident.
Beschluss des Koalitionsausschusses: Jetzt kommt es auf Tempo an
Der GdW begrüßt auch den Beschluss des Koalitionsausschusses, künftig Effizienz, bessere Planung und schnellere Genehmigungsverfahren stärker zu fördern. „Das ist ein richtiges Signal – aber es darf nicht wieder bei Eckpunkten bleiben. Die angekündigten Verbesserungen müssen jetzt wirklich zügig kommen“, so Gedaschko.
Hintergrund: Verbesserungen am Bau-Turbo zu begrüßen
Bei der Sitzung des Bauausschusses wurden im Bundestag einige praxisrelevante Änderungen beschlossen, die der GdW begrüßt:
- Mehr Spielraum für Aufstockungen: Künftig kann bei § 34 BauGB auch bei Umnutzungen von Nichtwohngebäuden auf das Einfügungserfordernis verzichtet werden, wenn dadurch neuer Wohnraum entsteht. Das erleichtert etwa die Aufstockung von Supermärkten oder Parkhäusern um Wohnetagen.
- Mehr Zeit für Zustimmung: Die sogenannte Zustimmungsfiktion wurde auf drei Monate verlängert. Das entschärft Befürchtungen, dass Genehmigungen allein aus Zeitgründen verweigert werden.
- Mehr Klarheit beim § 246e BauGB (Bau-Turbo): Die Streichung der Formulierung „im erforderlichen Umfang“ kann unnötige Zusatzprüfungen vermeiden. Zudem wurde der Anwendungsbereich erweitert – künftig ist eine strategische Umweltprüfung auch bei erheblichen Umweltauswirkungen möglich. Damit bleibt der Weg für den Bau-Turbo grundsätzlich offen, auch wenn die Verfahren dadurch länger dauern können.
Der GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen vertritt als größter deutscher Branchendachverband bundesweit und auf europäischer Ebene rund 3.000 kommunale, genossenschaftliche, kirchliche, privatwirtschaftliche, landes- und bundeseigene Wohnungsunternehmen. Sie bewirtschaften rd. 6 Mio. Wohnungen, in denen über 13 Mio. Menschen wohnen. Der GdW repräsentiert damit Wohnungsunternehmen, die fast 30 Prozent aller Mietwohnungen in Deutschland bewirtschaften.
Andreas Schichel