Verbesserungen gelungen?

Die Novelle zum Wohnungseigentumsgesetz, WEG, ist beschlossen und lässt dennoch ein paar Fragen offen, gibt Hoffnung – und lädt zum Diskurs.
GISELA GARY

Alexander Gluttig

„Die Praxistauglichkeit der WEG-Novelle wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen.“

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Grundsätzlich gelungen!
Grundsätzlich sehe ich die Novelle als gelungen an, vor allem in puncto Forcierung klimaschützender Maßnahmen. Allerdings sehe ich keine umfassende und strukturelle Reform, sondern lediglich punktuelle Anpassungen. In Teilbereichen entsteht der Eindruck, dass versucht wurde, möglichst viele spezifische Einzelfälle „unter einen Hut“ zu bringen, anstatt allgemeine Tatbestände gesetzlich zu regeln. Vielleicht stelle ich mir das als Bauträger und Verwalter einfacher vor. Der tägliche Umgang mit den Bedürfnissen der Wohnungseigentümer zeigt jedoch, dass wir einfache und praktische Regeln brauchen.

Beispielsweise ist die Neuregelung der Mindestrücklage, hinsichtlich der Höhe der Dotierung und des Betrachtungszeitraums der voraussichtlich anfallenden Aufwendungen, sehr klar geregelt. Die gesetzlich normierten Ausnahmefälle, sprich eine erst kurz zurückliegende Neuerrichtung oder durchgreifende Sanierung etc., lassen durch das Fehlen der Festlegung eines definierten Zeitraums einen erheblichen Interpretationsspielraum zu.

Auch die Regelung hinsichtlich der Entbehrlichkeit der Einhebung einer Rücklage in den ersten drei Jahren nach Errichtung oder durchgreifender Sanierung bei gleichzeitiger gesetzlicher Verpflichtung der Bildung einer Rücklage, wirft vor allem haftungstechnische Fragen für die Verwaltungen auf. Grundsätzlich positiv sehe ich die Erweiterung des Kreises der nach § 16 Abs 2 Z 2 WEG 2002 privilegierten Änderungen um die Anbringung einer Vorrichtung zum „Langsamladen“ eines elektrisch betriebenen Fahrzeugs. Wir bemerken eine starke Nachfrage nach Ladeinfrastruktur.

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Die fehlende Begriffsdefinition des „Langsamladens“ könnte zu aufwendigeren Einzelfallprüfungen führen. Wobei ich denke, dass die zukünftigen Herausforderungen mehr in der gemeinsamen Anschaffung und Bereitstellung der Anschlusskapazitäten und Leitungsinfrastruktur liegen werden. Die Praxistauglichkeit der WEG-Novelle wird sich erst in den nächsten Jahren zeigen. Positiv sind jedenfalls die neuen Bestimmungen, die eine Eindämmung des Klimawandels unterstützen und zu einer fortschrittlichen und einfacheren Verwaltung von Wohnungseigentumsobjekten führen.

Mag. (FH) Alexander Gluttig ist seit 2021 Obmann der EBG, er hat Wirtschaftswissenschaften studiert und war u. a. zehn Jahre in der ÖBB-Immobilienmanagement GmbH tätig.

Christian Zenz

„Es wird schon noch dauern, bis sich alle an die neuen Regelungen bspw. zur Mindestrücklage oder zu den neuen Abstimmungsverhältnissen gewöhnen.“

Positive Weichen sind gestellt!
„Vereinfachte Willensbildung kommt dem Klima zugute!“ „So wird Wohnbau nicht zukunftsfit, sondern teurer!“ „Ladestationen in einer Gemeinschaftsanlage zu errichten, wird mit ,right to plug´ nun einfacher.“ „Diese Mindestrücklagen- Regelung schafft massive Rechtsunsicherheit!“ Leser dieser Aussagen werden sich fragen, welche Parlamentsfraktion die Wahrheit für sich beanspruchen darf. Eine Frage, die nicht einfach zu beantworten ist.

Wahr ist zweifellos, dass die vorliegende Novelle des WEG 2002 eine der bis dato größeren wohn(zivil)rechtlichen Novellen ist, von den Novellen 2016 und 2019 im WGG einmal abgesehen. Wahr ist darüber hinaus auch, dass alle Parteien auf die eine oder andere Weise Recht behalten werden. Besonders im wohnrechtlichen Diskurs scheint der Blick in die Glaskugel ja eine sehr beliebte Disziplin zu sein…

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