Dresdner Erklärung – Die Bauwende beginnt im Studium

Mit seinem enormen Ressourcen- und Energieverbrauch, Emissionen und Abfall gehört der Bausektor im Kontext der Klimakrise zu den problematischsten Branchen. Gleichzeitig schlummern hier auch die größten Potenziale für ein neues, klimagerechtes Bauen. Um diese nutzen zu können, muss der Wandel schon im Studium beginnen.

Bei ihrer Tagung an der TU Dresden hat die Dekane- und Abteilungsleiterkonferenz für Architektur, Raumplanung und Landschaftsarchitektur in der Bundesrepublik Deutschland (DARL) am 26. April 2024 eine Dresdner Erklärung verabschiedet. Darin unterstützen die Wissenschaftler:innen die Forderung der Architects 4 Future, die Curricula der Studiengänge im Sinne einer Bauwende anzupassen.  

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Prof.in Gesine Marquardt

Zur Dresdner Erklärung der DARL

Dresdner Erklärung zu einer klima- und sozialgerechten Bauwende

Die Dekane- und Abteilungsleiterkonferenz für Architektur, Raumplanung und Landschaftsarchitektur in der Bundesrepublik Deutschland (DARL) vertritt die Fakultäten und Fachbereiche an den deutschen Universitäten und Akademien, an denen Studiengänge der Architektur, der Stadt- und Raumplanung sowie der Landschaftsarchitektur angesiedelt sind.

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Die DARL gründete sich, um den sich ständig wandelnden Prozess von Lehre, Forschung und Weiterbildung in den Fakultäten, Fachbereichen und Studiengängen für Architektur, Raumplanung und Landschaftsarchitektur sowie gegenüber den politischen Gremien und der Öffentlichkeit effektiv zu begleiten. Die Universitäten und Akademien übernehmen eine Schlüsselrolle in der Wissensvermittlung für die zukünftigen Expert:innen des Gestaltens, Planens und Bauens.

Bau und Betrieb von Gebäuden in Deutschland verursachen ca. 40% der Treibhausgasemissionen.

Bauen ist verantwortlich für 55% des Müllaufkommens. Auf den Bausektor entfallen ca. 50% aller produzierten Rohstoffe. Täglich werden in Deutschland ca. 52 ha Boden für neue Häuser und Infrastrukturen verbraucht, das entspricht 72 Fußballfeldern. Damit verursacht das Bauen nicht nur Ressourcenverbrauch, sondern fördert Umweltzerstörung und schafft soziale Ungerechtigkeiten. Im Umkehrschluss sind die Studiengänge im Bereich Architektur, Stadt- und Raumplanung sowie Landschaftsarchitektur Schlüsseldisziplinen für eine nachhaltige Zukunft.

Die DARL sieht sich in einem besonderen Maß verantwortlich für eine Ausbildung, die die Herausforderungen der Klimakrise und den daraus folgenden sozialen und ökonomischen Krisen zum Ausgangspunkt der Lehre macht. Schon jetzt wird darauf an vielen Fakultäten mit der Weiterentwicklung vorhandener Curricula, neuen Denominationen von Professuren und entsprechenden Forschungsprojekten reagiert.

Mit dem Sommersemester 2024 hat Architects 4 Future e.V. unter dem Titel „Gemeinsam für die Bauwende“ in Kooperation mit 13 deutschsprachigen Universitäten und Hochschulen eine Ringvorlesung gestartet.

Dabei werden 10 Forderungen zu einer ganzheitlichen Bauwende vorgestellt und in Gesprächskreisen erörtert.

Wir unterstützen uneingeschränkt die 10 Forderungen der Architects 4 Future als wesentliche Bausteine einer klima- und sozialgerechten Entwicklung. Der Diskurs darüber ist wichtig und muss in Zukunft noch intensiviert werden.

Bei der Ausbildung zukünftiger Entscheidungsträger:innen, Architekt:innen und Planer:innen ist für eine bestmögliche Vorbereitung auf die anstehenden Aufgaben Sorge zu tragen. Die Bauwende beginnt im Studium.

Wir setzen uns ausdrücklich dafür ein, die bestehenden Lehrinhalte kritisch zu hinterfragen und rufen alle Universitäten, Hochschulen und Akademien dazu auf, die Curricula der Studiengänge im Bereich Architektur, Stadt- und Raumplanung sowie Landschaftsarchitektur im Sinne der Bauwende zu überprüfen und anzupassen. Für einen verantwortungsvollen Umgang mit den planetaren Grenzen ist eine ganzheitliche Bauwende unumgänglich.

Architects 4 Future – 10 Forderungen für eine Bauwende

1 Überdenkt Bedarfe

Was brauchen wir wirklich für ein gutes Leben?, lautet die Ausgangsfrage für die Gestaltung einer lebenswerten Zukunft innerhalb der planetaren Grenzen. Angesichts steigender individueller und gesellschaftlicher Ansprüche sowie kontraproduktiver gesetzlicher Vorgaben reichenverbesserte technische Lösungen nicht aus, um Ressourcen wirksam einzusparen. (Reboundeffekt)

2 Hinterfragt Abriss kritisch

Ein wichtiger Hebel für die Bauwende liegt in der Vermeidung von Abriss und der ganzheitlichen Sanierung von Bestandsgebäuden, nicht im (Ersatz-)Neubau. Deshalb: verlängert die Lebensdauer von Gebäuden, anstatt sie abzureißen!

3 Beschleunigt die Energiewende

Wir brauchen gut durchdachte energetische Sanierungen und eine fossilfreie Energieversorgung. Die Abhängigkeit von fossilen Energieträgern befeuert den Klimawandel, trägt zu konfliktbehafteten Handelsbeziehungen bei und gefährdet die langfristige Energiesicherheit.

4 Entwerft zukunftsfähige Qualität

Zukunftsfähiges Entwerfen zielt darauf ab, dass kommende Generationen Gebäude und Städte wertschätzen und weiternutzen können. Dafür brauchen wir eine neu definierte (Um)Baukultur mit funktionalen und gestalterischen Qualitäten sowie sozialem, ökologischem und ökonomischem Mehrwert.

5 Konstruiert kreislauffähig und klimapositiv

Die Nutzung von Ressourcen in geschlossenen Kreisläufen sowie der bevorzugte Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen ist dringend geboten und möglich, damit die planetaren Grenzen nicht überschritten werden und auch kommende Generationen über ausreichend Rohstoffe verfügen können.

6 Fördert eine gesunde gebaute Umwelt

Wir müssen die gebaute Umwelt den grundlegenden Bedürfnissen der Menschen anpassen und dadurch allen Lebewesen ein gesundes Leben in Würde ermöglichen.

7 Stärkt die Klimaresilienz

Der Klimawandel lässt Extremwetterereignisse wie Hochwasser, Starkregen, Stürme, Hitzewellen und Dürren häufiger auftreten und intensiver ausfallen. Deshalb muss Klimaresilienz zur Planungsgrundlage für das Bauen werden.

8 Erhaltet und schafft Raum für Biodiversität

Statt Naturräume durch Baumaßnahmen zu vernichten, wollen wir die Tier- und Pflanzenwelt proaktiv fördern und schützen. Alle Baubeteiligten übernehmen Verantwortung dafür, dass die für uns Menschen lebenswichtige Artenvielfalt nicht weiter zerstört wird.

9 Übernehmt soziale Verantwortung

Als Baubeteiligte gestalten wir nicht nur Gebäude oder Quartiere, wir gestalten das Spielfeld, auf dem sich unsere Gesellschaft in Zukunft entfalten wird.

10 Plant integral

Für die Bauwende brauchen wir eine auf gemeinsame Verantwortung für die Zukunft gegründete Planungskultur. Alle Akteure eines Projekts sind von Beginn an, integral und auf Augenhöhe beteiligt und ziehen im Sinne der Nachhaltigkeit an einem Strang.

Quelle: https://www.architects4future.de/forderungen


Quelle: DARL

DEKANE- UND ABTEILUNGSLEITERKONFERENZ FÜR ARCHITEKTUR, RAUMPLANUNG UND LANDSCHAFTSARCHITEKTUR IN DER BUNDESREPUBLIK DEUTSCHLAND

DER PRÄSIDENT
C/O BAUHAUS-UNIVERSITÄT WEIMAR
FAKULTÄT ARCHITEKTUR UND URBANISTIK
PROF. DIPL.-ING. ARCHITEKT / DIPL.-DESIGNER BERND RUDOLF
GESCHWISTER-SCHOLL-STR. 8
99421 WEIMAR

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