Klimaschutz im Bauwesen – gehen die gut gemeinten Initiativen in der Gesamtbilanz nach hinten los?

Die Ausrufung eines „Neuen Europäischen Bauhaus“ durch die EU-Kommission im Herbst 2020 katapultierte die Themen Klimaschutz und Ressourcenverbrauch im Bauwesen schlagartig auf die Agenda einer breiten internationalen Öffentlichkeit. Kurzzeitig keimte die Hoffnung auf, dass Europa mit dem Rückenwind aus Brüssel den Weg zu einer wirklichen Bauwende einschlagen würde.

In Deutschland flankierten eine Anhörung im Bundestag und der „Gebäudeenergieeffizienzerlass“ die Debatte. Inzwischen wächst die Skepsis gegenüber dem sich abzeichnenden Primat einer energetischen Bestandsoptimierung um jeden Preis. Das EU-Parlament sowie Fachverbände aus Architektur, Städtebau, Kulturgüter- und Klimaschutz warnen vor Ressourcenvernichtung durch unnötige Abrisse und fordern die integerierte Ökobilanzierung und Lebenszyklusbetrachtung.

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Bereits im Februar 2021 hatte sich das EU-Parlament in einer Entschließung für eine deutliche Verschärfung des „Aktionsplans Kreislaufwirtschaft“ der EU-Kommission ausgesprochen. Insbesondere die Maßnahmen für Bauwirtschaft und Gebäude, die ausdrücklich in Zusammenhang mit EU-Bauhaus und der Renovierungswelle des „New Green Deal“ stehen, gingen dem Parlament nicht weit genug.

Die Entschließung verweist unter anderem auf das „Potenzial für Treibhausgaseinsparungen und Umweltvorteile durch die Verlängerung der Lebensdauer von Gebäuden anstelle des Abrisses“ und hält fest, „dass 90 % der baulichen Umwelt von 2050 schon jetzt vorhanden“ seien. Daher gelte es, „hochwertige Planungsstrategien für das Gebäudewesen zu entwickeln […], bei denen, wo immer möglich, der Erneuerung, Umnutzung und Weiternutzung von Gebäuden Vorrang vor Neubaulösungen eingeräumt wird.“

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Fachverbände pochen auf Nachbesserungen

Dass durch die EU-Strategie der „Renovierungswelle“ der ressourcenrelevante und kulturell wertvolle Bestand unter Druck geraten könnte (wir berichteten), befürchtet auch die Vereinigung der Landesdenkmalpfleger (VdL). In einer zu Beginn des Jahres veröffentlichten Stellungnahme kritisiert VdL-Präsident Prof. Dr. Markus Harzenetter, „dass der methodische Ansatz der Renovierungswelle ausschließlich auf die betriebliche Energieeffizienz zielt und auf die Gebäudehülle als Betrachtungshorizont fokussiert.“

Auch die VdL verweist hier auf die Notwendigkeit einer „Gesamtenergiebilanz über Modelle, die berücksichtigen, dass Einsparungen und die Reduktion von CO2-Ausstoß bereits maßgeblich über die Vermeidung des Ressourcenverbrauchs, also der Berücksichtigung der grauen Energie, erreicht werden können“. Ziel müsse es sein, „das gesetzlich geschützte Kulturerbe und die sonstige erhaltenswerte Bausubstanz“ differenziert zu betrachten und die dafür nötigen Analyse- und Bilanzierungswerkzeuge zu nutzen und weiterzuentwickeln.

Breite Allianz für die „Bauwende“

Vor den möglichen Nebeneffekten für bestehende Gebäude durch verschärfte Klima-Verordnungen warnen auch der Bund Deutscher Architektinnen und Architekten BDA, Architects for Future, die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen und die Deutsche Umwelthilfe in einem gemeinsamen Offenen Brief vom März 2021…

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