Auf der HEIKOM 2025 drehte sich vieles um die Frage, wie die Wohnungswirtschaft die letzten Meter zur flächendeckenden Fernauslesung bewältigen kann. Die technischen Optionen – Funkprotokolle, Gateways, Batterielaufzeiten – sind inzwischen breit verfügbar.
In seinem Vortrag rückte Björn Pressler, Bereichsleiter Vertrieb D-A-CH von QUNDIS deshalb einen anderen Aspekt in den Mittelpunkt: der Installationsprozess vor Ort. Denn wenn in 14 Monaten tausende Liegenschaften nachgerüstet werden müssen, entscheidet jede eingesparte Minute pro Objekt darüber, ob Fristen gehalten werden können oder nicht.
Herausforderungen: Was heute bremst
- Hoher Umrüstbedarf im Bestand
Studien, auf die sich QUNDIS bezieht, sehen derzeit rund 60 % der Bestände der Wohnungswirtschaft mit fernauslesbarer Technik ausgestattet – umgekehrt sind etwa 40 % noch umzurüsten. - Enge regulatorische Zeitfenster
Die verbleibenden Monate bis Ende 2026 müssen genutzt werden, um Gateways, Zähler und Sensorik in großer Zahl zu installieren und in Betrieb zu nehmen – inklusive stabiler Datenlieferung und UVI. - Hoher Vor-Ort-Aufwand je Liegenschaft
Klassische Inbetriebnahmeprozesse umfassen neben der Montage zusätzliche Schritte: Standortsuche, Pegelmessungen, Testauslesung, Kontrolle im Backend. Jede Unsicherheit führt zu Zweitanfahrten. - Heterogene Gerätelandschaften
In vielen Beständen treffen Geräte verschiedener Hersteller und Generationen aufeinander. Ohne herstellerunabhängige Lösungen und aussagekräftiges Live-Feedback steigt der Aufwand für die Techniker. - Fachkräftemangel bei Messdiensten
Die Zahl der verfügbaren Monteure wächst nicht im gleichen Tempo wie der Umrüstbedarf. Jeder gewonnene Manntag wirkt daher unmittelbar auf die Projektlaufzeiten.
Der Ansatz: Gateway plus Installations-App mit Live-Monitoring
QUNDIS knüpft zunächst an die technischen Grundanforderungen an, auf die sich die Branche weitgehend verständigt hat:
- batteriebetriebene Gateways mit einer Batterielebensdauer von bis zu 12 Jahren,
- zukunftsfähige Mobilfunkkommunikation,
- zuverlässiger Datenempfang mit guter Funkabdeckung im Gebäude,
- hohe Datensicherheit,
- herstellerunabhängige Erfassung unterschiedlicher Messgeräte,
- Lieferung der Daten in Formaten, die sich in bestehende Abrechnungssysteme integrieren lassen.
Der eigentliche Schwerpunkt des Vortrags lag jedoch auf der Frage, wie sich der Prozess vom ersten Betreten der Liegenschaft bis zur verlässlichen Datenlieferung optimieren lässt.
Klassischer Ablauf: 40 Minuten bis zur ersten Datenlieferung
In der präsentierten Prozessgrafik zeigt QUNDIS den Ablauf einer Gateway-Installation ohne App-Unterstützung:
- Erstellung einer Geräteliste im Büro,
- Einspielung der Liste ins Gateway,
- Vor-Ort-Suche nach einem geeigneten Standort,
- Zählerscan am Gateway,
- Installation und Verplombung,
- anschließende Kontrolle der Gerätepegel im Backend-System.
In Summe veranschlagt das Unternehmen dafür rund 40 Minuten pro Liegenschaft, gerechnet bis zur ersten plausiblen Datenlieferung.
Optimierter Ablauf: Live-Feedback am Gateway
Mit der vorgestellten Installations-App („Q app“) verlagert QUNDIS einen Teil dieser Schritte in ein geführtes, mobiles Verfahren:
- Die Geräteliste wird in die App eingespielt – aus der Cloud oder direkt vom Endgerät.
- Vor Ort unterstützt die App mit einem „Installationsmonitoring“: Sie zeigt live an, welche Geräte empfangen werden und mit welcher Signalqualität.
- Die Funkpegel lassen sich an verschiedenen Standorten im Gebäude messen; der optimale Montagepunkt für das Gateway kann empirisch gewählt werden.
- Eine separate Testauslesung entfällt, da der Techniker bereits während der Installation sieht, ob alle relevanten Geräte mit ausreichender Qualität empfangen werden.
So soll sich die Zeit bis zur ersten stabilen Datenlieferung laut Präsentation auf rund 20 Minuten pro Liegenschaft halbieren lassen.
Warum das wichtig ist
- Die Wohnungswirtschaft steht unter hohem Zeitdruck, Bestände fristgerecht auf fernauslesbare Technik umzurüsten.
- Der Flaschenhals sind nicht einzelne Geräte, sondern die Kapazitäten der Monteure vor Ort.
- Jede Zweitanfahrt – etwa wegen unzureichender Funkabdeckung oder fehlender Daten – verlängert Projekte und verursacht Zusatzkosten.
- Live-Monitoring bei der Installation schafft Transparenz: Funktioniert der gewählte Standort? Werden alle relevanten Geräte erreicht?
- Je besser der Prozess standardisiert ist, desto verlässlicher lassen sich UVI-Pflichten und Abrechnungstermine einhalten.
Einordnung für die Wohnungswirtschaft / Entscheider:innen
Auf den ersten Blick adressiert der Ansatz vor allem Messdienstleister und deren Monteure. Für die Wohnungswirtschaft sind die Effekte jedoch direkt spürbar:
- Planungssicherheit bei der Umrüstung
Wenn Messdienstleister verbindlichere Aussagen zur benötigten Zeit pro Liegenschaft machen können, werden Umrüstpläne realistischer. Das hilft bei Budgetierung, Kommunikation mit Eigentümern und Mieterinformation. - Reduzierte Störungen im Gebäude
Kürzere Aufenthalte der Techniker und weniger Nachrüst- oder Korrekturtermine bedeuten weniger Belastung für Bewohnerinnen und Bewohner. - Stabile Datenversorgung für Abrechnung und ESG
Verlässliche, regelmäßige Datenlieferung ist Voraussetzung für fristgerechte Heizkostenabrechnungen, unterjährige Verbrauchsinformationen und weitergehende Energie-Reporting-Pflichten. - Technik als Enabler, nicht als Selbstzweck
Die im Vortrag genannten Merkmale – lange Batterielaufzeit, herstellerübergreifende Empfangsfähigkeit, sichere Mobilfunkkommunikation – sind aus Sicht der Wohnungswirtschaft Schutz gegen Fehlinvestitionen in der „letzten Meile“ der Digitalisierung.
Entscheidend ist: Lösungen sollten nicht nur in der Präsentation funktionieren, sondern unter realen Bedingungen in gemischten Beständen – mit Stahlbetondecken, Nischen und Altbau-Grundrissen.
Was jetzt zu tun ist
- Bestandsaufnahme machen: Wie hoch ist der Anteil bereits fernauslesbarer Technik in den eigenen Beständen? Welche Fristen gelten für welche Objekte?
- Prozessdaten einfordern: Von Messdienstleistern konkrete Angaben zu Installationszeiten, Zweitanfahrtsquoten und Inbetriebnahmeprozessen verlangen.
- Anforderungen definieren: In Ausschreibungen festhalten, dass Installationsunterstützung (z. B. App, Live-Pegelanzeige, herstellerübergreifender Empfang) und definierte Datenformate Bestandteil der Leistung sind.
- Pilotprojekte aufsetzen: In ausgewählten Liegenschaften prüfen, ob die versprochene Zeit- und Prozessersparnis unter realen Bedingungen erreicht wird.
- Schnittstellen klären: Sicherstellen, dass die gelieferten Daten ohne Medienbruch in Hausbewirtschaftungs- und Abrechnungssysteme einfließen.
- Ressourcen planen: Umrüstwellen so takten, dass interne Teams (Technik, IT, Kommunikation) nicht überlastet werden.

Praxisnutzen: Beispielrechnung aus 20.000 Wohneinheiten
Um die Dimension zu verdeutlichen, hat QUNDIS im Vortrag eine Beispielrechnung vorgestellt:
- Ein Messdienst betreut 20.000 Wohneinheiten.
- 50 % sind bereits mit fernauslesbarer Technik ausgestattet, 10.000 WE müssen noch nachgerüstet werden, verteilt auf rund 1.000 Liegenschaften.
- Bei 40 Minuten bis zur ersten Datenlieferung pro Liegenschaft ergeben sich rund 83,3 Manntage für Installation und Inbetriebnahme der Gateways.
- Wird dieser Aufwand durch App-gestütztes Live-Monitoring auf 20 Minuten reduziert, sinkt der Bedarf auf rechnerisch 41,7 Manntage.
Die Zahlen basieren auf einer modellhaften Annahme und ersetzen keine individuelle Projektkalkulation. Sie zeigen jedoch, wie sensibel die Gesamtaufwände auf Prozessoptimierungen reagieren und wie eng Technik und Organisation heute miteinander verknüpft sind.
Fazit
Fernauslesung ist längst kein reines Hardware-Thema mehr. Die im Rahmen der HEIKOM vorgestellte Lösung von QUNDIS macht deutlich: Unter den aktuellen Zeitvorgaben sind Installationszeit und Prozesssicherheit zu entscheidenden Erfolgsfaktoren geworden.
Für die Wohnungswirtschaft bedeutet das: Bei der Auswahl von Messdienstleistern und Technikpartnern sollte nicht nur auf Funkstandards und Batterielaufzeiten geachtet werden, sondern ebenso auf die Frage, wie gut Monteure vor Ort unterstützt werden – etwa durch Apps mit Live-Monitoring, herstellerunabhängige Gateways und klare Datenformate.
Wer diese Aspekte frühzeitig in Ausschreibungen und Gespräche integriert, erhöht die Chance, die regulatorischen Ziele fristgerecht zu erreichen – und legt gleichzeitig die Basis für eine belastbare, digitale Dateninfrastruktur in den Beständen.
Das Wichtigste auf einen Blick
- Regulatorischer Druck: Bis Ende 2026 müssen noch große Teile der Bestände mit fernauslesbarer Messtechnik ausgestattet werden – inklusive unterjähriger Verbrauchsinformation (UVI).
- Reststrecke im Bestand: Laut Referent und Präsentation sind je nach Studie bereits rund 60 % der Wohnungsbestände fernauslesbar ausgestattet – etwa 40 % stehen noch vor der Umrüstung.
- Engpass vor Ort: Entscheidend ist nicht nur das richtige Gateway, sondern die Zeit, die der Techniker in der Liegenschaft braucht – inklusive Testauslesung und Fehlersuche.
- Ansatz von QUNDIS: Batteriebetriebenes Gateway mit zukunftsfähiger Mobilfunkanbindung, ergänzt um eine Installations-App mit Live-Monitoring von Empfangsqualität und Gerätepegeln.
- Prozess-Effekt: In einer Beispielrechnung reduziert die App die Zeit bis zur ersten Datenlieferung von 40 auf 20 Minuten pro Liegenschaft – eine rechnerische Zeitersparnis von rund 50 %.
- Nutzen für die Wohnungswirtschaft: Geringere Zweitanfahrten, stabilere Datenlieferung in die Abrechnungssysteme und höhere Wahrscheinlichkeit, die regulatorischen Fristen einzuhalten.
- To-do für Entscheider:innen: Prozesse mit Messdienstleistern analysieren, Anforderungen an Live-Monitoring und Installationsunterstützung in Ausschreibungen aufnehmen, Pilotprojekte starten.
Glossar / Begriffserklärungen
- Datenfernauslesung
Elektronische Übertragung von Verbrauchsdaten (z. B. Heizung, Wasser) aus Gebäuden, ohne dass ein Ableser jede Wohnung betreten muss. - Gateway
Zentrale Kommunikationseinheit im Gebäude, die Funksignale von Zählern und Sensoren empfängt und gebündelt an Backend-Systeme weiterleitet – häufig über Mobilfunk. - Repeater
Funkverstärker, der in Gebäuden eingesetzt wird, um Messgeräte zu erreichen, die weiter entfernt oder „im Funk-Schatten“ liegen. In der Präsentation wurde eine neue Repeater-Generation vorgestellt, die per App mit dem Gateway gekoppelt werden kann. - Unterjährige Verbrauchsinformation (UVI)
Regelmäßige Information der Nutzerinnen und Nutzer über ihren aktuellen Energieverbrauch im laufenden Jahr. Sie ist Bestandteil der europäischen Energieeffizienzvorgaben und nationaler Heizkostenregelungen. - Herstellerunabhängigkeit
Fähigkeit eines Systems, Messgeräte unterschiedlicher Hersteller zu empfangen und auszulesen – wichtig, um bestehende Gerätelandschaften weiter nutzen zu können. - Batteriebetriebenes Gateway
Gateway, das nicht an eine feste Stromversorgung angeschlossen werden muss. Längere Batterielebensdauern (z. B. bis zu 12 Jahre) erleichtern die Installation und reduzieren Wartungsaufwände. - Live-Monitoring bei der Installation
Echtzeit-Anzeige von Empfangspegeln und empfangenen Geräten während der Montage. Dient dazu, den optimalen Standort zu finden und Zweitanfahrten zu vermeiden.
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Autor: Redaktion Wohnungswirtschaft Heute – HEIKOM-Sonderausgabe Startups 2025
Foto: DEUMESS – Frank Schütze / Fotografie Kranert


